Angèle Jaotombo hat endlich ein Visum bekommen und lebt nun bei ihrem Mann Michael Wöhrle in Steinenbronn., Foto: Malte Klein

Zweieinhalb Jahre hat Michael Wöhrle aus Steinenbronn darauf gewartet, dass seine Ehefrau aus Madagaskar zu ihm nach Deutschland kommt. Im Juli durfte die Madagassin schließlich in ein Flugzeug steigen.

Steinenbronn - Als Michael Wöhrle an einem Freitag Mitte Juli um 1 Uhr nachts in Steinenbronn ins Auto steigt, weiß er, dass sich an diesem Tag vieles ändern wird – zum Guten. Denn er wird in ein paar Stunden endlich seine Ehefrau wieder sehen. Darauf wartet er nun schon seit zweieinhalb Jahren. Wöhrle fährt in dieser Nacht zum Frankfurter Flughafen, wo die Madagassin Angèle Jaotombo am frühen Morgen mit einer Maschine aus Addis Abeba ankommt. Für die 42-Jährige war die äthiopische Hauptstadt allerdings nur eine Zwischenstation auf dem Weg von Madagaskar in ihr neues Leben in Steinenbronn.

Ein Rückblick: Michael Wöhrle und Angèle Jaotombo haben am 26. Dezember 2015 in der madagassischen Stadt Antalaha den Bund fürs Leben geschlossen. Sie hatten sich ein Jahr zuvor über das kostenfreie Internetportal F-Dating kennengelernt. Er fand sie sofort sympathisch und schrieb ihr. Angèle antwortete ihm schnell. Es folgten zahlreiche Nachrichten bis der Steinenbronner Schlosser schließlich in ein Flugzeug stieg und zur Insel östlich des afrikanischen Kontinents flog, um diese sympathische Madagassin zu treffen. „Ich merkte vor Ort, dass es mit uns passt“, erzählte Wöhrle vor einigen Monaten. Er hatte sich an unsere Zeitung gewandt, weil seine Frau damals schon ein Jahr auf ihr Visum für die Familienzusammenführung wartete. Beim Treffen saß er alleine im Café Haag in Steinenbronn und erzählte von ihrer Liebesgeschichte und den Problemen mit den Behörden.

Eine Überraschung ist das warme Wasser aus der Wand

Nun sitzen Wöhrle und seine Ehefrau zusammen im Schatten eines Sonnenschirms auf der Terrasse desselben Cafés. Vor beiden auf dem Tisch stehen zwei Stücke schwäbischer Apfelkuchen mit Sahne. Wöhrle trinkt Kaffee und seine Frau Johannisbeerschorle. Sie lässt ihn sprechen, denn die deutsche Sprache ist für sie noch recht neu. Und Wöhrle erzählt, was in den vergangenen Monaten passiert ist und wie sie sich wiedergesehen haben.

An einem Freitag Mitte Juli setzt die Maschine von Addis Abeba nach sieben Stunden Flug gegen 5.30 Uhr auf der Landebahn in Frankfurt auf. „Es war toll, als sie aus dem Ankunftsbereich kam und gestrahlt hat, als sie mich gesehen hat“, erzählt Michael Wöhrle. Mit dem Wagen fuhren sie nach Steinenbronn. „Sie hat gesagt, dass die Autobahnen hier so gut sind. In Madagaskar sind die meisten Straßen nicht asphaltiert.“ In Deutschland sei sehr vieles anders als in dem Entwicklungsland vor der ostafrikanischen Küste. Wöhrle nennt ein weiteres Beispiel: „Für sie war es neu, dass warmes Wasser aus der Wand kommt. Bei ihr zu Hause in Antalaha geht man zum Wasserholen zum Brunnen.“ Mittlerweile hat Angèle Jaotombo auch Freunde ihres Mannes kennengelernt. „Die waren auch froh, dass sie endlich da ist“, sagt er.

