Ein wenig Bewegung kann die Lebensqualität spürbar erhöhen. Foto: dpa

Demenzkranke dürfen in die Reha, sagt das Landessozialgericht. Ein betroffenes Ehepaar hatte zuvor mehrere Instanzen bemüht.

Stuttgart - Es gibt keine Heilung. Vergesslich war die 78-Jährige wohl schon länger, 2013 attestierten ihr die Ärzte eine leichte bis mittelschwere Alzheimer-Erkrankung. 2016 empfahlen die Neurologen der Frau eine Kur, um sie körperlich und geistig zu mobilisieren. Damit könne man den Krankheitsverlauf wenn schon nicht stoppen, so doch wenigstens verlangsamen, urteilten die Ärzte. Die notwendigen Fähigkeiten dazu habe die Seniorin. Sie sei ausreichend belastbar, mobil genug und obendrein motiviert. Die Krankenkasse bat den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) um Rat – und der bügelte den Kurantrag in aller Kürze ab. Es bestehe weder eine Reha-Fähigkeit noch eine positive Reha-Prognose, so die Gutachter. Diese pauschale Ablehnung hat das Landessozialgericht in Stuttgart nun kassiert.

Die Krankenkassen könnten sich Kuren für Demenzkranke nicht einfach sparen, urteilten die Richter. Auch die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs und die körperliche sowie geistige Aktivierung seien als Reha-Ziele anzuerkennen. Die Krankenkasse muss die 5600 Euro für die vierwöchige Kur in einem Alzheimer-Therapiezentrum deshalb erstatten (AZ: L 11 KR 1154/18).

Die Ablehung war mit Spekulationen begründet

Das Paar hatte sich nämlich von der Ablehnung seiner Kasse nicht ins Bockshorn jagen lassen und Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Gegen das neuerliche Nein zogen die beiden vor das Sozialgericht Mannheim, zogen dort allerdings den Kürzeren. Die Frau und ihr Gatte kümmerten sich daraufhin auf eigene Faust um einen Reha-Platz in einem Alzheimer-Therapiezentrum, gingen in Kur und legten dann Berufung gegen das Mannheimer Urteil ein. Die Ablehnung des Kurantrags sei spekulativ und nicht ausreichend begründet, argumentierten die Kläger. Das Landessozialgericht gab ihnen nun vollinhaltlich recht: Die Kasse habe die individuellen Verhältnisse der Frau nicht genügend geprüft und sich stattdessen auf die unzureichende und spekulativ anmutende Stellungnahme des MDK gestützt. Den besten Beweis lieferte die 78-Jährige den Richtern selbst. Seit der Reha kommuniziert sie wieder mehr und ist fitter geworden: Zuletzt konnte sie mit dem Rollator wieder drei Kilometer lange Spaziergänge machen.