Nicht mehr als Ergebniskosmetik: Ein verwandelter Elfmeter kann Kai Havertz nicht trösten. Foto: dpa/Annegret Hilse

Bayer Leverkusens Jungstar Kai Havertz spielt ein schwaches DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München. Nun steht der 20-Jährige vor der Zukunftsentscheidung.

Berlin - Die letzte Szene des DFB-Pokalfinals hatte eine tragisch-komische Note. Da hatte Bayer Leverkusens Jungstar Kai Havertz in der Nachspielzeit gerade einen Handelfmeter souverän in den Torwinkel gedroschen, als der Schiedsrichter unmittelbar danach abpfiff. Havertz schoss Sekunden nach dem eigenen Tor zum 2:4-Endstand frustriert einen weiteren imaginären Ball in den Berliner Nachthimmel, er trat aus Wut in die Luft – die Profis des FC Bayern wiederum, die zwei Sekunden vorher ein Gegentor kassiert hatten, rissen die Arme hoch und fielen sich um den Hals.

Fast nichts passt zusammen

Nein, irgendwie passte da wenig zusammen bei Bayer Leverkusen im Allgemeinen und beim Offensivjuwel Havertz (20) im Speziellen. Stimmig war wie bei den Szenen kurz nach dem Elfmeter wenig, dabei sollte aus Bayer-Sicht im ersten großen Finale des Jungstars die erste Krönung her. Am Ende gab es beim schnellen Marsch übers Podium vor der Haupttribüne nur die Verlierermedaillen für Havertz und seine Teamkollegen – und hinterher, da schwebte die entscheidende Frage rund um Havertz durch die laue Nachtluft in der Hauptstadt: Bleibt er nun bei Bayer, oder geht er? Und wenn ja, wann und wohin?

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Klar ist: Seine eher durchwachsene Leistung im Pokalfinale dürfte die potenziellen Interessenten nicht abschrecken. Angeblich ist jetzt der FC Chelsea in den Poker eingestiegen und macht ernst. Holen die Blues also nach Antonio Rüdiger und Timo Werner den dritten deutschen Nationalspieler nach London? Man weiß es (noch) nicht.

Völler hofft auf Verbleib

Fakt ist: Die Havertz-Seite wird sich nun erst mal mit den Leverkusener Vereinschefs zusammensetzen, um Gespräche zu führen. Sport-Geschäftsführer Rudi Völler sagte am Rande des Pokalendspiels dies: „Ich persönlich hoffe, dass Kai noch ein Jahr bleibt. Wir haben aber eine Vereinbarung: Wenn es passt, kann er auch diesen Sommer gehen.“

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Der Vertrag des Offensivmanns läuft bis 2022, und dem Vernehmen nach ist Bayer nicht bereit, Havertz für eine mögliche Ablösesumme von unter 100 Millionen Euro gehen zu lassen – Corona-Krise hin oder her. Das schreckt offenbar auch den Finalgegner vom Samstag ab. Auch der FC Bayern hat grundsätzlich großes Interesse an Havertz – einen Transfer wird es aber zumindest in diesem Sommer noch nicht geben.„Ich sage es ganz klar: Ein Transfer von Havertz wird uns finanziell in diesem Jahr nicht möglich sein“, sagte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: „Auch wir haben finanziell eine ganz große Herausforderung vor uns. Wir würden es, auch wenn wir den Spieler mögen, finanziell in diesem Jahr nicht heben können.“

Corona-Zeit ändert einiges

Auch Bayern-Trainer Hansi Flick klang nicht so, als ob er mit einem baldigen Havertz-Coup rechnet. „Die Corona-Zeit hat vieles verändert. Viele Vereine, auch der FC Bayern, können nicht mehr so leicht Geld ausgeben“, sagte Flick.

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Der Zugang von Leroy Sané, der mit Serge Gnabry und Kingsley Coman eine Flügelzangen-Ära à la Ribéry und Robben mitgestalten soll, sei für die Mannschaft „der nächste Schritt“, ergänzte Flick. Sollte Havertz nun noch ein Jahr in Leverkusen dranhängen, würden die Karten im nächsten Sommer aber neu gemischt, und die Bayern säßen beim Poker wieder mit am Tisch.

Keine Impulse als Sturmspitze

Warum Havertz bei sämtlichen europäischen Topclubs zumindest auf dem Zettel steht, wurde beim Endspiel am Samstagabend in Berlin nicht deutlich. Vor allem in der ersten Hälfte prallte er als alleinige Sturmspitze regelmäßig an der Münchner Abwehr ab. Erst mit den Umstellungen nach der Pause kam er auf der Spielmacherposition besser zur Geltung – und dann folgte für Kai Havertz zum Schluss das wohl traurigste eigene Tor seiner Karriere.