US-Superstar Simone Biles erhielt viel Zuspruch aus den USA. Foto: dpa/Gregory Bull

Turn-Superstar Simone Biles hat das olympischen Mehrkampf-Finale wegen mentaler Probleme abgesagt. Die Presse in den USA reagiert mit Verständnis und Respekt.

Tokio -

US-Superstar Simone Biles wird wegen ihrer aktuellen mentalen Probleme im olympischen Mehrkampf-Finale der Kunstturnerinnen am Donnerstag nicht an den Start gehen. Dies teilte der US-Verband am Mittwoch offiziell mit.

Die 24-Jährige hatte am Dienstag beim Mannschafts-Finale ihren Wettkampf nach dem ersten von vier Durchgängen abgebrochen. Die US-Riege belegte Rang zwei hinter dem ROC-Team und vor Großbritannien.

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So reagiert die Presse in den USA auf die Entscheidung:

Washington Post: „Simone Biles und der Preis dafür, die Größte zu sein. Was tun wir? Brechen wir unsere Athleten? Ehrlich, mittlerweile sollten wir all dies kommen sehen. Sport ist Spaß, bis er zum Job wird. Und alles zusammen - die Arbeit, der Hype, die Hoffnungen, der Leistungsstandard, die Erwartungen - kann schnell zu viel werden.“

New York Times: „Simone Biles hat die Mentalität einer wahren Meisterin gezeigt. Welche Art Champion gibt bei den Olympischen Spielen auf? Einer, der seine Grenzen kennt und bremst, bevor er hineinrast. Mit ihrem Rückzug hat sie ein Statement abgegeben, das so stark ist wie jede ihrer sportlichen Leistungen: Sie sagte ‚genug’. Sie wehrte sich gegen das traditionelle amerikanische Narrativ, das Gold um jeden Preis will. Wir sollten bedenken: Simone Biles mag einen US-Sportanzug tragen, aber sie arbeitet nicht für uns. Egal, welche Hoffnungen und Träume wir in sie investiert haben, sie hat sich ihren Startplatz verdient, und sie entscheidet. Athleten und ihre körperliche und geistige Gesundheit sind keine Handelsware. Biles weiß das.“

Respekt vor der Entscheidung

USA Today: „Simone Biles hat das Richtige getan, sie darf sich selbst beschützen. Das war keine Feigheit, kein Eigensinn, es war menschlich. In den kommenden Tagen wird darüber viel gestritten werden. Kritiker werden sie als ‚weich’ bezeichnen, und sie werden laut sein, und sie werden falsch liegen. Sie werden dies nicht als Entwicklung sehen, als das 21. Jahrhundert, sie werden nicht verstehen, dass Empathie keine Schwäche ist. Oder dass das, was Biles getan hat, einfach erforderlich war.“

Los Angeles Times: „Simone Biles verdient für ihre Entscheidung Respekt, keine Verachtung. Sie hat abgewürgt. Das denken einige Leute. Sie hat ihr Vermächtnis ruiniert. Das sagen einige Leute. Nachdem Biles sich mutig aus dem Teamwettkampf verabschiedet hatte, trat eine hässliche Wahrheit zutage. Einige sahen ihre Courage als Feigheit, ihre Selbstlosigkeit als Verrat. Viele Sportfans waren zutiefst beleidigt. Biles sah diese Wut anscheinend kommen und äußerte nach dem Wettkampf die Hoffnung, dass Amerika das Team noch liebt. Die Antwort in einem Wort lautet leider: Nein. Eine Doppelmoral wurde sichtbar.“