Gerberviertel-Quartiersmanager Hannes Wolf holt das abgesägte Platzschild bei der Abfallwirtschaft ab. Foto: Haar

Die Geschichte um die unerlaubte Platztaufe im Gerberviertel steuert auf ein Happy End zu. Zuletzt hatte die Stadtverwaltung ein Schild mit dem Namen „Gerberpätzle“ ohne Diskussion abgesägt.

Stuttgart - Noch nicht ganz, aber fast lag das Corpus Delicti auf dem Müll. Nachdem Mitarbeiter der Abfallwirtschaft (AWS) das Platzschild „Gerberplätzle“ samt Stange ohne Rückfrage abgeflext hatten, fand sich das Schild bei der AWS-Abteilung Verkehrsbeschilderung in der Heinrich-Baumann-Straße 4 wieder. Dorthin radelte Quartiersmanager Hannes Wolf am Montagmorgen. Ein freundlicher Pförtner übergab Wolf das Schild. Über die näheren Auskünfte konnte der Mann keine Angaben machen.

Dabei sind die Bürger im Gerberviertel, wo man in einer gut gemeinten Aktion das bisherige Niemandsland zwischen Sophien- und Christophstraße „Gerberplätzle“ taufte und ein Schild installierte, brennend an Informationen interessiert. Keiner kann so recht nachvollziehen, warum die Stadtverwaltung das Schild ohne Rücksprache abgesägt hat. Auch Bezirksvosteherin Veronika Kienzle ist erstaunt: „Im Zweifel hätte man mich befragen können.“

Rechtswidriger Akt der Bürger

So aber wertete die Stadt die Platztaufe als einen willkürlichen und rechtswidrigen Akt der Bürgerschaft und schritt ein. „Der Abbau des Straßenschilds war nötig, da es auf einen Platznamen verwiesen hat („Gerberplätzle“), der nicht im Stuttgarter Stadtplan vergeben ist“, sagt eine Sprecherin der Stadt, „die Stadtverwaltung konnte somit eine ordnungsgemäße Orientierung der Verkehrsteilnehmer nicht mehr gewährleisten. Würde es beispielsweise zu einem Unfall am Gerberplätzle kommen, würden Rettungskräfte den Weg dorthin nicht finden, da dieser weder im Stadtplan noch bei Google Maps verzeichnet ist. Das Haupt- und Personalamt, das für die Straßenbenennungen zuständig ist, hat deshalb die AWS beauftragt, das Straßenschild zu entfernen.“

Wo möglich hat die Stadt dabei selbst ihr Eigentum zerstört. Denn die Stange, an der das Platzschild angeschraubt war, stand bereits lange vor der Platztaufe. Der Verein hatte das Stadteigentum nur genutzt. Wer ist nun für diesen Schaden verantwortlich? Das Hauptamt als Auftraggeber? Oder die Abfallwirtschaft? Auch hier nennt die Stadt Gründe: „Die Mitarbeiter mussten den kompletten Pfosten entfernen, da das Schild mit sogenannten Schlossschrauben am Pfosten befestigt war, die ohne Beschädigung des Schilds nicht gelöst werden konnten.“ Um das Schild nicht zu beschädigen, habe es deshalb mit dem Pfosten demontiert werden müssen. Der in den Bodenbelag eingelassene Pfosten sei dann kurz über dem Bodenbereich abgesägt und im Anschluss das Loch mit Splitt gestopft worden. Weiter sagt die Sprecherin: „Eine Beschädigung von Stadteigentum, liegt nicht vor. Der Pfosten wurde für die Verkehrssicherheit der Bürgerinnen und Bürger ordnungsgemäß entfernt.“

Gerberviertelverein kämpft weiter

Ungeachtet dessen kämpfen Hannes Wolf und seine Mitstreiter weiter: „Wir wollen, dass dieser Platz im Viertel einen Namen trägt. Gerberplätzle wäre zwar schön, aber wenn es ein anderer Namen wird auch gut.“ Bezirksvorsteherin Mitte und der Bezirksbeirat haben dazu bereits politische Unterstützung zugesagt. Wenngleich Veronika Kienzle bei der Namensgebung eine andere Lösung favorisiert. Sie würde gerne einem verdienten Stuttgarter dadurch die Ehre erwiesen.

Diese Wünsche des Bezirksbeirates und des Gerberviertelvereins stoßen bei der Stadt nicht auf taube Ohren: „Die Stadtverwaltung wird prüfen, ob das Gerberplätzle einen offiziellen Namen bekommen kann – den im Volksmund gängigen oder einen anderen - und das Thema anschließend zeitnah mit allen notwendigen Informationen in den Bezirksbeirat einbringen.“

Zudem stellt die Stadtverwaltung fest: „Es gibt im Stadtgebiet übrigens einige Verkehrsflächen, die einen inoffiziellen Namen haben und Anwohner gerne offiziell benennen würden. In vielen Fällen ist dies allerdings nicht möglich, wie z.B. am sogenannten Mozartplätzle. Dort müssten beispielsweise zu viele Adressen kostenintensiv umgeändert werden.“