Googles digitaler Helfer Google Assistant beantwortet Fragen der Nutzer, allerdings auf noch mäßigem Niveau. Die Sprachassistenten der Zukunft sollen wesentlich natürlicher und intelligenter agieren. Foto: AP

Die Branche sucht nach neuen Absatzmöglichkeiten. Dabei setzt sie auf selbst lernende digitale Sprachassistenten. Doch Siri, Alexa, Assistant & Co stecken noch in den Kinderschuhen.

Stuttgart - Rein zahlenmäßig sieht es nicht schlecht aus auf dem deutschen Smartphone-Markt: 54 Millionen Deutsche ab 14 Jahren nutzen ein Smartphone. Damit stieg der Anteil der Nutzer im Vorjahresvergleich um vier auf insgesamt 78 Prozent. Das ergibt eine Untersuchung des European Information Technology Observatory (EITO) und dem Digitalverband Bitkom. Doch weil die meisten Deutschen bereits ein Smartphone besitzen und nicht jedes Jahr auf ein neues Modell umsteigen, war der Umsatz zuletzt leicht rückläufig. Für dieses Jahr rechnet die Internetwirtschaft mit einem Umsatz von rund zehn Milliarden Euro bei rund 25 Millionen verkauften Geräten – dabei kostet ein Smartphone zurzeit im Schnitt rund 400 Euro.

Die Branche sucht deshalb weltweit nach Wachstumsmöglichkeiten. Hoffnung macht den Herstellern der Gesundheitstrend: Computerarmbänder, Fitnessarmbänder und In-Ohr-Kopfhörer, die Vitaldaten wie Blutdruck, Puls oder gar den Sauerstoffgehalt messen und mit Smartphones gekoppelt werden, florieren. Ein Wachstumstreiber ist auch die Vernetzung von Heizungen, Rollläden, Waschmaschinen, Kühlschränken, Licht, Haushaltsgeräten und Autos, die über das Smartphone gesteuert werden. Außerdem wird immer mehr via Smartphone eingekauft, Flüge gebucht, Nachrichten verschickt und Filme gesehen.

Die Smartphone-Hersteller suchen nach neuen Geschäftsmodellen

Das Kalkül: Wenn schon der Absatz selbst nicht mehr steigt, sollen doch zumindest Zusatzgeschäfte und Serviceleistungen florieren. Auch deshalb drängen Produzenten wie Apple und Google in andere Geschäftsbereiche, um von diesen Leistungen zu profitieren. „Das Smartphone ist ein wichtiger Teil der Wertschöpfung im Internet – und wird weiter an Bedeutung gewinnen“, sagt Hannes Ametsreiter, Mitglied des Bitkom-Präsidiums.

Doch die Hersteller haben erkannt, dass die Smartphones selbst weitaus attraktiver werden müssen, um in der Käufergunst zu bestehen – jenseits von Doppelkameras, superscharfen Bildschirmen und längeren Akkulaufzeiten. Deshalb ist künstliche Intelligenz (KI), also das selbstständige Lernen von Software und Maschinen, derzeit das Megathema der Tech-Branche. Sie soll auch Smartphones radikal verändern. Die Entwickler arbeiten vor allem an Sprachassistenten, mit denen man Kontakte aufrufen, navigieren, Termine verwalten und sprechen kann. Auch in Deutschland nutzen bereits Millionen Menschen Googles Assistenten Now und Assistant, Apples Siri und Microsoft Cortanas. Am Ende soll der Smartphone-Assistent Fragen beantworten und reden wie ein Mensch, das vernetzte Hause steuern und Dienste ausführen.

Das Smartphone der Zukunft macht die Vorschläge selbst

„Sprachassistenten werden die neuen Zentren, wo sich das Smartphone-Leben abspielen wird“, sagt Annette Zimmermann, die Forschungsleiterin von Gartner Deutschland. „Der Stand der Technik ist aber noch nicht sehr weit. Erst die nächste Generation wird so etwas wie unentbehrlich. Die Hersteller nutzen die Technik, um sich zu differenzieren.“

Heute sei ein Smartphone ein Gerät, das man für eine Antwort mit Informationen füttere, sagt Richard Yu, der die Smartphone-Sparte des chinesischen IT-Konzerns Huawei verantwortet. Man arbeite an einem Smartphone, „das die Informationen auf Grundlage bisheriger Interaktionen und Big Data schon kennt“. Der Nutzer werde künftig nicht nach dem Aufstehen selbst den Verkehr checken, bevor er zur Arbeit gehen. „Das Smartphone teilt ihm automatisch mit, dass er wegen eines Staus früher losfahren muss.“

Wann die künstliche Intelligenz an Bord des Smartphones ausgefeilt ist und ob die Nutzer sie auch in ihren Alltag integrieren wollen, wie es sich die Entwickler versprechen, ist noch längst nicht ausgemacht. Eins steht allerdings jetzt schon fest: Die Hersteller von Tablets, Laptops und Desktops haben es noch schwerer, denn sie sind immer seltener gefragt als die handlicheren und mobileren Smartphones – mit oder ohne künstliche Intelligenz.