Benjamin Rindt, Asli Kaymaz und Maraike Cordes haben zusammen das Start-up On Track gegründet. Foto: privat

Asli Kaymaz und Maraike Cordes wollen mit der App „onTrack“ ein digitales Musikmuseum erschaffen. Die erste musikalische Stadtführung gibt es in Kürze in Stuttgart.

Stuttgart - Maraike Cordes (25) war in Berlin unterwegs und auf der Suche nach Musik, die zur deutschen Hauptstadt gehört. „Sound of the City“ nennt sie das. Fündig sei sie damals nicht geworden. Das hat ihr beim Flanieren durch Berlin aber sehr gefehlt. Drei Jahre später lernte sie im Studium an der Popakademie in Mannheim Asli Kaymazkennen. „Ich kam damals gerade aus New York wieder und konnte das so gut nachvollziehen“, erzählt die 26-Jährige beim Stuttgarter-Zeitung-Kongress „Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt“. Auch sie habe sich vorgestellt, wie es wäre, die passende Musik zu New York zu haben.

Die Stadtführungen verbinden Musik und lokale Kultur

Wie taucht man auf Reisen wirklich ins Stadtleben und in die lokale Musikszene ein? Wie löst man dieses Reisedilemma? Für die beiden Musikliebhaberinnen war schnell klar: Was sie sich wünschen, gibt es bisher nicht, und deshalb müssen sie selbst etwas gegen diesen Mangel tun. Sehenswürdigkeiten allein haben oft wenig mit dem lebendigen Stadtbild zu tun, so kam es den beiden Studentinnen vor. Wie wäre es, wenn man beim Reisen nicht nur an der Oberfläche kratzen würde, sondern wirklich eintauchen könnte in eine andere Kultur? Da gehören für die beiden ganz klar Musik und lokale Kultur dazu.

Ihr Start-up On Track, das sie gemeinsam mit Benjamin Rindt gegründet haben, soll nun diese Lücke schließen. Dafür haben sie in den letzten Monaten eine App für musikalische Stadtführungen entwickelt. „On Track verbindet urbane Umgebung mit Musik und ermöglicht den Zugang zur lokalen Kultur“, sagt Kaymaz. Für ihre Idee sind die drei Musikliebhaber bereits mit dem „BW Goes Mobile Ideenwettbewerb“ der MFG Baden-Württemberg ausgezeichnet worden und haben 10 000 Euro Preisgeld erhalten.

Der Traum ist: ein weltweites, digitales Musikmuseum

„Mit unserer App wollen wir Reisen zum Musikabenteuer machen. Reisende gehen auf musikalische Entdeckungstour, lernen dabei vielleicht sogar lokale Künstler kennen“, sagt Maraike Cordes, Masterstudentin für Musik- und Kreativindustrie an der Popakademie.

Ihre Ziele sind groß: „Wir träumen von einem weltweiten, digitalen Musikmuseum“, ergänzt Kaymaz. Starten wollen sie aber im ersten Schritt erst einmal in einer Stadt. Als Pilotprojekt haben sie sich Stuttgart ausgesucht. Das Programm für die schwäbische Landeshauptstadt haben sie bereits mit befreundeten Journalisten entwickelt. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 soll die kuratierte Stadtführung in der App verfügbar sein. Welche Musik sie mit Stuttgart verbinden? „Ganz klar Hip-Hop“, sagt Kaymaz. Doch der Spaziergang durch Stuttgart soll natürlich mehr Genres bieten.

Eine „perfekte Werbung“ für jede Stadt

Mit ihrer App wollen sie aber nicht nur unterhalten, sondern auch Hintergründe zu einer Stadt liefern. „Es klingt nach Entertainment, aber es ist mehr Infotainment“, betont Kaymaz. In Stuttgart hätten zum Beispiel in den letzten Jahren immer mehr Clubs schließen müssen – „Clubsterben“ als Begriff gefällt Kaymaz nicht so gut –, und so sei auch ein Stück Identität der Stadt verloren gegangen. Solche historischen Hintergründe wollen sie ebenfalls in ihrer App mitliefern oder auch vergessene Stadtteile wieder aufleben lassen. „Im Prinzip sind wir die perfekte Werbeplattform für eine Stadt“, sagt Asli Kaymaz und lacht.

Kaymaz ist 2012 für ein Medienwirtschaftsstudium nach Stuttgart gezogen. Bevor sie ihren Bachelor an der Hochschule der Medien jedoch beenden konnte, verschlug es sie für über ein Jahr zur Plattenfirma Universal Music nach Berlin und von da aus zurück, direkt in eine Anstellung bei der Stuttgarter Booking- und Konzertagentur Chimperator Live.

Schon immer war Musik – wie auch bei Cordes – ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, 2017 kündigte sie und begann ein Masterstudium im Bereich Creative Industries, um das Ziel zu verfolgen, den Wert von Musik in ein neues Licht zu rücken. Dort lernte sie dann Cordes kennen. Mit dem Musictech-Start-up On Track möchten sie ein neues Bewusstsein für die Wechselwirkung zwischen gelebter Kultur und Stadtentwicklung entwickeln.