Bitte Platz nehmen! Selbst bei guten Stellen tun sich Stadtverwaltungen schwer, Bewerber zu finden. Foto: Kamaga/Adobe Stock

Amtsleiter, Kommandant, Bürgermeister: Selbst für attraktive Posten finden Kommunen kaum noch Bewerber. Ludwigsburg engagiert für die Suche inzwischen Profis. Das kostet zwar, ist aber auch für Kandidaten von Vorteil.

Ludwigsburg - Angefangen hat es mit dem Supermanager. Ewig hatte die Stadt Ludwigsburg nach der Koryphäe gesucht, die die Veranstaltungsstätten der Stadt füllt und das Tourismusgeschäft ausbaut, zweimal hatte sie den Falschen ausgewählt. Der erste Supermanager blieb kein halbes Jahr, der zweite warf nach drei Jahren das Handtuch. Dann engagierte die Stadt einen Headhunter. Dieser entdeckte Mario Kreh, der im Juli 2017 seinen Dienst als Geschäftsführer des Eigenbetriebs Tourismus und Events antrat und die Leid geplagte Stadtverwaltung nebst Stadträten glücklich machte – und um eine Erfahrung reicher: Seither engagiert die Stadt für jeden Top-Job im Rathaus einen Headhunter, die korrekt allerdings Personalberater heißen.

Früher ging es einfach und schnell

Wenn Ludwigsburg früher eine gute Stelle zu vergeben hatte, schaltete die Verwaltung Anzeigen in Fachzeitschriften, im Staatsanzeiger und der regionalen Presse. Daraufhin gingen viele gute Bewerbungen ein, ein Kandidat wurde ausgewählt – „und gut war’s“, sagt Robert Nitzsche, der Ludwigsburger Personalchef. Dass die Dinge heute nicht mehr so einfach laufen, liegt daran, dass es zu wenig Arbeitnehmer und zu viele Arbeitgeber gibt: „Die Menschen, die wir heute brauchen, sind vor 25 Jahren nicht geboren worden“, sagt Robert Nitzsche. Und die, die es gibt, können locker ein paar Tausend Euro mehr verdienen, wenn sie sich der freien Wirtschaft andienen statt dem öffentlichen Dienst. Edmund Mastiaux formuliert es so: „Wenn die Wirtschaft läuft, sind öffentliche Verwaltungen nicht so attraktiv.“

Mastiaux ist der Chef der Management- und Personalberatungsgesellschaft zfm in Bonn. Der 58-jährige Betriebswirt hat seine Firma vor 28 Jahren als Ein-Mann-Betrieb gegründet. Heute ist zfm spezialisiert auf Stellen im öffentlichen Dienst, hat 15 Mitarbeiter und Aufträge in der ganzen Republik. Ein Kämmerer für Nürtingen? – zfm hat ihn gefunden. Ein Projektleiter für die Regionalstadtbahn in Reutlingen? – Läuft mit zfm. Ein Verkehrsplaner für Ulm? – zfm macht’s möglich. Und so weiter.

Rathäuser werben sich keine Mitarbeiter ab

Der große Vorteil eines Personalberaters ist der, dass er potenzielle Spitzenjobber direkt ansprechen kann. Robert Nitzsche, der Personalchef aus Ludwigsburg, würde niemals in – nur als Beispiel – Heilbronn oder Stuttgart anrufen, um von dort einen Mitarbeiter abzuwerben. „Das macht man eigentlich nicht“, sagt er. Für den Headhunter hingegen, der zudem die Marktlage in der ganzen Republik im Blick hat, ist eine solche Direktansprache ein elementarer Bestandteil seiner Arbeit – die nichtsdestotrotz auch mit einer Stellenanzeige beginnt.

Parallel dazu durchforsten die Berater Unterlagen aus abgeschlossenen Projekten. Vielleicht befindet sich darin ein geeigneter Kandidat für ein neues Verfahren. Und sie fragen bei Verbänden, Instituten und anderen Multiplikatoren, nach einer Empfehlung. Auf diese Weise werden bis zu 110 Kandidaten für eine Direktansprache „identifiziert“ – und dann angerufen.

