Die Entscheidung kam mitten in der Nacht und überraschend: Die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge dürfen nach Österreich und Deutschland ausreisen. Die österreichische Bundesbahn stellt Sonderzüge bereit.

Nickelsdorf - Eine Busflotte hat mehr als 1000 Flüchtlinge, die sich zu Fuß von Budapest Richtung Westeuropa aufgemacht hatten, am frühen Samstagmorgen auf der Autobahn aufgelesen und zur Grenze nach Österreich gebracht. Erste Flüchtlinge kamen in einer Notunterkunft in Nickelsdorf auf der österreichischen Seite der Grenze an. Deutschland und Österreich hatten sich zuvor darauf verständigt, die Menschen einreisen zu lassen.

Österreich stellte ihnen in Aussicht, Asyl zu gewähren. Doch die meisten wollen nach Deutschland weiterreisen. An der Grenze bereiteten Helfer von Wohltätigkeitsorganisationen den Menschen mit Tee sowie bereitgestellten Betten in einer Notunterkunft in Nickelsdorf einen herzlichen Empfang. Rund 2000 Flüchtlinge waren am Freitag vom Budapester Bahnhof Keleti zu dem 171 Kilometer langen Marsch zur österreichischen Grenze aufgebrochen. Sie schafften etwa 25 Kilometer, bevor die Busse sie dann aufnahmen und Richtung Österreich brachten.

"Die Ströme, die raufkommen, die reißen nicht ab"

"Ich stehe direkt an der Grenze zu Ungarn und schaue hinunter. Die Ströme, die raufkommen, die reißen derzeit nicht ab", zitierte die Nachrichtenagentur APA Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil. "Wir warten auf 17, 18 Doppelstockbusse, dass wir Leute weiterverbringen können nach Wien, vielleicht auch noch Richtung Deutschland."

Zuvor hatten die Menschen, die meisten von ihnen Syrer, Iraker und Afghanen, seit Dienstag in Budapest auf ihre Weiterreise per Zug gen Westen gewartet. Sie hatten sich geweigert, sich - wie vorgeschrieben - in Ungarn registrieren zu lassen, weil sie nicht riskieren wollten, für unbestimmte Zeit in dortige Auffanglager zu kommen.

Ungarns Regierungssprecher Zoltan Kovacs sagte, es sei eine Ausnahme gewesen, dass die ungarische Regierung Busse für die Weiterreise bereitgestellt habe. Dies sei nur der absoluten Notlage geschuldet gewesen, die sich aus der Lage um den Budapester Bahnhof mit Tausenden dort gestrandeten Flüchtlingen ergeben habe. Das Land werde weiterhin die Vorschriften der EU einhalten, wonach alle Asylsuchenden in dem Land registriert werden müssen, in dem sie erstmals EU-Boden betreten.

Weitere etwa 200 Flüchtlinge, die sich in einem Zug in Bicske nordwestlich von Budapest befanden und ebenfalls ihre Weiterreise nach Westeuropa verlangten, wurden von der Polizei schließlich in Busse gebracht und in ein Aufnahmelager gefahren. Anderen gelang es, die Polizeireihen zu durchbrechen. Ungarn sieht sich mit einem nie dagewesenen Zustrom von Flüchtlingen konfrontiert. Bereits kurze Zeit nach dem Aufbruch der rund 2000 Flüchtlinge aus dem Budapester Bahnhof kamen dort neue Schutzsuchende an, die zuvor über die südliche Grenze ins Land gelangt waren.