Tim Walter zeigt sich beim Spiel gegen Hannover 96 gewohnt aktiv an der Seitenlinie. Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Der VfB Stuttgart spielt nach einer ganz schwachen ersten Hälfte noch 2:2 bei Hannover 96. Trainer Tim Walter steht damit weiter auf der Kippe. Warum und wie sehr? Das beantworten wir in unserer Spielanalyse „Fünferkette“.

Hannover - Der VfB Stuttgart ist mit einem 2:2 bei Hannover 96 in die Rückrunde der zweiten Fußball-Bundesliga gestartet. Das hört sich wenig bedrohlich an – nährte aber die ohnehin großen Zweifel an einer Zukunft mit Trainer Tim Walter beim VfB Stuttgart über die Winterpause hinaus.

Vor allem in der ersten Hälfte agierte das Team extrem schwach, am Ende gab es zwar auch für den VfB Chancen, das Spiel zu gewinnen, insgesamt ist der Punkt aber eher glücklich. Wie kam es zu dieser enttäuschenden Anfangsphase? Was war der entscheidende Faktor? Wie geht es nun weiter? Diese Fragen klären wir in unserer Spielanalyse „Fünferkette“.

Spielidee

Tim Walter, der Trainer des VfB Stuttgart, setzte auf das zuletzt erprobte System. In einer 4-1-2-2-1-Ordnung nahm er allerdings drei personelle Wechsel vor – allerdings gezwungenermaßen. In Marc Oliver Kampf kehrte der Kapitän nach seiner Rot-Sperre zurück, er ersetzte den kranken Nathaniel Phillips. Für den gesperrten Philipp Förster spielte Daniel Didavi, und weil Borna Sosa kurzfristig angeschlagen war, rückte auch Philipp Klement in die Startelf.

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Der VfB wollte so sein gewohntes Ballbesitzspiel aufziehen, die Hannoveraner aber hatten mit ihrem 3-5-2-System was dagegen. Die 96-er störten den Spielaufbau des VfB extrem früh, womit die Stuttgarter überhaupt nicht zurechtkamen. Seltsam, schließlich beklagten sie sich sonst ja immer, dass die Gegner so tief stehen.

Spielentscheidend

Für Tim Walter war nach der Partie schnell klar, was der Grund für die desolate erste Hälfte war: die vorangegangenen Diskussionen um seine persönliche Zukunft beim VfB. „Das hat die Jungs gehemmt“, sagte er. Sein Team habe „ein bisschen Blei in den Beinen“ gehabt.

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Das war die Sicht des Trainers. Objektiv betrachtet war entscheidend, dass die Stuttgarter sich aus der Hannoveraner Umklammerung in Hälfte eins nie lösen konnten – was vor allem mit schlampigen Abspiel und schlechtem Positionsspiel zu tun hatte. Klar war auch: Nach einer solchen ersten Hälfte konnte es nur noch um Schadenbegrenzung gehen. Mit dem 2:2 war Sven Mislintat, der Sportdirektor, daher auch zufrieden.

Spielentscheider

Zum Wiederanpfiff wurde er eingewechselt, zwölf Sekunden später bejubelte Nicolas Gonzalez schon seinen Treffer zum 1:1 – so schnell hat noch die ein Zweitliga-Joker getroffen. Der Argentinier brachte frischen Wind in das laue VfB-Spiel, der schwache Philipp Klement musste dafür in der Kabine bleiben.

Das war, neben einer generellen Leistungssteigerung, der Schlüssel dafür, dass der VfB immerhin einen Punkt mitnehmen konnte aus Hannover. Gonzalez‘ argentinischer Landsmann Santiago Ascacibar hätte kurz vor Schluss beinahe den Siegtreffer erzielt, traf per Kopf aus spitzem Winkel aber nur den Außenpfosten.

Wortspiel

„Wir haben nicht gegen Borussia Banana gespielt.“ Sagte Kenan Kocak, der Trainer von Hannover 96. Das Lob für den VfB sollte erklären, dass es für sein Team gegen eine Topmannschaft nicht möglich sei, 90 Minuten dominant zu sein.

Noch ernsteren Hintergrund hatten die Zitate, die auf Stuttgarter Seite fielen. „Wir haben in der Hinrunde fünf Niederlagen kassiert, heute sind wir an einer sechsten knapp vorbeigeschrammt“, sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat und betonte: „Das ist nicht die Bilanz eines Aufsteigers.“

Spielplan

Am 29. Januar (18.30 Uhr) beginnt für den VfB das Pflichtspieljahr 2020 mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Zuvor reist das Team ins Trainingslager nach Spanien. Aufregend wird es aber bereits lange davor. Zwar verabschiedeten sich die VfB-Profis teilweise direkt von Hannover aus in den Weihnachtsurlaub, die sportliche Führung aber geht ab diesem Sonntag in die Analyse der vergangenen Wochen und Monate.

„Es kommt alles auf den Tisch“, sagte Sven Mislintat. Über allem steht die Frage: Trauen die Strategen auf dem Wasen ihrem Trainer für die restlichen 16 Spiele einen deutlichen Aufwärtstrend und damit den sicheren Aufstieg zu? Nach den Leistungen und Ergebnissen seit der ersten Saisonniederlage gegen den SV Wehen Wiesbaden am neunten Spieltag sind die Zweifel daran gewachsen. Die Tendenz geht zur Trennung.