Diskretion wird sehr geschätzt

Edmund Mastiaux hat im Lauf der Jahre festgestellt, dass auch potenzielle Bewerber eine solche Direktansprache durchaus schätzen. Zum einen, weil dies als Zeichen dafür gewertet wird, dass die Stellenvergabe kein abgekartetes Spiel ist, sondern tatsächlich offen. Zum andern, weil sie Interessenten diskret über den in Frage kommenden neuen Job informieren können.

Das Ergebnis dieser Direktansprachen präsentiert der Personalberater schließlich einer so genannten Personalfindungskommission. In Ludwigsburg besteht diese Kommission aus Robert Nitzsche, dem OB Werner Spec und die Vorsitzenden der Fraktionen. Aus einem ausführlichen Exposé wählt die Kommission fünf bis zehn Kandidaten aus, die in die engere Wahl kommen könnten und mit denen zfm weitere Gespräche führt. Nach einer weiteren Präsentation dieser Ergebnisse entscheidet die Personalfindungskommission wiederum, welche Bewerber zur persönlichen Vorstellung eingeladen werden. Im Idealfall stehen am Ende zwischen zwei und fünf Kandidaten zur Wahl.

Auch ein Headhunter hat Probleme

Ludwigsburg hat auf diese Weise außer dem Supermanager auch noch einen zweiten Geschäftsführer für die Stadtwerke gefunden, einen neuen Kommandanten für die Feuerwehr, einen Leiter für den neuen Fachbereich Nachhaltige Mobilität und eine Bürgermeisterin für das neu geschaffene vierte Dezernat. „Wir haben gute Erfahrungen gemacht“, sagt Robert Nitzsche.

Wenn es gut läuft, ist ein solches Stellenverfahren nach zwölf Wochen abgeschlossen. Wenn es nicht so gut läuft, dauert es länger. So wie in Reutlingen, wo Edmund Mastiaux 2017 einen Leiter für das städtische Gebäudemanagement gesucht hat. Insgesamt mussten er und seine Mitarbeiter 324 Kandidaten identifizieren und 264 Telefoninterviews führen, um nach sechs Monaten letztlich eine Kandidatin zu finden, die der Gemeinderat wählen konnte.

Eine Suche kostet 30 000 bis 50 000 Euro

Auch in Ludwigsburg brachte die Suche nach einem neuen Leiter für das Referat für Nachhaltige Stadtentwicklung bis jetzt kein Ergebnis. Kurz vor der Wahl im Dezember war einer von zwei Kandidaten abgesprungen – und zfm hat sich auf eine weitere Suchrunde begeben. Das, wenn man so will, Positive daran: Aus Sicht der Stadt relativieren sich dadurch die Honorarkosten: längere Suche ohne zusätzliche Ausgaben.

Um die 30 000 Euro kostet die Suche nach einem Amts- oder Fachbereichsleiter durch einen Headhunter. Soll er einen Geschäftsführer oder Bürgermeister finden, also einen Mitarbeiter mit höherem Gehalt, können bis zu 50 000 Euro Honorar fällig werden. Was, wie Edmund Mastiaux betont, angesichts des Aufwands nicht nur angemessen sei, sondern auch relativ günstig. „In der Privatwirtschaft kann das Honorar schnell 80 000 Euro betragen“, sagt der Geschäftsführer aus Bonn, der in den kommenden Jahren regionale Büros eröffnen möchte, um näher an den Kunden zu sein. „Das Geschäft wird weiter wachsen.“

Die Stadt bietet viel

Mario Kreh, der erste per Headhunter gefundene Mitarbeiter im Ludwigsburger Rathaus, ist mit seinem Job übrigens zufrieden. Was maßgeblich daran liegt, dass er kein Supermanager sein muss. Der Gemeinderat hat Mario Kreh einen Stellvertreter genehmigt, der für den Tourismus zuständig ist. Und womöglich liegt es auch daran, dass öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich gute Arbeitgeber sind. Krisensichere Jobs, spannende Projekte, flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsmanagement, eigene Kantine: „Wir bieten unseren Mitarbeitern einiges“, sagt Robert Nitzsche.

Wenn sie denn kommen.