Daisy Ridley in „Star Wars – Das Erwachen der Macht“. Foto:  

George Lucas’ galaktisches Abenteuer „Krieg der Sterne“ geht weiter – und Daisy Ridley zählt zu den neuen Stars. Im Interview erzählt sie, was „Star Wars“ so einzigartig macht.

Stuttgart - Ms. Ridley, wie fühlt es sich an, Teil einer Kinofilm-Legende zu werden?
Das ist ein sehr schönes Gefühl. Man kann sich kaum an einem besseren Ort wiederfinden.
Wann sind Sie zum ersten Mal mit „ Star Wars“ in Berührung gekommen?
Ich erinnere mich daran, als Kind im Kino gewesen zu sein. Es war wohl die „Episode III“. Aber eigentlich ist Star Wars nach und nach in mein Unterbewusstsein gesickert. Es ist als Teil der Pop-Kultur allgegenwärtig und kam in verschiedensten Gestalten auf mich zu, als Film, als Merchandising. Das volle Programm.
Bevorzugen Sie persönlich die älteren oder die neueren Filme?
Offensichtlich mag jeder die Originalfilme lieber. Aber ich glaube auch, dass man das Original einer jeden Sache immer bevorzugt. Ich mag sie alle auf ihre Weise. Wir haben uns die Filme noch einmal angeschaut. Die Prequels haben ganz schön was einstecken müssen. Das finde ich etwas unfair. Aber das ist nur meine Meinung.
Wie sind Sie an Bord des neuen Projektes gelangt?
Man hat in großem Maßstab nach der geeigneten Besetzung gesucht. Ich bekam ein Vorsprechen als athletisch aussehende Mittzwanzigerin. Ich hatte das Gefühl, es sei schrecklich gelaufen, aber offenbar hat irgendetwas funktioniert. Es folgten fünf weitere Vorsprechen, die sich über sieben Monate erstreckten. Anfangs spielte man keine Szenen, die wirklich im Drehbuch auftauchen. Beim letzten Mal stammte die Sequenz tatsächlich aus dem Film. Ein paar Tage später rief mich J.J. Abrams und sagte mir, dass ich diejenige welche bin.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich dachte: „Ha! Okay…“. Offensichtlich hatte mich der Weg dorthin geführt und ich hoffte sowieso auf die positive Antwort. Wenn es dann Realität wird, denkt man nur „Wow!“. Aber das kommt später. Erst dachte ich, es kann nicht stimmen. Sie werden schon eine andere finden. Ich bin nicht ihr Mädchen. Ich habe nicht genug Erfahrung, bin nicht gut genug.
Hat Ihnen die Verpflichtung auch Furcht eingeflößt?
Oh ja! Nicht etwa, weil ich es mit einer so großen Marke zutun bekam. Ich habe zum einen noch nie eine Hauptrolle gespielt, zum anderen nie länger als drei Wochen am Stück vor der Kamera gestanden. Als ich den Anruf bekam, habe ich drei Monate lang trainiert. Sechs Monate dauerten die Dreharbeiten. Eine lange Zeit, in der ich mir einreden konnte, dass ich nicht gut genug wäre und es nicht funktionieren würde. Ich hatte all diese Gefühle, die jeden Menschen beschleichen, der einen neuen Job antreten soll. Hier sollte eine Sache fortgeführt werden, die von so vielen Menschen gefeiert wird. Mir war vor diesem Jahr gar nicht wirklich bewusst, wie sehr Star Wars geliebt wird. Dann besuchten wir die Convention und ich war absolut überwältigt. Vielleicht war es gut, dass ich mir dieser Liebe vorher nicht wirklich bewusst war, sie hätte nur noch mehr Gewicht auf meine Schultern geladen. Und das brauchte ich wirklich nicht.
Dann standen Sie plötzlich an der Seite legendärer Schauspieler wie Harrison Ford und Mark Hamill. Wie war´s?
Toll! Sie alle sind sehr nette Menschen und offensichtlich hoch talentiert. Mit so begabten Kollegen zu arbeiten, ist immer eine großartige Erfahrung. Ich habe gespürt, wie aufgeregt alle waren, wieder zurück zu sein. Sie kannten das alles ja schon. Natürlich konnten sie damals nicht ahnen, was aus „Star Wars“ einmal entstehen würde. Carrie Fisher war jünger als ich, als sie den ersten Teil drehte. Das ist unvorstellbar. Ich habe mich in diesem ganzen Spiel wie ein Kind gefühlt. Das mit 19 zu erleben, muss einfach verrückt sein. Sie wussten also, wie es sich für mich anfühlen muss und sie standen mir als Unterstützer und Freunde zur Verfügung.
Was dürfen Sie über Ihre Rolle der Rey verraten?
Was ich Ihnen erzählen darf, ist, dass sie zunächst als allein und völlig selbstständig eingeführt wird, auf dem Planeten Jakku. Sie ist eine Schrottsammlerin. Als sie den Sturmtruppen-Deserteur Finn trifft, beginnt ihr großes Abenteuer. Sie wird in diese Welt hineingeworfen, in die sie gar nicht gehören sollte, und muss ihren Weg finden.
