Seit seinem siebten Lebensjahr komponiert Ari Günzler, manchmal auch einfach nur so. Foto: privat

Die Musik für das Kindermusical „Gullivers Reisen“ stammt aus der Feder des Göppinger Lehrers. Beim diesjährigen Sommerfestival auf Schloss Filseck führen 100 Kinder das Musiktheater zweimal auf.

Göppingen - Er sei ein harmoniebedürftiger Mensch, sagt er von sich. Diese Behauptung ist wörtlich zu nehmen. Denn Ari Günzler schafft sich Harmonie(n), zumeist zu Hause auf seinem Flügel. Welche Akkorde könnten einen Riesen charakterisieren, wie sind Schneeflocken in Töne zu fassen – das sind Fragen, die seine Finger wie von selbst auf der Klaviatur zu beantworten scheinen. „Bei mir denken die Finger oft mit“, sagt der Göppinger Lehrer, der auch als Komponist tätig ist. Zum zweiten Mal hat er für das Sommerfestival auf Schloss Filseck die Musik eines Kindermusicals geschrieben: „Gullivers Reisen“ nach dem Abenteuerroman von Jonathan Swift steht diesmal auf dem Programm.

Im Musiksaal der Schiller-Realschule steht die Luft, es ist glockentaghell, und Ari Günzler entlockt dem Flügel aus dem Stegreif eine hochdramatische Melodie, die so gar nicht zu dieser hochsommerlichen Atmosphäre passen will. Die aufgewühlten Klangkaskaden überzeugen. Es scheint, als verfinstere sich der Himmel und türmten sich Wolken am Firmament. Dem 60-Jährigen ist wohl bewusst, dass diese Demonstration ihre Wirkung nicht verfehlt und grinst. Klar, dass er so auch seine Schüler kriegt – und die vielen Göppinger Kinder, die den Gulliver am 24. Juli aufführen.

Fußballkarriere Ade

Seit seinem siebten Lebensjahr komponiert Ari Günzler. Zu verdanken ist das seiner Großmutter, die zum 95. Geburtstag einer Urgroßtante von ihm ein paar Verse geschrieben hatte und wünschte, dass der Enkel sie vertone. Dem hat das Spaß gemacht. Dass er aber tatsächlich die Musik einer Fußballkarriere vorzog, dazu bedurfte es ein paar Jahre später noch einmal eines großmütterlichen Stupses: Beim Fußball, konstatierte die Oma resolut, „hauen sie dir bloß auf die Knochen“. Ganz aus den Augen hat Ari Günzler den Sport trotzdem nicht verloren. Er ist Musik- und Sportlehrer, eine seltene Kombination. „Das Studium dieser Fächerverbindung war nur mit einer Sondergenehmigung des Kultusministeriums möglich“, erzählt er.

Schon bevor er für das Sommerfestival Kindermusicals komponiert hat, vertonte Ari Günzler Singspiele. Sein erstes in seiner Zeit als Leiter der Musikschule in Donzdorf. „Die Kinder waren begeistert. Sie fanden es toll, eigene Musik und ein eigenes Musical aufzuführen“, erzählt er. Der Erfolg war aber nicht nur im kleinen Kreis durchschlagend. Dank eines Sponsors konnte er mit den jungen Darstellern in ein Studio gehen und eine CD aufnehmen, die in ganz Deutschland kursierte. „Ich bekam Anrufe aus Hannover, aus Wiesbaden. Alle wollten die Noten haben.“

Es wird schon geprobt

Diese Erfahrung hat Ari Günzler noch mehr beflügelt, und als ihn Heidi Kopetzki aus Wiesbaden anrief und ihm sagte, dass sie gerade an einer Musicalfassung des Kinderbuches „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler sitze und ihn fragte, ob er die Musik dazu machen könne, hat er zugesagt. Heidi Kopetzki schickte ihm also nach und nach das Drehbuch, und er vertonte die Lieder Stück für Stück.

