München stellt das dienstälteste „SOKO“-Team des ZDF – aber nun ist Schluss. V. li.: Christofer von Beau, Gerd Silberbauer, Mersiha Husagic und Joscha Kiefer. Foto: dpa/Markus Sapper

München hat alles, kann alles, zieht jeden an – glaubt der Münchner. Nun aber macht die „SOKO München“ dicht. Auch anderswo kehren TV-Polizisten der Großstadt den Rücken. Was ist da los?

München  - Für Krimifans unter den Fernsehguckern - insbesondere jene mit Herz für München - sind es harte Tage: Die letzte Folge „Schwarzach 23“ ist Ende August gelaufen. Am 21. September startet nun die finale Staffel „SOKO München“ im ZDF. Die im Ersten gezeigte Serie „München 7“ wurde vor Jahren eingestellt. „Monaco 110“ lief gerade mal zwei Staffeln lang. Und die Verfilmung der „Kommissar Pascha“-Romane blieb in den Zuschauerzahlen unter den Erwartungen und wurde nach nur zwei Teilen beendet. Verschwindet München nun also langsam aber sicher von der Krimi-Landkarte?

Ausgerechnet mit der „SOKO München“ ist Schluss, wo in der bayerischen Landeshauptstadt doch 1978 das Format überhaupt erst aus der Taufe gehoben wurde - zunächst unter dem Titel „SOKO 5113“. Sie zählt zu den am längsten laufenden Serien Deutschlands. „Die Stadt München ist und bleibt ein frequentierter Dreh-Standort für das ZDF“, beteuert eine Sprecherin. Derzeit würden in München und Umgebung unter anderem neue Folgen der Krimi-Serien „Die Chefin“ und „Der Alte“ gedreht. Auch die Reihe „München Mord“ und die Thriller-Serie „Laim“ werden dort produziert.

Rein in die Provinz

Der Bayerische Rundfunk (BR) verweist wiederum auf „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ aus München, von denen in der Regel drei beziehungsweise zwei pro Jahr in der ARD ausgestrahlt werden. Im Vorabendprogramm ermittelt nach der Wiedereinführung des Seriensendeplatzes um 18.50 Uhr Hubert mal mit, mal ohne Staller, wie der für Serien zuständige Redaktionsleiter Elmar Jaeger sagt. Zudem sei unter anderem gerade ein neues Format aus München in Arbeit. „Mehr können wir dazu momentan aber noch nicht verraten.“

Darüber hinaus sei im vergangenen Jahr „äußerst erfolgreich“ die im Berchtesgadener Land angesiedelte Serie „Watzmann ermittelt“ gestartet, von der gerade die Folgen 17 bis 28 gedreht würden, so Jaeger. Da wird ein Phänomen deutlich, das weit über Bayern hinaus zu beobachten ist: Nicht nur die Metropolen spielen bei den TV-Produzenten eine Rolle, sondern auch die Provinz. Die „SOKO“ ermittelt in Wismar und Kitzbühel. „Tatort“-Kommissare tummeln sich quer durch den Schwarzwald, Franken oder auf friesischen Inseln. Erst seit 2017 schippert die „WaPo Bodensee“ durch den Vorabend im Ersten.

Mehr Platz und mehr Berge

Die Gründe sind unterschiedlich: „Es ist unbestritten, dass das Drehen in München wie in allen anderen Großstädten teurer und komplizierter ist, da Dreharbeiten mit einer wachsenden Stadtbevölkerung, mit Baustellen und zunehmenden Veranstaltungen konkurrieren“, sagt Anja Metzger, Head of Film Commission Bayern beim Film-Fernseh-Fonds Bayern. Der Platzbedarf sei durch Corona noch größer geworden. „Gleichzeitig wachsen die Flächen in den Städten ja nicht mit. Es wird also immer enger.“ Daher sei es sicher eine Überlegung wert - wohl im wörtlichen Sinne -, wo eine Serie platziert wird.

Ein anderer Aspekt: In der Stadt ließen sich andere Geschichten erzählen als etwa am Wasser („Passau-Krimi“, soll im Oktober starten), in den Bergen (eben „Watzmann ermittelt“) oder im idyllischen Oberbayern wie bei den „Rosenheim Cops“, so Metzger. Jaeger vom BR spricht von „hohem optischem Schauwert“. Alpenpanorama sieht man von München aus eben nur mit viel Wohlwollen und bei Föhn.

Die Chemie entscheidet

„Letztlich spielt der genaue Handlungsort für die Akzeptanz einer Sendung aber nicht die zentrale Rolle, wie man immer wieder vermuten könnte: Diverse Auswertungen zeigen, dass Sendungen nicht unbedingt in demjenigen Bundesland schwerpunktmäßig gesehen werden, in dem der Ort ihrer Handlung liegt“, erläutert Gerhard Graf, der Sender und Produktionsfirmen berät. Für die Akzeptanz von Serien seien vor allem die Darsteller und die Chemie zwischen ihnen entscheidend, der Plot, die Erzählweise, auch mal ein gewisses Augenzwinkern und gerade für den Vorabend eine bestimmte Kinder- und Familientauglichkeit.

Und was sagen die echten Münchner Ermittler, dass ihr Einsatzgebiet - zumindest im Moment - ein wenig von der Bildfläche verschwindet? „Ein Rückgang der Krimiserien lässt sich möglicherweise auf die sich stetig verbessernde Sicherheitslage in Stadt und Landkreis München zurückführen“, meint Polizeisprecher Ralf Kästle - nicht bierernst. Doch immerhin: Zum 44. Mal in Folge sei München Deutschlands sicherste Millionenstadt. „Dass sich nun auch die Fernsehganoven nicht mehr zu uns trauen, ist Motivation, weiterhin unser Bestes zu geben.“