„Alle für einen“: Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Torsten Schäfer-Gümbel Foto: dpa

Nach dem Rücktritt von SPD-Chefin Nahles setzt die Partei auf den Teamgeist eines Übergangstrios. Die Union reagiert nervös auf die ungeklärte Führungsfrage beim Koalitionspartner.

Berlin - Teamgeist statt Streit. Offenheit statt Hinterzimmer. Und ein Bekenntnis zur Stabilität. Das soll die neue SPD sein, am Tag eins nach Andrea Nahles. Die drei Vizevorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel wollen nach dem Rückzug der Parteichefin gemeinsam dafür sorgen, dass die SPD doch wieder auf die Beine kommt.

In einer Krisensitzung des Parteivorstands verabschiedete sich Nahles zunächst mit einer „bewegenden Rede“, die alle Anwesenden „sehr stark berührt“ habe, berichtete Dreyer, die der scheidenden Vorsitzenden noch einmal ausdrücklich dankte. Nahles trat dann offiziell vom SPD-Vorsitz zurück und verließ das Willy-Brandt-Haus gegen 10.45 Uhr. Kurz blieb sie vor den Kameras stehen. „Machen Sie’s gut“, wünschte sie den Journalisten und stieg in ihr Auto. Weg war sie.

Die SPD will nichts überstürzen

In den folgenden Stunden beriet die verbliebene Parteiführung, wie es weitergeht mit der SPD. Das Fazit: Die SPD nimmt sich Zeit, sie will dieses Mal nichts überstürzen. Dreyer, Schwesig und Schäfer-Gümbel sollen den Übergang planen und verwalten, bis die Nahles-Nachfolge in einigen Wochen oder Monaten dauerhaft geregelt ist. Sie selbst erheben ausdrücklich keinen Anspruch auf das Amt, das in der SPD einmal als das schönste neben dem des Papstes galt.

Nach dem Chaos der vergangenen Tage bemühten sich die drei Vizevorsitzenden, die lebensbedrohlichen Wogen zu glätten, in die ihre SPD durch die Wahlschlappe und den Rücktritt von Nahles geraten ist. „Die Partei ist nicht kopflos, und sie ist auch nicht führungslos“, betonte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer bei dem ersten gemeinsamen Auftritt der Übergangstroika. „Wir haben uns die Situation nicht ausgesucht, wir sind aber bereit, Verantwortung zu übernehmen“, beteuerte Schwesig, die in Mecklenburg-Vorpommern die Regierungsgeschäfte führt.

„Die Zeit der Hinterzimmer muss vorbei sein“

„Alle für einen, einer für alle“, laute jetzt das Motto, so Schäfer-Gümbel. Der Chef der hessischen SPD dürfte damit nicht nur sich und seine beiden Mitstreiterinnen gemeint haben – sondern die gesamte Partei. Nahles hatte ihren Rücktritt mit fehlendem Rückhalt in den eigenen Reihen begründet. Viele SPD-Vertreter kritisierten daraufhin den respektlosen Ton ihr gegenüber. Als Beispiel wurde am Montag der bayerische Bundestagsabgeordnete Florian Post genannt. Nur weil es ihr Kindheitstraum gewesen sei, „Führungspositionen in der SPD zu besetzen, darf sie jetzt nicht die ganze Partei in Geiselhaft nehmen“, hatte Post Nahles zum Rücktritt gedrängt. „Was der hingelegt hat, das geht nicht“, hieß es aus der Parteiführung.

Zu der neuen Geschlossenheit soll auch das Versprechen beitragen, die Parteibasis bei der Suche nach der neuen Führung einzubeziehen. In der Krisensitzung schlug Außenminister Heiko Maas vor, erstmals eine Doppelspitze zu ernennen – und zwar per Urwahl. „Die Zeit der Hinterzimmer muss endlich vorbei sein“, forderte er. All diese Ideen sollen die Interimsvorsitzenden jetzt sammeln, Entscheidungen über das weitere Vorgehen sollen erst in drei Wochen fallen.

Schwesig weist Unionskritik zurück

Die Union reagierte nervös auf das Vorgehen des Koalitionspartners. „Ein Trio? Und wer ist jetzt der verbindliche Ansprechpartner, wer führt?“, fragte CDU-Vize Julia Klöckner offenbar in Sorge um die große Koalition. Es müsse keiner Sorgen haben, „dass die SPD nicht stark genug ist, Verantwortung für das Land zu übernehmen“, versicherte Schwesig daraufhin.