Bürokratie ist in Madagaskar kompliziert

Dass das so lange gedauert hat, liegt an komplizierten Visabestimmungen für Madagassen zur Familienzusammenführung. Denn bevor diese einreisen dürfen, ordnen die deutschen Behörden eine Einzelfallüberprüfung an. Und die dauert lange. Zunächst musste Angèle Jaotombo von ihrem Heimatort in die 1350 Kilometer entfernte madagassische Hauptstadt Antananarivo ziehen, um dort ein Jahr Deutsch zu lernen. Im Januar 2017 reichte sie ihr Sprachzertifikat der Stufe A1, eine Bescheinigung über ein für sie gebuchtes Flugticket und über eine Krankenversicherung bei der Deutschen Botschaft in Antananarivo ein. Damit beantragte sie ihr Visum auf Familienzusammenführung. Damals, sagt Wöhrle, hatten sich beide auf etwa ein halbes Jahr Warten eingestellt. Die Einzelfallüberprüfung bedeutet, dass die übergeordnete Deutsche Botschaft in Dar es Salaam in Tansania einen Anwalt beauftragt, der in Antalaha die Unterlagen überprüft. Das Auswärtige Amt hatte das unserer Zeitung gegenüber damit begründet, dass Urkunden in Madagaskar unter anderen Bedingungen ausgestellt werden als in Deutschland und die Personenstandsregister nicht immer auf dem neuen Stand seien. Darum überprüft ein von der deutschen Botschaft beauftragter Anwalt die Papiere vor Ort.

„Ich habe ewig in der deutschen Botschaft in Dar es Salaam nachgefragt“, erzählt Wöhrle und ergänzt: „Mal war noch nicht klar, ob jemand zur Überprüfung nach Antalaha fliegen oder aber pro Strecke eine Woche mit dem Auto über holprige Straßen fahren muss. Mal war der zuständige Mitarbeiter im Urlaub und manchmal bekam ich auf meine E-Mails gar keine Antwort.“ Letztlich ging es doch voran. „Ich bekam eine E-Mail, dass alles in Ordnung sei und das Visum auf dem Weg nach Madagaskar ist. Da konnte es sich Angèle abholen.“ Wöhrle hat dann für seine Frau sehr schnell einen Flug nach Frankfurt gebucht.

Es hat sich bereits ein Alltag eingespielt

In Deutschland angekommen, musste Angèle Jaotombo erst mal zu Behörden. „Wir mussten sie in Steinenbronn im Rathaus anmelden und dann beantragen, dass ihr jetziges Visum, das drei Monate gilt, um zunächst ein weiteres Jahr verlängert wird.“ Später kann das Visum weiter verlängert werden. In einer Behörde habe man ihnen gesagt, dass man die Papiere seiner Ehefrau erst noch prüfen müsse. „Ich habe ihnen dann gesagt, dass die schon überprüft worden sind“, berichtet Wöhrle. Und dann braucht Angèle Jaotombo noch einen Sprachkurs, den das Landratsamt organisiert, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Wöhrle hat den Eindruck, dass sie in ihrer Zeit in Steinenbronn schon Fortschritte gemacht hat.

In den ersten beiden Wochen hatte Wöhrle Urlaub und nahm sich viel Zeit, um seiner Frau sein Leben hier zu zeigen und ihr beim Einleben zu helfen. „Wir sind zusammen in den Supermarkt zum Einkaufen gegangen. Das macht man in Madagaskar auf dem Markt“, nennt Wöhrle ein Beispiel. Auch wenn beide erst so kurz miteinander in Steinenbronn leben, haben sie schon Alltag. „Wir kochen zusammen. Ich brate etwa Fischstäbchen und sie kocht dazu madagassisch Reis und Gemüse.“ Denn die Madagassen essen sehr viel Reis.

Die Region Stuttgart kennt Jaotombo nun auch schon aus der Luft. „Wir waren gemeinsam auf dem Fernsehturm“, erzählt Wöhrle. Sonst haben sie Spaziergänge im Steinenbronner Wald gemacht, der ganz anders sei als in Madagaskar, wo es in der Heimatregion von Angèle Jaotombo tropischen Regenwald gibt. „Dort ist der Gang in den Wald gleich eine Expedition oder zumindest eine Trekking-Tour und hier gehen wir mal zwei Stunden durch den Wald.“ Er hat den Eindruck, dass es seiner Frau bei ihm in Steinenbronn gefällt.

Für den Herbst haben beide auch schon Reisepläne. „Wir möchten nach Portugal in den Urlaub und dort unsere Flitterwochen nachholen“, sagt er.