Samir Sidgi (links), Christian End und Helmut Caesar von der SWSG wollen auf ihrem Rundgang zeigen, was die SWSG für die Quartiere tut. Foto: Ingo Dalcolmo

Die städtische Wohnungsgesellschaft SWSG zeigt auf ihrem Rundgang durch das Stuttgarter Bohnen- und Leonhardsviertel, wie sie soziale Durchmischung herstellen will.

S-Mitte - Die Gässchen des Bohnenviertels wirken noch etwas pittoresker als üblich im Schneetreiben. Die gepflasterten Wege, die renovierten Fassaden mitten im Zentrum einer boomenden Metropole – alles wirkt wie gemacht für profitorientierte Wohnungsbaugesellschaften, die ihren Bestand an eine urbane Klientel mit großem Budget vermieten oder verkaufen. Gentrifizierung lautet das Schlagwort, bei dem es manchen Stadtplanern eiskalt den Rücken herunterläuft. Gewachsene Quartiere mit urigem Charme verwandeln sich so mit der Hilfe von Investoren in Habitate für eine wohlsituierte Schicht, die zwischen Bioläden und gehobener Gastronomie gerne unter sich bleibt.

All das soll es im Bohnenviertel nicht geben, betont Samir Sidgi, Vorsitzender der SWSG-Geschäftsführung. Sidgi hat Anzug und Lederschuhe gegen einen Parka und Stiefel eingetauscht. Gemeinsam mit Helmut Caesar, technischer Geschäftsführer der SWSG, Christian End, dem Kundencenterleiter der städtischen Wohnungsgesellschaft und dem SWSG-Sprecher Peter Schwab führt er Journalisten durch das Bohnen- und Leonhardsviertel, um, wie er es ausdrückt, zu zeigen, wie die Kärrnerarbeit am Erhalt der beiden Traditionsquartiere funktioniert.

Viele Wohnungen sind belegungsberechtigt

End weist an der Rosenstraße darauf hin, dass 211 Wohnungen zwischen Wilhelms- und Charlottenplatz zum Bestand der SWSG gehören. Drei Viertel dieser Wohnungen seien belegungsberechtigt. Das bedeutet, dass die Stadt der Wohnungsgesellschaft Mieter vorschlagen kann. „60 Prozent der belegungsberechtigten Wohnungen sind im Bohnenviertel“, sagt er. Allein an der Rosenstraße gehörten elf Gebäude mit 46 Wohnungen der SWSG, 42 von ihnen mit Belegungsrecht, sagt End. Viele Mieter mit eher kleinem Budget wohnen also hier, meint er. „Nur sieht das Viertel nicht danach aus“, sagt der Kundencenterleiter der SWSG. Von den elf SWSG-Gebäuden im Viertel stehen laut der Wohnungsbaugesellschaft sechs unter Denkmalschutz. Die SWSG setzte das Quartier zwischen 2015 bis 2017 instand.

Die SWSG-Führungsriege führt die Teilnehmer des Rundgangs in einen begrünten Innenhof. Mehrere Bäume gruppieren sich um Spielgeräte für Kinder. Niemand würde erraten, wie hoch die Mieten in den angrenzenden Wohnungen sei, meint der technische Geschäftsführer der SWSG, Helmut Caesar. „Darum geht es uns, Wohnungen sollen nicht mehr verraten, wie groß der Geldbeutel der Mieter ist, die darin wohnen“, sagt Caesar.

Samir Sidgi meint, dass so auch der sozialen Stabilität geholfen sei. Denn erwiesenermaßen wirke sich die Wohnumgebung auf das gesellschaftliche Klima eines Quartiers aus. Dem nahen Rotlicht- und Drogenmilieu werde so ein ansehlicher Riegel vorgeschoben, meint er.

SWSG will Rotlichtviertel eindämmen

Die SWSG als städische Wohnungsgesellschaft orientiert sich im Leonhardsviertel an den politischen Vorgaben der Stadt. Es gehe darum, dem Rotlichtmilieu Grenzen zu setzen, meint Christian End. Wie das aus Sicht der Wohnungsgesellschaft funktionieren kann, zeigt der Rundgang am Beispiel der Bar Korridor an der Weberstraße. Sie bezog im Sommer 2017 die Räume der ehemaligen Schwulenkneipe Finkennest und setzt auf eine Mischung aus Barbetrieb und Kulturangeboten. Der Unterschied zum Finkennest könnte nicht größer sein. War einst dank abgedunkelter Scheiben und Gittern vor den Fenstern kein Einblick in das auch bei Prostituierten beliebte Lokal möglich, ist die Bar Korridor dank großer Fensterflächen ein heller Ort.

Ähnliches vollziehe sich auch mit dem Lokal Immer Beer Herzen an der Hauptsätter Straße, meint der SWSG-Vorsitzende Samir Sidgi. „Da war vorher ein Internetcafé, das vor allem von einer gewissen Klientel genutzt wurde. Jetzt gibt es dort ein Szenelokal, das sich großartig entwickelt“, meint er. Neben dem Immer Beer Herzen hat in einem weiteren SWSG-Gebäude die Metzgerei Ergenzinger ihr Quartier gefunden. Es gehe nicht darum, das Rotlichmileu aus dem Leonhardsviertel zu vertreiben, betont Kundencenterleiter End. „Wir wollen eine gesunde Durchmischung der Quartiere“ , sagt er.