Die Ortsmitte des Ditzinger Ortsteils umfasst schon heute Altes und Neues. Foto: factum/Simon Granville

Das landwirtschaftlich geprägte Dorf möchte mit der Zeit gehen. Doch die Details wollen die Hirschlander selbst entscheiden. Der Grundstein dafür ist gelegt.

Ditzingen - Ein Jubiläum ist meist ein willkommener Anlass, um zu feiern. Umso mehr, wenn ein ganzer Ort sich selbst feiern kann. Auch in Hirschlanden, dem rund 5500 Einwohner zählenden Ditzinger Ortsteil, ist das so gewesen. Mit Jubel, Trubel, Heiterkeit wurde 2019 die erste Erwähnung Hirschlandens vor 1250 Jahren gefeiert. Und doch schuf diese Zeit auch ein Bewusstsein dafür, wie sich die Hirschlander verstehen, was ihnen ihr Ort wert ist und was ihn ihrer Meinung nach schützenswert macht. „Wir sind ein Ort, der nie ganz abgeschottet war nach außen, der offen blieb für das Neue“, sagt die Ortsvorsteherin Barbara Radtke. Wenn vermeintlich alteingesessene Hirschlander ihre von Vertreibung geprägte Lebensgeschichte erzählen, ist Radtke nach eigenem Bekunden nach wie vor jedes Mal ebenso überrascht wie erfreut, wie aus Fremden Hirschlander wurden.

Stets offen für Neues

Die Offenheit für Neues geht einher mit der Bewahrung dessen, was wertgeschätzt wird. „Wir sind ein Bauerndorf mit besonderen Menschen, mit Persönlichkeiten“, sagt Radtke und denkt dabei nicht nur an Theodor Heuglin, den Forscher, nach dem die örtliche Gemeinschaftsschule benannt ist. „Was ist unser Kern, wo kommen wir her?“ Diese Fragen stellen sich die Hirschlander nicht erst seit dem Jubiläum - aber seitdem laut Barbara Radtke verstärkt.

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In diesem Zusammenhang begrüßt die Ortsvorsteherin auch einen Bebauungsplan, der nun aufgestellt wird. Damit hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, das innerörtliche Gebiet streng nach seinen Vorstellungen zu entwickeln. Alternativ hätte er den Bauherrn im Gebiet mehr Gestaltungsfreiraum lassen können. Das aber habe der Ortschaftsrat letztlich mehrheitlich abgelehnt, sagt die Ortsvorsteherin. Dabei müsse es gar nicht immer um umfassende Regelungen gehen. Es könne auch mal nur um die Anlage eines Fußwegs gehen, der nur in einem Bebauungsplan vorgegeben werden könne.

Das Plangebiet ist vergleichsweise groß, es umfasst eine rund 1,1 Hektar große Fläche. Es ist geprägt von vielen älteren, einstmals häufig landwirtschaftlich genutzten Anlagen, also Gebäuden einschließlich ihrer Nebengebäude. Es grenzt östlich fast an den Rathausplatz, außerdem schließen sich Wohngebiete an, die laut der Stadtverwaltung seit den 1950er Jahren nach und nach entstanden sind.

Die Entwicklung begleiten

„Wir wollten einen Blick darauf haben, wie gestaltet wird“, sagt Radtke. Schließlich handle es sich um den uralten Ortskern – den die Hirschlander offenbar als Sinnbild für den Kern ihrer Existenz betrachten. „Wir wollen nicht, dass die Fläche oberausgemostet wird“, sagt Radtke: Eine massive Verdichtung wollen die Hirschlander vermeiden – wohl wissend, dass die Schaffung von Wohnraum auch in Hirschlanden dringend notwendig ist. Dieses Ziel wäre ohne Bebauungsplan schneller zu erreichen – aber eben auch mit Einschränkungen verbunden. Die Gestaltungshoheit wollten sich die Hirschlander mehrheitlich nicht nehmen lassen. Sie wollen wissen, wie sich ihr Ort verändert, der sein Gesicht laut dem Stadtarchivar Florian Hoffmann wie kein anderer Ditzinger Ortsteil zwischen dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der kommunalen Eigenständigkeit Anfang der 1970er Jahre veränderte.

Das Gebiet liegt südlich der Heimerdinger Straße. Es wird im Westen begrenzt von der Lindenstraße, im Süden von der Blumenstraße, im Osten von der Raiffeisenstraße. Mit den baurechtlichen Vorgaben für künftige Bauherrn sollen zudem die Parkplatzflächen geordnet werden. Außerdem soll laut der Verwaltung sichergestellt werden, dass das Areal bepflanzt wird und genügend Freiraum bietet, der zum Verweilen einlädt.