Mitte 2018 soll der neue Firmensitz fertig sein. Im daneben liegenden „Genusszentrum“ sollen eine gläserne Produktion und ein Besuchercafé entstehen Foto: Reisch GmbH

Genusswelt nennt sich das neue Produktions- und Besucherzentrum von Bosch Confiserie in Uhingen – auch andere Direktvermarkter setzen auf den Trend zum regionalen Produkt.

Uhingen - Im 106. Firmenjahr läutet die Confiserie Bosch neue Zeiten ein. Die Süßwaren-Manufaktur aus Uhingen möchte ein neues Produktionsgebäude errichten. Um den Kunden, darunter viele Busgesellschaften, ihre Wibele und Geleebärchen noch schmackhafter zu machen, plant das Unternehmen in dem Neubau eine gläserne Produktion. „Genusswelt“ heißt das neue Konzept, bei dem die Kundschaft sehen, hören und probieren darf. Der Süßwarenhersteller, der sich als landesweit größter Wibeleproduzent betrachtet, möchte damit in die Liga aufsteigen, in der sich Unternehmen tummeln wie Tress aus Münsingen und Ritter Sport aus Waldenbuch. In Uhingen erfolgt der Spatenstich an diesem Freitag.

Die Manufaktur setzt auch weiterhin auf Handarbeit

„Das wird keine klassische Industriehalle“, beschreibt Josef Kraus den 67 Meter langen und 30 Meter breiten Neubau in der Plochinger Straße. Mit einem begrünten Dach, Fotovoltaikanlagen und Flächenreserven wolle sich der Betrieb zukunftsfähig aufstellen. Und die geplante hochwertige Klinkerfassade signalisiere, dass hier aufwendige Produkte in Handarbeit gefertigt würden. Mit einem Outlet habe das rein gar nichts gemeinsam, versichert der Planer. Deshalb wolle man die Besucher auch nicht massenweise durchs Haus schleusen, sondern den individuell betreuten Gästen bei Führungen die Besonderheiten der Manufaktur zeigen.

Pralinen, Krokanteier und die berühmten Wibele kommen hier her

Als Herzstück des Betriebs gelten die Produktionsbereiche, in denen außer den bekannten Wibele aus Biskuitteig, flüssig gefüllte Pralinen, Geleekonfekt, Krokanteier und Schokofrüchte hergestellt werden. Ein anspruchsvolles Programm, nennt das der Konditormeister Jürgen Hartmann, der bei Bosch für das Qualitätsmanagement zuständig ist, denn jeder Fertigungszweig benötige seine eigene Klimazone.

„Wir wollen den Trend zum regionalen Produkt mit diesem Konzept aufgreifen“, erklärt Kraus das Geschäftsmodell, das im Kreis Göppingen von zahlreichen auch kleineren Direktvermarktern gepflegt wird. Zu den Größten unter ihnen gehört neben der WMF-Fischhalle in Geislingen, die sich in den vergangenen Jahren zu einem City Outlet gemausert hat, auch der Nahrungsergänzungs- und Naturproduktehersteller Kräuterhaus Sanct Bernhard in Bad Ditzenbach.

Regionale Anbieter investieren in Erlebnisräume

Der Traditionsbetrieb, der seit 1903 auch für Kräutertees bekannt wurde, baute seine Produktionsgebäude mit Besucherzentrum im Oberen Filstal aus, eröffnete ein Vitalhotel, später einen Cafébetrieb und vor wenigen Jahren einen 3000 Quadratmeter großen Erlebniskräutergarten samt Inhalatorium sowie eine Filiale mit Kosmetikstudio in der Göppinger Innenstadt.

Auch bei Bosch in Uhingen sollen größere und moderne Flächen mehr Kunden anziehen. In dem mehr als 100 Jahre alten Stammhaus müsse er die Gäste bisher im Büro begrüßen, so eng gehe es derzeit in der Bahnhofstraße zu, berichtet Hartmann. Im Neubau möchte sich das Unternehmen in einem Besucherzentrum mit einem Imagefilm präsentieren, und das geplante Bosch-Café soll die Gäste zum Verweilen einladen. Es werde auch einen modernen Verkaufsraum geben, und außerdem tüftle der Geschäftsführer Wolfgang Hellstern an einem Unterhaltungsprogramm für die Genusswelt, das vom Musikevent bis zum Adventsmarkt reichen werde.

Die alte Teigpresse namens Erika erhält einen Ehrenplatz

Von „Musik, Show, Entertainment“ ist auch auf einem riesigen Bauschild im Uhinger Gewerbegebiet die Rede, das die Eröffnung der Genusswelt für Mitte 2018 ankündigt. Bis dahin solle auch der komplette Maschinenpark erneuert werden. Und sogar die Erika geht in den Ruhestand. Diese alte Teigpresse, an der die bekannten Wibele nach traditionellem Rezept hergestellt werden, soll allerdings einen Ehrenplatz im neuen Verkaufsraum erhalten, versichert Hartmann.

Das kleinste Bisquitgebäck der Welt

Geschichte:
1911 eröffnete der 27-jährige Adolf Bosch senior in Uhingen eine Konditorei mit Café und Kolonialwarengeschäft. Nach seinen Wanderjahren wurde er Abteilungsleiter der Pralinenherstellung in den Schokoladenfabriken Moser-Roth in Stuttgart. Nach dem Ersten Weltkrieg spezialisierte sich Bosch auf Herstellung und Versand von Wibele, Pralinen, Mandelkrokant-Eiern und Zuckerhasen an andere Konditoreien, Süßwarenfachgeschäfte und den Feinkosthandel. Dazu kamen Exporte nach ganz Europa. Seit 2010 wird das bis dahin familiengeführte Unternehmen von dem Geschäftsführer Wolfgang Hellstern geleitet.

Wibele:
Das wohl kleinste Biskuitgebäck der Welt wurde vermutlich im Hohenlohischen erfunden. Der Firmengründer Adolf Bosch hat die Wibele jedoch während seiner Wanderjahre in der damaligen Wibele-Hochburg Schnait im Remstal herstellen gelernt und die schwäbische Spezialität nach Uhingen gebracht.