Blickt mit Neugierde nach vorn: Schulamtsleiterin Ulrike Brittinger Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ulrike Brittinger verlässt nach 13 Jahren das Staatliche Schulamt. Hinter ihr liegen Jahre voller Einsatz für Schüler und Lehrer – und gelegentlichen Konflikten mit dem Ministerium.

Stuttgart - Unprätentiös wie immer erzählt Ulrike Brittinger aus ihrem Leben. Von Anfang an hätten ihr die Lehre und das Wissen am Herzen gelegen. „Schule habe ich immer als Schatzkiste erlebt.“ Noch heute erinnere sie sich ans Lesenlernen, „wie sich aus Buchstaben ein Wortbild geformt hat“. Als Kind war sie treue Kundin der Stadtbibliothek und wollte sein wie ihre Lehrerin – zuletzt wurde sie Chefin des Staatlichen Schulamts und damit Entwicklerin der Stuttgarter Grund-, Gemeinschafts-, Haupt-, Werkreal- und Realschulen.

Die zierliche Frau, die in der kommenden Woche 63 Jahre alt wird, hat 1975 Abitur in Reutlingen gemacht, studierte dort Deutsch und Biologie an der pädagogischen Hochschule und arbeitete rund neun Jahre lang an der Realschule in Korntal-Münchingen. „Mir selbst ist der Übergang ins Gymnasium richtig schwergefallen, vor allem in Mathe und Englisch.“ Doch trotz diverser Misserfolge habe sie Lehrerinnen und Lehrer gehabt, „die mir Mut gemacht und mich für Fortschritte gelobt haben, wenn anstatt einer 5 eine 3-4 unter der Arbeit stand. Eine solche Lehrerin wollte ich werden.“

Von Gleichberechtigung noch keine Rede

Eine gymnasiale Bildung war zu ihrer Zeit nicht die Regel für Kinder aus Nichtakademikerfamilien, „vier Kinder von 40 waren es in meiner Klasse“. Auch später blieb Ulrike Brittinger beharrlich. Nach fast neun Jahren Realschuldienst wechselte sie als Referentin ins Kultusministerium und kämpfte bis 2002 ehrenamtlich für Gleichberechtigung bei Stellenbesetzungen und um die Akzeptanz von Familienarbeit. „Ohne die damalige Kultusministerin Annette Schavan wäre ich nicht in Leitungsfunktion gekommen“, betont Brittinger.

Denn von Gleichberechtigung wollten die Seilschaften der männlichen Ministerialen nichts hören. „1991 wurden alle 30 Staatlichen Schulämter von Männern geleitet, es gab keine einzige Abteilungsleiterin, und es war nicht möglich, als Referentin Teilzeit zu arbeiten.“ Brittinger selbst hat keine Kinder und war daher nicht auf verkürzte Arbeitszeiten angewiesen, aber sie begleitete die Einführung der zwei ersten Teilzeitarbeitsplätze für Frauen im Ministerium und die Einführung der Telearbeit. Im März 2002 wird sie selbst kommissarische stellvertretende Referatsleiterin, im November 2002 überträgt man ihr die Leitung des Staatlichen Schulamts Freiburg, im Januar 2005, nach der Verwaltungsreform, die Leitung des Staatlichen Schulamts Stuttgart. Seitdem vertritt sie ihr Amt im Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats.

Grundschulen brauchen mehr Ressourcen

Dass sie mit Kultusministerium und städtischen Ämtern eng zusammenarbeiten konnte, habe ihr geholfen, ihre Aufgabe zu bewältigen. „So konnte ich den Stadträten in den Sitzungen konkrete Antworten geben.“ Nur einmal, als das Schulgesetz in der Praxis Probleme schuf und nachgebessert werden musste, hat sie im Schulbeirat Kritik geübt – und sich bei ihrem Arbeitgeber prompt Ärger eingehandelt.

Sie ist in der Sache hart geblieben, die damalige Schulbürgermeisterin und der Gemeinderat auch. Grund dafür, dass Stuttgart viel erreicht habe bei Ganztagsschulen. Eines habe man allerdings verschlafen: die Sanierung der Schulen, deren Zustand nun mit der Schulentwicklung kollidiere. Und Ulrike Brittinger warnt davor, dass ein solches Versäumnis sich an den Grundschulen wiederholen könnte: „Auf den Anfang kommt’s an, dort brauchen wir mehr Ressourcen, die sich am Standort und an der Sozialstruktur der Schüler bemessen sollten.“

Aber das ist vom 31. Januar an nicht mehr ihr Thema. „Die Arbeit, die Termine und Veranstaltungen am Abend habe ich immer als positiven Stress empfunden, aber mein Körper zeigt mir nun Grenzen auf.“ Gern hätte sie noch ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger eingelernt, doch darüber ist noch nicht entschieden. „Womit ich mich anschließend beschäftige, lasse ich offen.“