Was haben Sie trainiert?
Es war physisches Training. J.J. wollte, dass ich Muckis habe. Also habe ich trainiert wie noch nie zuvor. Ich sehe zwar athletisch aus, aber ich habe in meinem Leben nie Sport gemacht. Ich sehe zwar aus wie eine Schwimmerin, ich habe ein breites Kreuz. Aber ich kann nur Brustschwimmen und Kraulen, und das nicht einmal gut. An meiner Schule war es nicht erlaubt, Sport zu machen. Viele der Schüler waren Tänzer und sie hätten sich verletzen können. Ich bin nie Ski gefahren und habe vielleicht dreimal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen. Ich laufe auch nicht gern. Nun galt es also, Muskelmasse aufzubauen. Was nicht einfach ist. Ich musste Berge von Essen verdrücken. Ich esse sehr gern, aber nicht so viel. Das war ein bisschen eklig. Außerdem hatten wir Stunt-Training. Wir mussten lernen, mit den Waffen umzugehen, bis es ganz natürlich wirkt. Wir sind auch geklettert. Das alles hat Spaß gemacht.
War es schwierig, in einer Kulisse zu arbeiten, die nur durch ein grünes Tuch definiert wird?
Tatsächlich war ich kaum je in der Situation, mit einer Greenscreen arbeiten zu müssen. Wenn ich den Falcon fliege, war er natürlich von einer Greenscreen umgeben, schließlich bin ich ja dann im Weltraum. Wenn wir auf dem Planeten Jakku sind, haben wir das in der Wüste von Abu Dhabi gedreht. Keine Greenscreen. Wenn ich mit einer außerirdischen Lebensform spreche, dann handelt es sich um eine Puppe, der echtes Leben eingehaucht wird. Es fühlte sich an, als würde man mit einem Wesen mit einer Seele reden. Es muss ein ziemlicher Kampf sein, gegen eine grüne Wand anzuspielen. Aber J.J. hat das vermieden, soweit es möglich war. All die Kreaturen waren wirklich da, die Sets waren ganz erstaunlich. Ich liebe Tiere und diese Kreaturen fühlten sich tatsächlich wie lebende Wesen an.
Wie war der erste Tag am Set?
Mein erster Tag war in Abu Dhabi. Wir fuhren zum Set und ich war einfach überwältigt. Überall diese erstaunlichen Kostüme und die außerirdischen Outfits. Da war zum Beispiel der Marktplatz, den man im Trailer sieht. Es war aber auch etwas furchteinflößend. Ich hatte ziemlichen Bammel. Es fühlte sich an wie meine Feuertaufe. Zumal es unglaublich heiß war. Hier sollte also meine Reise beginnen, hier hat Rey ihren Ursprung. Es war der ideale Beginn.
Wo wurde noch gedreht?
Wir waren in Abu Dhabi und in Island, viel wurde in den britischen Pinewood Studios gedreht. Außerdem gab es noch zwei andere Drehorte in Großbritannien. Die Wechsel zwischen den Drehorten taten gut und sorgten für ganz verschiedene Atmosphären, was die Menschen dem Film hoffentlich anmerken. Jeder Platz soll ein anderes Gefühl vermitteln.
Wie lange waren Sie für den Film eingespannt?
Die Dreharbeiten haben sechs Monate gedauert, meine Vorbereitungen starteten drei Monate vorher. Es war eine sehr lange Zeit. Ich musste daran denken, dass ein Baby so lange ausgetragen werden will.
Hat sich Ihr Leben bereits verändert?
Nein. Vielleicht in dem Sinne, dass ich erstaunliche Menschen getroffen habe und mit den talentiertesten Filmschaffenden der Welt zusammenarbeiten durfte. Ich meine damit nicht nur die Schauspieler, auch die Kamera- und Soundleute, die Masken- und Kostümbildner. Und ich habe bei der Convention auf einer Bühne vor 7.000 Leuten gestanden, diese Erfahrung habe ich zuvor definitiv noch nie gemacht. Aber auf der Straße erkennt mich niemand. Ich fahre immer noch mit dem Bus. Vielleicht wird sich das mal ändern, keine Ahnung. Ich denke nicht, dass man sich darauf vorbereiten kann. Dann muss ich mir wohl große Hüte und Sonnenbrillen zulegen.
Werden Sie nun mit Drehbuchangeboten überhäuft?
Nein, auch das nicht. Leute, engagiert mich, bitte! (lacht) Ich habe zwischenzeitlich einen Animationsfilm aus dem Studio Ghibli synchronisiert. Anfang des Jahres war ich in Japan und es war mein Traum, an einem Ghibli-Film mitzuwirken. Ich hatte nicht damit gerechnet, je diese Möglichkeit zu bekommen. Aber tatsächlich hatten sie diesen einen Film, der noch nicht synchronisiert worden war. Das hat sich wie Schicksal angefühlt, erstaunlich! Anfang nächsten Jahres beginnen wir mit „Episode VIII“. Hoffentlich wollen die Leute mit mir arbeiten, wenn sie den fertigen Film gesehen haben. Vorher ist es schwierig, schließlich kann man noch nicht einschätzen, was ich ´drauf habe. Ich hoffe, ich bin nicht schlecht. Aber ich verstehe auch, dass man Besetzungsentscheidungen vorsichtig angehen muss.
