Die frühere Moderatorin und Start-up-Gründerin Eve Büchner hält in ihrer Villa in Potsdam Hühner. Foto: /Callwey Verlag

Im kalifornischen Silicon Valley sind Hühner zum Statussymbol geworden. Auch in Deutschland umgeben sich immer mehr Stadtbewohner mit dem Geflügel und sagen ihm eine entspannende Wirkung nach.

Stuttgart - Barbra Streisand, Liz Hurley, Isabella Rossellini und Gisele Bündchen haben etwas gemeinsam: Sie alle halten Hühner. Und sind damit nicht allein. An der amerikanischen Westküste schwören auch viele Manager auf Hühner als Ausgleich zum hektischen Büroalltag. Das Federvieh im eigenen Garten ist im Silicon Valley zu einer Art Statussymbol geworden. Johan Land, Produktmanager bei Waymo in San Francisco, und seine Familie halten 13 Hühner. Ken Price, der Chef von Amazon Go, legte sich über die letzten acht Jahre sechs Hühner zu.

Mehrere hundert Dollar für ein Huhn

Für manch alte Rassen geben die Manager 350 Dollar, umgerechnet 317 Euro aus. Sie wählen die Hühner nach ihrer Seltenheit, Schönheit, der Farbe ihrer Eier und ihrer Persönlichkeit aus: Besonders geschätzt werden liebenswerte und ruhige Rassen, die bunte Eier legen. Die Hightechställe der Tiere kosten mehr als 18 000 Euro und sehen aus wie kleine Landhäuser, die automatisch das Licht anschalten, frisches Wasser liefern und den Besitzern Livevideos aufs Handy schicken. Einige haben Solarzellen oder automatische Türen. Manche Hühner bekommen Biofutter, andere Nannys, und wieder andere spezielle Windeln, damit sie im Haus herumlaufen können.

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Auch hierzulande werden Hühner immer häufiger in Gärten und Hinterhöfen gehalten. Allein in Stuttgart ist die Zahl der angemeldeten Haltungen zwischen 2005 und 2018 von 88 auf 223 gestiegen, wie aus der Statistik des Veterinäramtes hervorgeht. Außer einem Großbetrieb handelt es sich bei den 222 anderen fast ausschließlich um Kleingruppen mit zehn oder 20 Tieren.

„Wirkungsvoller als jede teure Antistresskur“

Die frühere Moderatorin und Start-up-Gründerin Eve Büchner hält in ihrer Potsdamer Villa Hühner, die sie Maggie, Miffi, Piffi, Miley und Kylie, Holly, Molly und Poppy nennt. „Ihre Beständigkeit und Ruhe färben auf mich ab“, erzählt die Unternehmerin in dem Buch „Vom Glück mit Hühnern zu leben“ (Callwey Verlag). Wie ein „täglicher Hühner-Spa“ sei die Beobachtung des Geflügels, „wirkungsvoller als jede teure Antistresskur.“

Die 46-Jährige könnte „stundenlang ihre Eigenarten studieren und ihre Galanterie und Fürsorglichkeit bewundern.“ Auch die österreichische Unternehmerin Diana Langes Swarovski, eine der Erben des Swarovski-Konzerns, schätzt an Hühnern nicht nur die ständige Verfügbarkeit frischer Eier. Eine meditative Wirkung habe die Beschäftigung mit ihnen: „Der morgendliche Gang mit dem Korb zum Eierholen, das abendliche Absperren. Das kann man gut und gerne als beruhigende Alltagsrituale bezeichnen.“

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Flauschige und beruhigende Tiere

Die Sozialpädagogin Sabine Bauer setzt seit 2003 in ihrem Fabelhof im Ostallgäu Hühner für Therapien ein. „Hühner sind dem Menschen zugewandt. Sie sind sehr gesellige Tiere“, sagt Bauer. Hühner würden sich von klein auf gern anfassen lassen und fühlten sich gut an. „Sie sind flauschig, haben weiche Federn und wirken beruhigend. Hühner können sich sehr gut entspannen und übertragen diese Entspannung auf Menschen.“ Auch Hühner bräuchten eine Bezugsperson, die ihnen Vertrauen und Sicherheit gibt. „Es gibt Hühner, die wollen jeden Abend in den Stall getragen werden“, erzählt Bauer. Manche setzten sich auf den Schoß und ließen sich gerne streicheln.

