EU-Währungskommissar Pierre Moscovici redet Italien ins Gewissen. Foto: AFP

Die EU-Kommission fordert erstmals überhaupt ein Mitgliedsland dazu auf, einen neuen Plan vorzulegen. Italiens Regierung hat dafür nun drei Wochen Zeit.

Brüssel - Die EU-Kommission hat den Plan der italienischen Regierung für den Staatshaushalt 2019 zurückgewiesen und die Regierung aufgefordert, binnen drei Wochen einen korrigierten Haushaltsplan einzureichen. Dieser Vorgang ist beispiellos. Bislang hat die Kommission noch nie einen vorläufigen Haushaltsplan eines Mitgliedslandes zurückgewiesen.

Der Grund ist, dass die italienische Regierung die Neuverschuldung massiv ausweiten will. Die Vorgängerregierung hatte sich gegenüber der EU noch verpflichtet, die Neuverschuldung unter dem Wert von 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes zu halten. Die von Rechts- und Linkspopulisten gemeinsam gebildete neue Regierung hat dann angekündigt, die Neuverschuldung bis auf den Wert von 2,4 Prozent auszuweiten.

Blauer Brief der Kommission

Zunächst hatte die EU-Kommission der italienischen Regierung einen blauen Brief geschrieben. In der Antwort, die am Montag bei der Kommission einging, machte Finanzminister Giovanni Tria deutlich, dass Rom nicht bereit sei, die Pläne zu ändern.

Kommissionsvize Valdis Dombrovskis sieht dies als eine Kampfansage an: Die italienische Regierung gehe „offen und bewusst“ auf Konfrontationskurs mit dem europäischen Regelwerk. „Die Regeln sind aber für alle da.“ Es sei eine Versuchung, das Schuldenproblem damit zu lösen, neue Schulden aufzunehmen. „Aber am Ende steht man ohne Freiheit da“, warnte Dombrovskis. Er wies darauf hin, dass der italienische Staat den zweithöchsten Schuldenstand aller EU-Staaten und einen der höchsten in der ganzen Welt aufgehäuft habe. Italiens Schuldenberg entspricht 131 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Die EU peilt hier für jeden Mitgliedstaat einen Wert von 60 Prozent an. Die Handlungsfreiheit der italienischen Politik sei bereits eingeschränkt: „2017 musste die Regierung in Rom für den Schuldendienst genauso viel Geld ausgeben wie ihr für Bildung zur Verfügung stand“, so Dombrovskis Ein hoch verschuldetes Land sei verwundbarer bei künftigen Krisen. Es schade den eigenen Bürgern. Unternehmen müssten höhere Zinsen zahlen für Investitionskredite, junge Familien falle es schwerer, Wohneigentum zu schaffen.

Wachstum schwächelt

Währungskommissar Pierre Moscovici erklärte, dass jetzt die italienische Regierung am Zug sei: „Der Ball berührt nicht so eben die Mittellinie, er ist weit jenseits der Linie.“ Die italienische Regierung habe drei Wochen Zeit für die nächste Etappe. Rom muss einen Haushaltsentwurf vorlegen, der den Abmachungen entspricht. Moscovici wies darauf hin, dass die Kommission am 8. November ihre Wirtschaftsprognose für die EU-Mitgliedsländer veröffentlichen werde. Dabei werde man sehen, so der Kommissar, ob die Wachstumserwartung für 2019 nahe bei der optimistischen Annahme liegt, von der die italienische Regierung ausgehe. Rom argumentiert, dass die Wirtschaft 2019 um 1,6 Prozent wachse und der Aufschwung somit hohe Steuerzahlungen in die italienischen Kassen spüle. Beobachter gehen eher davon aus, dass das Wachstum 2019 bei knapp einem Prozent liegt und sich damit die italienischen Haushaltssorgen vergrößern.