Am Nachmittag waren nur noch wenige Besucher in der Staatsgalerie unterwegs. Deshalb schließt das Museum jetzt bereits um 17 Uhr. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Staatsgalerie Stuttgart will man am frühen Abend nur noch für angemeldete Gruppen und Firmen öffnen. Damit schwimmt man gegen den Strom.

Stuttgart - Gerade sonntags sind derzeit immer wieder Besucher der Staatsgalerie Stuttgart überrascht, dass sie schon um zwanzig vor fünf zum Gehen aufgefordert werden. Denn seit Januar hat das Museum neue Öffnungszeiten. Fortan ist nicht mehr bis 18 Uhr geöffnet, sondern schon um 17 Uhr Feierabend – auch am Sonntag. Am Donnerstagabend ist weiterhin bis 20 Uhr geöffnet.

„Wir bieten eine größere Flexibilität an“, sagt Beate Wolf, die das Marketing leitet. Man schließe zwar eine Stunde früher, trotzdem könne man die Staatsgalerie weiterhin am späten Nachmittag besuchen – allerdings nur noch nach Voranmeldung. Gruppen können die Zeit zwischen 17 und 19 Uhr exklusiv buchen – und haben das Museum dann ganz für sich allein. Mit diesem neuen Angebot will man sich vor allem an Unternehmen richten. „Wir haben viele Partnerschaften zu Firmen aufgebaut“, sagt Beate Wolf, „dabei haben wir festgestellt, dass wir damit Berufstätige viel besser erreichen können.“

26 Aufsichten sind im Einsatz

Grund für die Änderung sind die schlechten Besucherzahlen. Im vergangenen Jahr seien am späten Nachmittag im Durchschnitt nur noch sechs, sieben Besucher im Museum gewesen, so Wolf. Eine Besucherbefragung habe zudem ergeben, dass die Menschen zunehmend an Aktivitäten in der Gruppe interessiert seien. „Der Aspekt, mit Freunden und Bekannten einen Besuch abzustatten, hat zugenommen“, sagt Wolf. Deshalb können Gruppen sich nun für die Zeitfenster von 9   bis 10 Uhr und von 17 bis 19 Uhr anmelden. Das erleichtere die Organisation, sagt Wolf, denn bei den Sonderöffnungen genügt eine Begleitperson pro Gruppe, während bei regulärer Öffnung 26 Aufsichten nötig seien.

Auch in früheren Jahren war die Staatsgalerie nur bis 17 Uhr geöffnet, die Öffnungszeiten wurden erst Ende der neunziger Jahre auf Empfehlung des Unternehmensberaters McKinsey ausgeweitet. Andere staatliche Museen im Land schließen ebenfalls schon um 17 Uhr – etwa die Landesmuseen in Stuttgart und Karlsruhe.

Das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart hat vor einigen Jahren überlegt, die Zeiten auszuweiten, das aber „aus rein rechnerischen Gründen wieder verworfen“, wie die Sprecherin Heike Scholz sagt. „Wenn wir keine Sonderausstellungen haben, benötigen wir keine Abendöffnungen, da das Besucheraufkommen gegen Abend hin verstärkt abnimmt.“ In den großen deutschen Kunstmuseen ist dagegen fast durchgängig 18 Uhr üblich – sei es an den Kunsthallen Karlsruhe, Hamburg und Düsseldorf oder am Museum Ludwig in Köln. „Wir gehen durchaus offensiv in die Abendstunden“, sagt auch Tanja Binder von der Kunsthalle Mannheim. Man wolle möglichst vielen Menschen die Chance geben, das Haus zu besuchen. „Eine Kürzung der Öffnungszeiten ziehen wir aktuell nicht in Betracht“, sagt Binder, „ im Gegenteil.“

Andere Häuser gehen offensiv in die Abendstunden

Auch im Städel-Museum Frankfurt lautet die Devise: Je mehr, desto besser, weshalb man sogar an zwei Abenden bis 21 Uhr geöffnet hat. Ziel sei es, „einem breiten Publikum einen flexiblen Zugang zu bieten“, sagt die Städel-Sprecherin Franziska von Plocki. Um die Berufstätigen zu erreichen sei es wichtig, länger geöffnet zu haben. Das hat sich bewährt, „die Leute kommen auch gern nach 18 Uhr.“

Diese Erfahrung macht man auch im Kunstmuseum Stuttgart. Anders als in der Staatsgalerie werden im Kunstmuseum am Schlossplatz die Zeiten bis zur Schließung um 18 Uhr gut ausgeschöpft. „Gerade zum Spätnachmittag“, sagt die Pressesprecherin Isabel Kucher, „füllt sich das Haus mit jungen Berufstätigen.“

Seit Einführung der neuen Öffnungszeiten Anfang Januar hat die Staatsgalerie Stuttgart fünf Rückmeldungen von Museumsbesuchern erhalten. Ein Jahr lang will man nun testen, ob sich das neue Konzept bewährt und die exklusiven Öffnungszeiten für Gruppen tatsächlich auch genutzt werden. „Wird es nicht angenommen“, sagt Beate Wolf, „streichen wir dieses Angebot wieder.“