In dem Trend zum Huhn sieht Bauer eine Sehnsucht nach Bodenständigkeit und Naturverbundenheit. „Jetzt, wo die meisten von uns tierfrei leben könnten, weil sie nicht mehr zur Befriedigung primärer Bedürfnisse gebraucht werden, fehlen sie uns in den Städten.“ Wer aber Wert auf einen gepflegten Rasen oder Beete lege, sollte keine Hühner halten: „Ein Hühnergarten ist kein ordentlicher Garten.“ Denn das Federvieh scharre gerne. Am besten sollten Halter einen Teil des Gartens für die Tiere einzäunen.

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Neben der Bildschirmarbeit Hühnergucken

Die selbstständige Grafikdesignerin Iris Hahnrath aus Esslingen besitzt 15 Hühner, die sie über die Jahre vom gemeinnützigen Verein Rettet das Huhn erworben hat, der ausgediente Legehennen vermittelt. Wenn sie nicht auf ihren Bildschirm schaut und Wirtschaftsgrafiken erstellt, beobachtet sie ihr Federvieh. „Es ist entspannend, ihnen zuzugucken. Wenn die Hühner sich in der Sonne ausruhen oder im Sand buddeln, erfreut mich das“, erzählt die 52-Jährige. Doch wie jedes Haustier mache das Geflügel auch Arbeit, der Aufwand sei aber überschaubar.

Für manche aber sind Hühner mehr Anstrengung als Entspannung. Die Familie von Lea Striebel aus Blaubeuren besaß anderthalb Jahre mehrere Hühner. „Für die Kinder war es schön, aber für uns Erwachsene zu anstrengend“, sagt die 30-jährige Gesundheitspädagogin. „Jeden Morgen mussten wir den Stall sauber machen und die Tiere füttern. Die Hühner machten die Beete kaputt, sind öfters abgehauen und mussten wieder eingefangen werden.“ Am Ende holte der Marder eines der Tiere, drei wurden geschlachtet.

Tipps für Hühnerhalter:

Hühner sind für Nutztiere verhältnismäßig einfach zu halten, auch in normalen Gartenanlagen, sagt Expertin Sabine Bauer. Sie brauchen jedoch Auslauf zum Scharren und Picken. Die Größe hängt von der Rasse und der Art der Tiere ab. „Für drei Zwerghühner würde ich mindestens hundert Quadratmeter rechnen“, sagt Bauer. Über Nacht müssen die Hühner in einen marder- und fuchssicheren Stall. Dieser sollte Sitzstangen haben und ein Legenest.

„Hühner sind Schwarmtiere, drei sollte man mindestens zusammenhalten“, sagt Bauer. Ruhige, relativ große Hühner sind Orpingtons. Cochins und Seidenhühner sind besonders weich. Marans sind sehr auslauffreudige und lebendige Tiere. Eine charakteristische Eigenschaft sind die dunkelbraunen bis hellbraunen Eier, die mit dunklen Flecken besprenkelt sein können. Die robuste und ruhige Rasse Araucana stellt keine besonderen Bedingungen an die Haltung. Die Eierfarben sind Blau bis Türkis. „Zwergrassen sind für den Hausgebrauch empfehlenswerter. Sie stiften weniger Unordnung und machen weniger Dreck“, empfiehlt Unternehmerin Eve Büchner im Buch „Vom Glück mit Hühnern zu leben“ (Callwey), in dem Frauen von ihrem Leben mit dem Federvieh erzählen, Pflegetipps geben und Rezepte für Eierspeisen vorstellen.