Das gekündigte Führungsduo der Staatlichen Schule für Ballett und Artistik Berlin: Gregor Seyffert (links), ehemaliger Künstlerischer Leiter, und Ralf Stabel, ehemaliger Geschäftsführender Leiter. Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Kündigung ist unwirksam. Trotzdem darf der ehemalige Leiter der Staatlichen Ballettschule Berlin nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Das hat jetzt das Arbeitsgericht entschieden.

Berlin - Die erste Kündigung des Leiters der Staatlichen Ballettschule und Schule für Artistik Berlin ist unwirksam. Wie das Arbeitsgericht Berlin am Mittwoch mitteilte, habe das Land bei der Kündigung vom 3. Juni 2020 nicht ausreichend dargelegt, welche Vorwürfe Ralf Stabel konkret zur Last gelegt würden. Außerdem sei die Kündigung nicht fristgemäß erfolgt. Zur Begründung einer Kündigung müssten konkrete persönliche Verfehlungen dargelegt werden. Der Hinweis auf ein Gesamtklima und auf Missstände an der Schule reichten dafür nicht aus, erklärte das Gericht.

Gleichzeitig wies das Gericht eine Klage Ralf Stabels auf Beschäftigung zurück. Der Kläger sei nicht für das Lehramt ausgebildet, was aber für die Position zwingend notwendig sei. Stabel ist promovierter Tanzhistoriker, eine pädagogische Ausbildung hat er nicht. Obwohl bei seiner Einstellung diese Qualifikation gefehlt habe, könne das Land Berlin nicht gezwungen werden, ihn zu beschäftigen.

Ruhezeiten wurden nicht eingehalten

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In einer ersten Reaktion sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung: „Ralf Stabel wird nicht an die Schule zurückkehren. Dieses Ziel wollten wir mit der fristlosen Kündigung erreichen, und das hat das Gericht nun auch so gesehen.“ Der Richter regte einen Vergleich an.

Ralf Stabel und Greogor Seyffert, der Künstlerische Leiter der Staatlichen Ballettschule und Schule für Artistik Berlin, waren im Zuge von Untersuchungen nach zunächst anonymen Vorwürfen vom Dienst freigestellt worden. Der Vorwurf der Senatsschulverwaltung an Stabel: Er habe als Schulleiter geduldet, dass die Ruhezeiten der Schüler zwischen abendlichen Ballettaufführungen und morgendlichem Schulunterricht nicht eingehalten worden seien. In Stellungnahmen sprachen Stabel und Seyffert von „Verleumdungen, Falschbehauptungen und Anschuldigungen“, die kursierten. Inzwischen wurden die Leitungsposten neu ausgeschrieben.

Angst, Bodyshaming, Drill

Klima und Methoden an der Ballettschule sind von Experten in zwei Zwischenberichten heftig kritisiert worden. Eine Clearingstelle geht davon aus, „dass sich Kindeswohlgefährdung durch physische und psychische Misshandlung, emotionale Vernachlässigung, Vernachlässigung der Gesundheitsfürsorge sowie der Fürsorge- und Aufsichtspflicht erkennen lässt“. Auch Schüler der Artistikabteilung berichteten von überzogenem Drill, nicht eingehaltenen Sicherheitsstandards und Bodyshaming. Eine Expertenkommission hatte zuvor eine „Kultur der Angst“ an der Schule festgestellt.