Auch virtuelle Realität war in Ludwigsburg ein Thema: Die Firma Truphysics aus Stuttgart zeigt ihre Produkte. Foto: factum/Granville

Innolution Valley heißt ein innovatives Event, das in Ludwigsburg ganz die Kontaktmöglichkeiten zwischen Start-ups und Unternehmen in den Mittelpunkt stellte. Zettel waren hier wichtiger als Apps.

Ludwigsburg - Was macht eine erfolgreiche Start-up-Veranstaltung aus? Im Ludwigsburger Forum am Schlosspark ist es beispielsweise eine riesige Korkwand, mit viel Platz zum Anpinnen von kleinen Zettelchen. Wer sucht Mitarbeiter? Wer hat für einen Arbeitgeber oder Auftraggeber etwas zu bieten? Vor der Wand steht permanent eine Menschentraube. Von wegen App: gerade im digitalen Zeitalter wollen Menschen mit Menschen in Verbindung kommen.

Innolution Valley heißt die Start-up-Messe, die anders sein will als die inzwischen überall in Deutschland aus dem Boden sprießenden Events. Kein großes Unternehmen, kein Messeveranstalter steht hinter dem Projekt: Das elfköpfige Team, das binnen weniger Monate das Event Innolution Valley aus dem Boden stampfte, ist selber ein Start-up, das dabei eigenes Geld investiert – und riskiert. In einer Veranstaltungskultur, die in Baden-Württemberg stark von politischen und institutionellen Förderern geprägt wird, ist das ein ungewöhnlicher Ansatz.

Zwei Tage lang versuchte man in Ludwigsburg erstmals in Baden-Württemberg ein Programm auf die Beine zu stellen, das einen ganz praktischen Gedanken in den Mittelpunkt stellte: Wie bringt man Start-ups mit etablierten Firmen und Investoren zusammen? „Der Mittelstand hat damit immer noch ein großes Problem“, sagt Gunnar Groß. Der 39-Jährige ist einer der Köpfe hinter dem Projekt. Hier will man beweisen, dass es nicht aufs Spektakel und auf möglichst große Reden ankommt, sondern dass das so genannte Netzwerken viele liebevolle praktische Details braucht. Wie die erwähnte Korkwand zum Beispiel. Bewusst hatte man auch ausschließlich Start-ups eingeladen, die sich an Geschäftskunden richten, also aus dem so genannten B2B-Bereich.

Innolution Valley hat am Netzwerken im Detail gefeilt

1800 Besucher hatte man in der ersten Auflage des Innolution Valley angestrebt und wäre damit auf einen Schlag zu einem der größten Start-up-Events des Landes geworden – was man am Ende aber wohl nicht ganz erreichte. Doch Erfolgsmaßstab war in Ludwigsburg nicht die Besucherzahl im großen Veranstaltungssaal, sondern das, was in den kleinen Nebenräumen und auf den Begegnungsflächen stattfand.

Und auch hier durften Zettel und Papier nicht fehlen: In kleinen Briefkästen konnten Start-ups, etablierte Firmen und Investoren Wunschzettel zur Kontaktaufnahme einwerfen, etwa angeben in welchem Themenbereich oder auf welchem technologischen Gebiet sie Ansprechpartner suchen. Der Investoren-Briefkasten sei randvoll gewesen, heißt es bei den Veranstaltern.

Wer dann welche Kontaktdaten bekommt, wird buchstäblich handverlesen. „Bevor wir etwa einem Start-up die Adresse eines Ansprechpartners in einem Unternehmen geben, fragen wir erst an, ob das auch wirklich interessant sein könnte“, sagt Gunnar Groß. Zwar soll es bei geplanten Events im kommenden Jahr dann doch eine App geben. Aber eins will er beibehalten, den Fokus auf den Dialog von Menschen: „Auf anderen Start-up Events sehen sie, wie die Leute nur noch auf ihr Smartphone starren und überhaupt nicht mehr ins Gespräch kommen.“

Kreativrunde im Magic Room

Ins Gespräch kam man etwa im Magic Room, wo sich etwa 20 Teilnehmer an einem Ideenfindungsworkshop beteiligten. Der Geldbeutel der Zukunft war das Entwicklungsziel, das in strammen 60 Minuten nach den Methoden des so genannten Design Thinking erreicht werden sollte. Auch hier steht der Mensch und nicht die Technologie im Mittelpunkt. Der Alterschnitt der Teilnehmer war um die Mitte Dreißig. Für Danny Franzreb, der an der Hochschule Neu-Ulm lehrt und auch ein „Institut für auf den Menschen zentriertes Design“ leitet, ist das durchaus typisch. Denn ganz oben in den Chefetagen tut sich das neue Denken noch schwer. „Wenn sie das jemand Verantwortlichen in einem mittelständischen Unternehmen nahebringen wollen, dann sagt der oft: Für so etwas haben wir keine Zeit.“

Während Großkonzerne wie Bosch und Daimler inzwischen neue Wege zur Innovation systematisch und teils mit hohem Aufwand beschreiten, sind solche „Spielereien“ im Mittelstand immer noch Neuland. Aber genau diese Methoden sollen es im Zeitalter der Digitalisierung erlauben, aus vorgefertigten Denkmustern auszubrechen. „Man denkt im Mittelstand immer noch in den Kategorien der Produktentwicklung,“ sagt Franzreb. Das werde sich ändern: Der wachsende Innovationsdruck werde es erzwingen.

Innolution Valley soll es deshalb auch im kommenden Jahr mit einer Veranstaltung im Sommer und einem größeren Event im Herbst wieder geben. Mit den Einladungen an ein internationales Publikum will man schon bald anfangen.

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