Das Original und sein etwas höher gewachsenes Double: Der Fernsehmoderator Horst Lichter (re.) wird im Spielfilm von Schauspieler Oliver Stokowski verkörpert. Foto: ZDF/Willi Weber

Der ZDF-Film „Horst Lichter – Keine Zeit für Arschlöcher“ erzählt vom nicht immer leichten Privatleben des „Bares für Rares“-Moderators.

Stuttgart - Es ist kein Schmäh, wenn man Horst Lichter den freundlichsten Mann im deutschen Fernsehen nennt. Vermutlich kommen viele Verkäufer nicht deshalb in die Edeltrödelsendung „Bares für Rares“, weil sie ihre in Schubladen verstaubende Erbstücke in verjubelbare Scheine umwandeln wollen, sondern weil auch sie einmal von Horst Lichter das Du angeboten bekommen möchten: „Ich bin der Horst, freut mich sehr.“

Der 1962 geborene Bergmannssohn scheint der personifizierte Gegenentwurf zur enthemmten Ellbogengesellschaft, einer, der andere nicht ständig als Konkurrenz wahrnimmt. Da könnte sich leicht die Vorstellung formen, da sei einer eben immer gut aufgelegt, weil ihm noch nie Bitteres zugestoßen ist. In mehreren Büchern hat Lichter diesem Eindruck widersprochen. Seine positive Einstellung ist herben Erfahrungen abgerungen. Eines dieser Bücher ist nun rechtzeitig zum 60. Geburtstag Lichters verfilmt worden: „Keine Zeit für Arschlöcher“.

Eine Kleine-Leute-Kindheit

Hinter dem herrlich programmatischen Titel warten die Geschichte des Abschieds von der krebskranken Mutter und Erinnerungen an eine Kleine-Leute-Kindheit in der Provinz. Lichter spielt sich nicht selbst, er wird von Oliver Stokowski verkörpert. Das mag manchen Fan zunächst enttäuschen, entpuppt sich aber als weise Entscheidung.

Horst Lichters Beziehung zu seiner Mutter war eine ganz normal schwierige. Unterschiedliche Temperamente, Erfahrungshorizonte, Wertigkeiten und Krisenstrategien trafen da aufeinander. Da rieb sich viel, auch wenn die Liebe zueinander nie infrage stand. Als Margret Lichter (Barbara Nüsse) ihre Krebsdiagnose bekommt – die Ärzte halten Behandlungen für sinnlos, raten zum Restlebensgenuss –, lädt der Sohn die Mutter zur Venedigreise ein. Sie lehnt barsch ab. Das Unkraut im Hof muss weg, der alte Hasenstall auch, und danach der Tumor.

Eine Kleine-Leute-Kindheit

Das könnte voyeuristisch werden, zum gierigen Blick auf die glamourlose Seite eines Promilebens. Aber die Drehbuchautorin Edda Leesch und der Regisseur Andreas Menck haben das im Griff. „Horst Lichter – Keine Zeit für Arschlöcher“ wird vom Mut zum Kleinen geprägt, bleibt so frei von Schreckenslust wie von Lebenshilfeschwurbelei. Szene um Szene wird einer Prägung aus den Wirtschaftswunderjahren nachgespürt, einer Verhärtung jener, die Angst hatten, zwischen dem Wohlstand anderer den eigenen Absturz aus wirtschaftlichem Bedrängtsein in die Armutskatastrophe zu erleben. Auch weil Oliver Stokowski seinen Lichter kenntlich hält, aber nicht zum Doppelgänger ausbaut, verschwindet das Voyeuristische. Eine angenehme Distanz bleibt da, man möchte sagen: eine freundliche. Was könnte besser zu Horst Lichter passen?

Horst Lichter – Keine Zeit für Arschlöcher.ZDF, Samstag, 20.15. Bereits in der ZDF-Mediathek, dort gibt es auch eine Horst-Lichter-Doku.