Lisa Ritter ist die Ansprechpartnerin für Xenia Mauer und die anderen Gymnastinnen des Stützpunkt-Internats. Foto: Eva Herschmann

Lisa Ritter ist die neue pädagogische Leiterin im Internat des Bundesstützpunkts in Schmiden und kümmert sich um knapp ein Dutzend talentierter Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren.

Schmiden - Direkt neben der Eingangstür zum Internat des Bundesstützpunkts für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden hängt die Ausgangsregelung. „Wir halten uns ans Jugendschutzgesetz“, sagt Lisa Ritter und lächelt. Die 28-jährige Lehrerin, die am Gustav-Stresemann-Gymnasium (GSG) Sport, Französisch und Deutsch unterrichtet, ist seit Anfang September pädagogische Leiterin der Einrichtung und verantwortlich für knapp ein Dutzend begabter Gymnastinnen. Dafür hat sie nur 20 Deputatsstunden pro Woche.

Xenia Mauer, 14 Jahre, die aus Saarbrücken kommt, räumt einen Topf in den Küchenschrank. Lisa Ritter hat im Internat viele Aufgaben. Fürs Aufräumen ist sie nicht zuständig. Das machen die Mädchen selbst, doch wenn sie da ist und nichts anderes ansteht, geht sie ihnen zur Hand.

Nachdem sie beim DFB aufgehört hatte, ging sie in die Bundesliga, ins Internat des VfB Stuttgart

Als Lehrerin hat Lisa Ritter Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen. Sie kennt auch die Nachwuchsarbeit im Leistungssport. Als Studentin an der Universität Tübingen hat sie drei Jahre lang als Lehrerin die U-17-Fußballer des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) begleitet. „Ich war bei den großen Turnieren dabei, in den Trainingslagern, bei den Sichtungslehrgängen und habe die Jungs immer eine Stunde am Tag schulisch betreut“, sagt Lisa Ritter. Fußballerischer Höhepunkt war die Endrunde der U-17-Europameisterschaft im Jahr 2016 in Aserbaidschan, als die deutsche Nachwuchs-Nationalmannschaft bis ins Halbfinale kam und dann mit 1:2 gegen das Team aus Spanien verlor. Nachdem sie beim DFB aufgehört hatte, ging sie in die Bundesliga, ins Internat des VfB Stuttgart. Vergleichbar seien Fußballer und Gymnastinnen aber nicht, sagt Lisa Ritter. „Die Arbeit mit jungen Menschen ist immer ein bisschen wie eine Wundertüte.“

Als Lisa Ritter ihr Amt angetreten hat, hat sie viele Einzelgespräche mit den Internatsbewohnerinnen geführt. Eine Ersatzmutter ist Lisa Ritter aber nicht. „Die Mädchen siezen mich, auch weil ich am GSG Klassenlehrerin von Annsophie Venter bin und Emeli Erbes in Deutsch unterrichte. Aber wir haben ein Vertrauensverhältnis.“ Lisa Ritter kümmert sich auch nicht allein um die Gymnastinnen. Es gibt noch drei Betreuerinnen, von denen zwei im Haus wohnen, die für die praktischen Dinge des Alltags zuständig sind. Sie machen Frühstück, kochen nach dem Training mit den Mädchen, sind abends und an den Wochenenden da. Und sie haben mit den Bewohnerinnen die Gemeinschaftsräume weihnachtlich geschmückt. „Wir wollen, dass es den Mädchen so gut wie möglich geht und sie sich wohlfühlen“, sagt Lisa Ritter, die die Dienste organisiert und derzeit nach weiteren Betreuerinnen Ausschau hält.

Fingerspitzengefühl hat Lisa Ritter, und sportlich ist sie auch

Lisa Ritter unterschreibt als stellvertretende Erziehungsberechtigte nicht nur Klassenarbeiten und Krankmeldungen der Gymnastinnen. Sie und ihre Mitarbeiterinnen sind die ersten, die merken, wenn etwas schiefläuft, wenn etwa bei der einen oder anderen das Heimweh überhandnimmt. Lisa Ritter tauscht sich deshalb ständig mit der Stützpunktleiterin Kathrin Igel aus, mit den Trainerinnen und allen, die sonst noch um die Gymnastinnen herum sind. Dazu gehören natürlich auch die Eltern, die dem Stützpunkt ihre Kinder anvertrauen. „Für alles das braucht es Fingerspitzengefühl.“

Fingerspitzengefühl hat Lisa Ritter, und sportlich ist sie auch. Das hat sie mit den Mädchen gemein, die unter ihrer Obhut stehen. 14 Jahre lang hat die junge Frau aus Owen bei Kirchheim/Teck Ballett getanzt, im Alter von elf Jahren zudem mit dem Handballspielen angefangen, mit 18 sich ganz auf den Ballsport konzentriert. Mit der TG Nürtingen lief sie in der dritten Liga auf und wirft als Außenspielerin noch immer Tore für die zweite Formation in der Landesliga: „Handball hat mich gepackt.“ Weil sie selbst Leistungssport betrieben hat, weiß sie, welche Anstrengung und wie viel Ehrgeiz hinter dem Erfolg stecken. „Aber vor dem, was die Gymnastinnen leisten, ziehe ich den Hut“, sagt Lisa Ritter.

Xenia Mauer ist längst wieder in ihrem Zimmer verschwunden. Die anderen Mädchen sind noch im Training, und Lisa Ritter nutzt die Ruhe, um Bürokram zu erledigen.