Auf Sanierungen wie hier an der Wolfbuschschule müssen viele Schulen noch lange warten. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Wenn die Landeshauptstadt dem Hochbauamt nicht mehr Stellen bewilligt, müssen zahlreiche Sanierungs- und Umbauvorhaben an Schulen auf die lange Bank geschoben werden.

Stuttgart - Viele Schulen wissen es noch gar nicht: Etliche Bau- und Erweiterungsvorhaben werden sich um Jahre verzögern, manche um bis zu acht Jahre. Das betrifft nicht nur Ganztags- und Gemeinschaftsschulen, die Mensen und andere Raumprogramme benötigen, sondern alle Schularten. Und es betrifft auch die Sanierungen. Grund ist der Stellenmangel im Hochbauamt. Das ärgert Barbara Graf, die Geschäftsführende Schulleiterin der Stuttgarter Gymnasien, gewaltig: „Die Stadt hat ein großes Sanierungsprogramm beschlossen, aber sie ist nicht in der Lage, die 50 Millionen Euro im Jahr, die der Gemeinderat beschlossen hat, auch zu verbauen.“ Das bestätigte Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) auf Anfrage dieser Zeitung: „Wir haben bisher nur 34 Millionen Euro im Jahr umsetzen können.“ Er räumte ein: „Wir brauchen mehr Personal.“ Hinzu komme, dass derzeit 11,5 Stellen im Hochbauamt nur befristet vergeben seien. Das sei für Bewerber unattraktiv, es gebe eine „immense Fluktuation“, derzeit seien zwei Stellen nicht besetzt.

Thürnau fordert 21 zusätzliche Stellen fürs Hochbauamt

Gemeinsam mit Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) habe er überlegt, wie man Abhilfe schaffen könne – und was vor dem konjunkturellen Hintergrund überhaupt leistbar wäre. Denn, so Thürnau im Blick auf potenzielle Bewerber: „Der Markt ist leer gefegt.“ Und auch die Handwerksbetriebe seien bereits gut ausgelastet. „Wir können uns vorstellen, diese 34 Millionen Euro im Jahr auf 40 Millionen zu erhöhen – dafür bräuchten wir sechs zusätzliche Stellen“, so der Technikbürgermeister im Blick auf die Umsetzung längst beschlossener Schulsanierungen. Doch es gehe auch darum, große Bauaufträge für Mensen und Umbauten umzusetzen. „Um im alten Zeitplan zu bleiben, bräuchten wir 50 Mitarbeiter mehr“, so Thürnau. Aber das sei unter den genannten Kriterien nicht realistisch, zumal neue Mitarbeiter ja erst eingearbeitet werden müssten, was wiederum Personal bindet. Deshalb habe er für den kommenden Doppelhaushalt 15 weitere Stellen angemeldet, davon zehn in 2018 und fünf in 2019 – mit den sechs für die Sanierungen also 21 zusätzliche Stellen.

Allerdings müssten selbst mit so einem Personalnachschub etliche Projekte deutlich nach hinten verschoben, mit neuen könnte frühestens mittelfristig begonnen werden. Die Rede ist von einer Fertigstellung 2030 und später. „So können beispielsweise frühestens ab 2021 Vorhaben für weitere Ganztagsgrundschulen geplant und dann voraussichtlich fünf Jahre später fertiggestellt werden, die bauliche Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Schulentwicklungsplanung für die beruflichen Schulen verschiebt sich ebenfalls um bis zu sechs Jahre“, heißt es in einem Szenario, das Thürnau und Fezer einem Unterausschuss des Gemeinderats vorgestellt haben und das dieser Zeitung vorliegt. Darin heißt es auch: neue, noch gar nicht eingeplante Vorhaben wie etwa der dringend notwendige Ausbau der Digitalisierung der Schulen ließen sich nicht mehr vorher einschieben, ohne andere Vorhaben weiter zu verzögern.

Stadt muss Ganztagsschulen angemessen auszustatten

In dem Szenario wurde zugleich eine Priorisierung der schulischen Bauprojekte vorgenommen und in einem Zeitstrahl aufgezeigt, was es für die Schulen bedeuten würde, wenn das Hochbauamt gar keine Verstärkung bekäme. Dann müssten viele Projekte noch viel länger verzögert werden. Dies, so heißt es in dem Papier, sei auch im Blick auf die Beschlusslagen „indiskutabel und würde auf großen Widerstand und Unverständnis in den betroffenen Schulgemeinden stoßen“. Schließlich sei die Stadt als Schulträger auch rechtlich in der Pflicht, zum Beispiel Ganztags- und Gemeinschaftsschulen entsprechend auszustatten. Nicht zuletzt sei dies gegenüber den betroffenen ja auch so kommuniziert worden. Komme es anders, müssten Klassen verlagert, Außenstellen gebildet und Räume angemietet oder doppelt genutzt werden. Das würde nicht nur Geld kosten, sondern auch Diskussionen verursachen, die zusätzlich Personal binden.

Schulleiterin wünscht sich „Vorstoß von Herrn Kuhn“

Schulbürgermeisterin Fezer lehnt derzeit eine Stellungnahme dazu ab. Inzwischen haben die Gemeinderatsfraktionen eine Entfristung der zwölf Stellen im Hochbauamt „mit sofortiger Wirkung“ beantragt. Dies sei bisher noch nicht erfolgt, berichtet Thürnau. Aber das Thema steht am Mittwoch, 19. Juli, auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses. Weiterer Tagesordnungspunkt ist ein Antrag der SPD, in dem diese die Ergebnisse der Organisationsuntersuchung des Hochbauamts und Vorschläge zur Personalgewinnung anmahnt, die OB Fritz Kuhn (Grüne) bereits für das Frühjahr 2017 zugesagt habe. „Eine kompetente Verwaltung braucht kompetente Mitarbeiter – nicht zuletzt, um die Bearbeitung externer Planungsleistungen entsprechend qualitätvoll zu begleiten“, verlangt SPD-Fraktionschef Martin Körner. Das ist ganz im Sinne von Schulleiterin Graf: „Ich hätte gern mal einen Vorstoß von Herrn Kuhn – und dass er, aber auch der Erste Bürgermeister Michael Föll, mal Flagge für die Schulen zeigen.“ Besonders stört Graf, dass das Sanierungsprogramm „in einer Weise nach hinten gestellt wird, dass Schulen bis weit nach 2030 damit rechnen müssen, dass sie endlich saniert werden“. Dabei sei der Sanierungsbedarf seit Jahren bekannt.