Bei Null musste er nicht anfangen. „So wie der Handwerker Schrauben im Werkzeugkasten hat, habe ich Noten im Schrank liegen“, sagt er. Nach der Aufführung, die sie wegen der Urheberrechte des Buches nur mit Ach und Krach machen durften bekam er wieder viele Anfragen, die er alle ablehnen musste. Nur einen konnte er nicht abwimmeln: Gerald Buß, den künstlerischen Leiter des Sommerfestivals und Dirigent des Kindermusicals. Er beschied Ari Günzler auf gut schwäbisch: „Des mached mir dohanna au.“ So war es dann auch. Es gelang, die Rechte für zwei weitere Aufführungen zu erlangen. Das Kindermusical für 2016 war gesetzt und eine Musikerfreundschaft begründet.

Das neue Kindermusical „Gullivers Reisen“ wird schon eifrig geprobt. Ari Günzler war noch nicht dabei. Aber immer wieder bekommt er einen Anruf von Gerald Buß, der hier und da noch etwas verändert wissen will. Günzler erledigt solche Aufträge schnell. Die überarbeiteten Noten landen flugs im Briefkasten von Gerald Buß, der nicht müde wird, die tolle Zusammenarbeit mit dem Komponisten zu loben. Ari Günzler wiederum ist mehr als begeistert von Gerald Buß – keine Frage, hier bahnen sich noch weitere musikalische Großtaten an.

Programm mit vielen Höhepunkten

Mit einer funkensprühende Begegnung von Tango und kubanischer Musik eröffnen die Klazz Brothers & Cuba Percussion am Samstag, 22. Juli, das Sommerfestival auf Schloss Filseck.

Das Jugendsinfonieorchester Göppingen spielt am Sonntag, 23. Juli, unter anderem Werke von Beethoven, Gounod, Brahms und Chatschaturjan. Die Leitung hat der Stadtmusikdirektor Martin Gunkel. Das Konzert ist der Auftakt einer Reise zum Provencal Festival of Youth Orchestras in Frankreich.

Jonathan Swifts Abenteuerroman „Gullivers Reisen“ stand Pate für das Kindermusical, das 100 Göppinger Kinder am Montag, 24. Juli, auf die Bühne zaubern. Geplant sind zwei Aufführungen: um 10.30 Uhr und um 19.30 Uhr.

Die österreichische Gruppe Federspiel gilt als eines der innovativsten Phänomene der europäischen Blasmusikszene. Am Dienstag, 25. Juli, sind die sieben Musiker, die österreichische Volksmusik, weltmusikalische Einflüsse und zeitgenössische Strömungen miteinander verbinden, zu Gast auf Filseck.

Im englischen Original erklingt Händels „Messiah“ am Mittwoch, 26. Juli, in der Oberhofenkirche in Göppingen. Unterstützt von vier Gesangssolisten musizieren das Kammerorchester Nota Cambiata und der Kammerchor Capella Nova unter der Leitung von Gerald Buß.

Herausragende junge Jazzmusiker aus dem Kreis Göppingen sind am Donnerstag, 27. Juli, im Schlosshof zu hören. Sandi Kuhn, André Weiß, Axel Kühn und Felix Schrack haben sich vor einem Jahr zum Jazz Circle GP zusammengeschlossen. Beim Sommerfestival spielen sie eigene Musik und ausgewählte Standards.

Zum zweiten Mal werden die Slixs auf Schloss Filseck erwartet. Am Freitag, 28. Juli, loten die sechs Stimmkünstler, die bereits mit höchsten Auszeichnungen belohnt wurden, aus, was mit Simmbändern und Kehlköpfen alles möglich ist.

Irische Musik präsentiert das Ensemble Cara am Samstag, 29. Juli. Obwohl keiner der fünf Musiker aus Irland stammt, gehört die Gruppe zu den international angesagtesten Irish-Music-Bands.

Traditionell endet das Sommerfestival mit einem Konzert des Festivalorchesters unter der Leitung von Gerald Buß und einem Feuerwerk. Am Sonntag, 30. Juli, präsentieren die Musiker Werke von Elgar, Barber und Tschaikowski. Es singt die Sopranistin Gundula Peyerl.

Mit Ausnahme des Kindermusicals beginnen alle Konzerte um 20.30 Uhr.