Der „Vinum“-Vize-Chefredakteur Harald Scholl (links) gratuliert Moritz Haidle im Stettener Weinkeller Foto: /Frank Eppler

Mit seinem 2019er Riesling vom Stettener Schilfsandstein landet Moritz Haidle als einziger Württemberger auf dem Siegerpodest beim Wettbewerb „Riesling Champion 2020“. Bei der Beurteilung des noch zu lesenden Jahrgangs spricht der Winzer Klartext.

Weinbau - Als echtes Rieslingterroir ist das Weinbaugebiet Württemberg bislang deutschlandweit wenig in Erscheinung getreten. Auf die Topweine dieser Sorte sind in der Regel Mosel, Rheingau oder Nahe abonniert. Aber: Ein Remstäler ist diesmal in die Phalanx der nationalen Rieslingriesen eingebrochen. Mit seinem Stettener Schilfsandstein Riesling – einem Tropfen aus seiner Gutsweinklasse – ist Moritz Haidle auf das Podium beim von der Fachzeitschrift „Vinum“ organisierten renommierten Wettbewerb „Riesling Champion 2020“ gestürmt: 17 Punkte – wie der aus Franken stammende Siegerwein – und Platz zwei in der Kategorie „Riesling trocken“ bis zehn Euro.

Juroren attestieren saftige Fruchtnoten

„Dezente Nase mit etwas reifer Mirabelle und trockenem Astschnitt“, attestieren die Juroren dem Stettener Tropfen, dessen Nettopreis knapp unter der Zehn-Euro-Marke liegt und in einer Menge von immerhin rund 10 000 Litern ausgebaut wurde. „Am Gaumen mit saftigen Fruchtnoten, reifen Zitrusfrüchten und feinen salzigen Noten“ so lautet die Laudatio weiter: „Gut gebaut, etwas Bittermandel im Abgang.“

„Für mich ist dies eigentlich die Königsklasse“, sagte der stellvertretende „Vinum“-Chefredakteur Harald Scholl am Mittwoch bei der persönlichen Übergabe des Siegerpokals im Stettener Weingut unter der Yburg. Schließlich sei es einfacher, einen Topwein in kleiner Menge zu kreieren, als einen soliden Basiswein in einer Menge von mehr als 10 000 Flaschen auf solch einem hervorragenden Niveau hinzubekommen.

„Das Stettener Weingut Haidle hält beim Riesling die Württembergische Flagge hoch“, betonte Scholl die Besonderheit dessen, dass die Abonnementssieger beim ebenfalls von „Vinum“ organisierten „Deutschen Rotweinpreis“ nun auch bei der deutschen Hauptsorte im Weißweinbereich derart punkten. Bei einer Fläche von insgesamt mehr als 24 000 Hektar – rund 2000 davon in Württemberg – werde schließlich nirgendwo in der Welt so viel Riesling angebaut wie in Deutschland. Im Weingut Karl Haidle, direkt unter den Riesling-Toplagen Pulvermächer und Brotwasser, mache der Rieslinganteil inzwischen mehr als 50 Prozent aus, berichtete Moritz Haidle bei der Preisübergabe. Mit diesen Lagen, so Scholl, sei Stetten im Remstal die „absolute Rieslinginsel“ im Weinbaugebiet Württemberg, eben mit Rieslingmachern von nationalem Spitzenformat wie den Haidles und dem einige Straßen weiter residierenden Wengerterkollegen Jochen Beurer.

Steten die „Rieslinginsel“ in Württemberg

Vom Erfolg seines Schilfsandstein-Rieslings sei er selbst absolut überrascht worden, gesteht Moritz Haidle unumwunden ein. Beim Abfüllen des Tropfens seien hausintern die Meinungen zu dem zunächst extrem markant duftenden Vertreter seiner Art massiv auseinander gegangen. Aber klar sei in dem Fall einfach: „Der Schilfsandstein braucht immer ein Jahr bis er gut schmeckt.“

Neben dem Podiumsplatz für die Stettener sind beim Rieslingwettbewerb in verschiedenen Kategorien noch zwei Remstalweinmacher auf den Plätzen direkt dahinter gelandet. Das Fellbacher Weingut Aldinger mit seinem Fellbacher Lämmler Großes Gewächs 2018 (18 Punkte Kategorie „Riesling trocken“ über 30 Euro) und das Großheppacher Weingut Bernhard Ellwanger mit seinem 2018er Roten Riesling mit derselben Punktzahl in der Kategorie zehn bis 20 Euro.

Und wie geht es dem angehenden 2020er Riesling, der unter den in diesem Jahr immer wieder erschwerten Bedingungen noch in den Weinbergen hängt? „Oooh“, spricht da der Rieslingspezialist mit deutlich ins Sorgenvolle tendierendem Lächeln: „Da haben Frost und Hagel einiges angestellt.“ Man werde in vielen Weinbergen zwei oder gar dreimal lesen müssen. „An jedem Stock hängen da Trauben mit drei unterschiedlichen Reifegraden.“ Er rechne zwar mit guter Qualität, aber – Klartext á la Moritz Haidle: „Die Menge wird einfach scheiße.“