Der Pfeil auf dem blauen Schild weist geradeaus. Doch nicht jeder hält sich Foto: Martin Stollberg

Vier Unfälle mit Stadtbahnen haben sich 2012 bisher im Westen ereignet, zwei davon mit tödlichem Ausgang. Der Bezirksvorsteher wünscht sich eine schärfere Überwachung.

S-West - Kurz vor Ostern hat sich auf der Strecke der Stadtbahnlinien U 2/U 9 der zweite Unfall mit tödlichem Ausgang in diesem Jahr ereignet. Am Mittwoch, 4. April, überquerte eine 30-jährige Frau offenbar bei roter Ampel die Schlossstraße auf Höhe der Silberburgstraße. Trotz einer Notbremsung geriet die Frau unter die Stadtbahn. Sie erlag drei Tage später ihren schweren Verletzungen. Bereits am 14. Februar war eine 26-Jährige beim Überqueren der Gleise an der Haltestelle Vogelsang von der nahenden U 2 erfasst und dabei so schwer verletzt worden, dass sie im Krankenhaus verstarb.

Nur einen Tag später, am 15. Februar, passierte ein weiterer Unfall. Dieses Mal rammte eine Bahn der Linie U 9 an der Bebelstraße den Wagen eines 62-Jährigen, der unerlaubterweise über die Schienen in die Claudiusstraße abbiegen wollte. Der Fahrer erlitt schwere Verletzungen. Am 20. März schließlich verletzte sich ein 35-Jähriger an der Schlossstraße ebenfalls schwer, als sein Auto beim widerrechtlichen Abkürzen über die Schienen mit einer Bahn kollidierte. Vier Unfälle mit Stadtbahnen mit ganz unterschiedlichen Ursachen, die aber alle in kürzester Zeit an derselben Strecke passiert sind. Während die Polizei und die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) von einer zufälligen Häufung sprechen, rät der Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle zu verstärkten Kontrollen.

„Eine unglückliche Häufung“

„In den letzten Monaten hatten wir hier eine unglückliche, aber nicht durch die Örtlichkeiten bedingte Häufung“, sagt Jörg Kurowski, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Auf der Strecke zwischen Schlossstraße und Herderplatz komme es zwar immer wieder zu Unfällen, aber nicht zu überdurchschnittlich vielen. Rund 80 Stadtbahnunfälle habe es 2011 in Stuttgart gegeben, fünf davon im Westen. Davon war bei einem ein Fußgänger beteiligt.

Auch wenn die Zahl der Unfälle nicht außer der Norm liege, sei die Strecke im Hinblick auf Kollisionen von Autos mit Stadtbahnen gefährlicher als andere. „Es gibt für Autofahrer verhältnismäßig viele Stellen, an denen sie die Schienen queren dürfen“, sagt Kurowski. „Dadurch steigt die Gefahr eines Unfalls.“ Zwar seien die legalen Überquerungsmöglichkeiten gut ausgeschildert, doch bei beiden Unfällen mit Autos in diesem Jahr sei das Kreuzen an den jeweiligen Stellen explizit verboten gewesen.

Dass dieses Verbot aber längst nicht jeden Autofahrer hindert, weiß Reinhard Möhrle: „Von meinem Büro aus sehe ich direkt auf die Kreuzung Schloss-, Bismarck- und Senefelderstraße, und da biegt alle Viertelstunde ein Auto links über die Schienen ab, obwohl es nicht erlaubt ist.“ Um legal zu wenden, müssten die Autofahrer zwei Blöcke weiter fahren – Zeit, die sich wohl viele sparen möchten. „Man muss den Leuten klar machen, dass sie bei solchen Manövern mit ihrem Leben spielen“, sagt Möhrle. „Vielleicht muss man diese Stellen mehr überwachen, zum Beispiel mit gezielten Aktionen.“ Bei manchen Menschen helfe nur eine empfindliche Strafe.

Schwerpunktkontrollen schwer leistbar

Bei der Polizei ist der Kontrollbedarf bekannt. „Immer wenn neue Kollegen ans zuständige Revier in der Gutenbergstraße kommen, klärt sie der Revierleiter über diese besondere Problematik auf und weist sie darauf hin, dass sie bei Streifen besonders darauf achten sollen“, sagt Kurowski. Schwerpunktkontrollen seien nur schwer leistbar und dennoch wurden 2011 zahlreiche Verwarnungen ausgesprochen.

Die SSB indes sieht keinen Handlungsbedarf, sagt Hans-Joachim Knupfer, Mitarbeiter der Pressestelle. Bei den jüngsten Vorfällen handele es sich lediglich um eine statistische Häufung. „Es kommt immer darauf an, ob sich die Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten“, sagt Knupfer. „Unsere Einrichtungen werden von der Verkehrssicherung immer wieder begutachtet und für ausreichend befunden.“ Auch eine andere Sicherung der Fußgängerübergänge sei für die SSB zurzeit kein Thema.

„Oft werden Schranken vorgeschlagen“, berichtet Joachim Knupfer. „Aber das ist im Stuttgarter Stadtbahnbetrieb nicht möglich, deshalb setzen wir auf die Warnzeichen.“ Ob eine Schranke überhaupt hilfreich wäre, bezweifelt er. „Die Passanten würden wohl darübersteigen oder um sie herumlaufen.“