Vivekananda Chatterjee muss das Schreiben mit Handprothese erst lernen. Foto: Butschek

Behr-Mitarbeiter haben Geld gesammelt, um einem Inder eine gute Handprothese zu finanzieren.

Feuerbach - Die Buchstaben sind ungelenk, zittrig – so als hätte ein Sechsjähriger sich das erste Mal daran versucht, seinen Namen zu schreiben. Aber das macht Vivekananda Chatterjee nichts aus. Der Inder strahlt stolz und lässt den Stift aus der Hand fallen. Aus seiner neuen Hand. Die alte geriet vor gut anderthalb Jahren bei einem Arbeitsunfall in eine Presse. Vier Tonnen drückten zu – danach gab es nichts mehr, was zu retten gewesen wäre. Zwar versprach sein Arbeitgeber, sich um ihn und die Familie zu kümmern, aber das einzige, was er bezahlte, war die nötige Amputation. Dann ging die Firma pleite, einen neuen Job fand er ohne seine rechte Hand nicht mehr.

Zufällig erfuhr Jürgen Zeitner von der Feuerbacher Firma Behr auf einer Geschäftsreise von dem Schicksal Chatterjees (die Nord-Rundschau berichtete). Er beschloss zu helfen und sammelte in den vergangenen Monaten 10 000 Euro für eine Prothese. „Vieles kam von Behr-Mitarbeitern, aber auch aus meinem Bekanntenkreis gab es einige sehr großzügige Spenden“, berichtet Zeitner. Zudem hatte das Sanitätshaus Cali und Russo in Filderstadt sich bereit erklärt, nur die Materialkosten für eine Prothese zu verlangen. Nachdem die Finanzen geklärt waren, kamen die bürokratischen Hindernisse: „Wir mussten bezeugen, dass die Anpassung nicht in Indien gemacht werden kann und haben erst dann das Visum für Vivekananda bekommen“, erzählt Zeitner.

Ende Juli ist Chatterjee schließlich nach Deutschland gekommen, um seine Prothese abzuholen. Und vor allem um zu lernen, mit ihr umzugehen.

„Man muss es unbedingt wollen, dann funktioniert es“

Denn die Prothese ist ein wahres Wunderwerk. Über Sensoren nimmt sie die elektronischen Impulse des Gehirns auf und setzt sie in Bewegungen um. „Ich brauche noch viel Übung“, sagt Chatterjee. Zumal die Prothese durch den Motor und die Batterie auch ziemlich schwer ist. Trotzdem konnte er schon nach wenigen Tagen ein Glas heben oder einen Stift halten. „Man muss es unbedingt wollen, dann funktioniert es“, sagt er. Und der 45-Jährige will. Denn seitdem klar war, dass er eine solche Prothese bekommen wird, hat er wieder einen Job in der Produktionsvorbereitung einer Firma gefunden. Und er hat ein großes Ziel: „Ich will wieder Autofahren können“, sagt Chatterjee. Vielleicht wird das auch ein bisschen über die schlimmen Phantomschmerzen hinweghelfen, die ihn jede Nacht plagen. „Wenn meine Frau und mein Sohn das Gelenk massieren, dann kann ich eine Stunde schlafen. Dann werde ich wieder wach und kann nichts tun, außer Fernsehen zu schauen.“ Aber auch dieses Problem will er wieder angehen, sobald er zurück in Indien in seiner Heimatstadt Pune ist.

Bei seiner Stippvisite hat sich Vivekananda Chatterjee übrigens nicht nur den Traum von einer neuen Hand erfüllt, sondern auch noch einen anderen: „Wir waren in der Schweiz. Die wollte er unbedingt sehen“, erzählt Zeitner. Aber nicht nur von dem deutschen Nachbarland, auch von Stuttgart und der Region war Chatterjee sehr beeindruckt. Von der Infrastruktur, der sauberen Luft und der Ordnung überall. „Sogar die Felder sind ganz ordentlich angelegt“, sagt Chatterjee.