Teilen Sie einen magischen Moment vom Set mit uns?
Ich habe bereits versucht, mich auf ein spezielles Ereignis festzulegen. Es ist mir nicht gelungen. Ich war sehr glücklich und fühlte mich wie die beste Version meiner selbst, jemals. Wenn jemand wie J.J. das Ruder führt, der so wundervoll ist, so lustig und nett, dann überträgt sich das auf den Rest der Mannschaft. Alle haben vom besten und glücklichsten Dreh ihres Lebens gesprochen. Es hört sich wie ein Klischee an, aber ich bin völlig ehrlich: Jeder einzelne Tag hat sich wie Magie angefühlt.
Haben Sie das ganze Drehbuch im Vorfeld zu lesen bekommen?
Ja, als ich die Rolle hatte, bekam ich das komplette Skript. Im Laufe der Dreharbeiten hat sich noch Vieles verändert. J.J. ist sehr offen dafür, Dinge zu ändern, die sich falsch anfühlen und auch noch am Drehtag Justierungen vorzunehmen. Ich lasse mich selbst überraschen, welche Szenen den Weg in den Film gefunden haben und welche nicht. Manches habe ich auch vergessen. Selbst Dialoge haben sich noch täglich verändert, ich glaube nicht, dass es das häufig gibt. Das fühlte sich nach einer echten Kooperation an. Wenn es den Menschen wichtig ist, was du sagst, dann ist das eine wundervolle Sache. Und wenn man dir als 23-jähriges Mädchen, das gerade erst einsteigt, Gehör schenkt, ist das in jedem Geschäft etwas Besonderes.
Im Trailer sieht man, wie Sie einen großen „Speeder“ steuern. Hat er tatsächlich funktioniert?
Ja. Er hat Räder und bewegt sich tatsächlich. Ich bin mit ihm auf einer Art Rennstrecke herumgefahren. Das war cool! Er fuhr dreißig Meilen die Stunde. Das ist sehr schnell, wenn man auf einem so hohen Ding sitzt und den Elementen ausgesetzt ist.
Haben Sie den Schöpfer des „Star Wars“-Universums George Lucas kennengelernt?
Nein, ich habe ihn noch nicht getroffen. Ich bin mir sicher, dass das noch passieren wird.
Was wussten Sie über sein Universum?
Nicht sehr viel. Ich habe die Filme gesehen, ich kenne mich ganz gut aus, aber ich bin kein Mega-Fan. Ich bin kein Mega-Fan von irgendetwas. Das liegt in unserer Familie. In den meisten Familien sind die Eltern Fans von irgendetwas und sie führen ihre Kinder in die Materie ein, mögen es Filme sein, Musik oder andere kulturelle Dinge. Unsere Familie war nie so. Es ist witzig. Es gibt ein Programm, das heißt „Triff die Superfans“. Tom Felton hat es initiiert, der den Draco Malfoy in den Harry-Potter-Filmen gespielt hat. Ich habe noch nie ein eins-zu-eins Gespräch mit Menschen gesehen, die sich so tiefgehend mit einer Sache beschäftigen. Aber selbst mit meinen limitierten Vorkenntnissen weiß ich, was da draußen ist: so viel Wissen, so viele Informationen! Das ist erstaunlich. Das würde gar nicht alles in mein Gehirn passen.
Recherchieren Sie im Internet, welche Theorien die Fans zum kommenden Film verbreiten?
Oh ja. Die Hauptfrage ist, wessen Kind ich bin. Überhaupt dreht sich Vieles um Familienbande. Ich lese das und wünsche mir, ich könnte all diesen Leuten ins Gesicht schauen, wenn sie sich den Film ansehen. Einige sind davon überzeugt, nah dran zu sein. Aber 30 Jahre nach den „Jedi Rittern“ sind die Möglichkeiten so gewaltig. Wir können uns überall hin bewegen. Das ist ein schönes Gefühl. Ich glaube, die Magie des Filmes geht auch mit der Geheimhaltung einher. Sie macht die Sache erst aufregend. Ich möchte nicht, dass die Leute schon wissen, was passiert, bevor sie sich den Film anschauen.
Wird es einen „Luke, ich bin Dein Vater“-Moment geben?
Mark Hamill hat mir erzählt, dass George Lucas anfangs nicht wusste, dass Luke und Leia Geschwister sind. Selbst nach dem Kuss wusste er es noch nicht, bis er das nächste Drehbuch schrieb. Und manch einer hielt das „Ich bin Dein Vater“ für eine Lüge. Die Menschen spekulieren so viel.
Wissen Sie schon, was in Episode 8 passieren wird?
Ja, das weiß ich. Auch das ist ungewöhnlich, wenn der Vorgänger noch gar nicht angelaufen ist. Ich finde es gut. Das Weihnachtsfest steht vor der Tür. Wir haben Zeit zum Entspannen und können uns danach direkt in die Arbeit stürzen.