Datensammler Mark Zuckerberg steht in der Kritik. Foto: EPA

Facebook und dessen Gründer Mark Zuckerberg stehen erneut in der Kritik. Es geht um die Frage, ob der US-Wahlkampf durch den Weiterverkauf von Daten beeinflusst wurde. Viele Nutzer fragen sich jetzt, ob ihre Profile sicher sind.

Palo Alto - Wieder einmal steht Facebook wegen des Umgangs mit persönlichen Daten der Nutzer in der Kritik. Dieses Mal ist die Dimension des Skandals groß: Man hat den Nutzern die Hoheit über die eigenen Daten einfach entzogen. Damit ist Facebook nicht alleine, wie ein Beispiel von Google zeigt. Auslöser der Aufregung ist, dass Facebook den Kontakt zu Cambridge Analytica beendet hat, jenem Unternehmen, das angeblich im Rahmen des US-Wahlkampfs dank einer sehr genauen Auswertung der Persönlichkeit von Facebook-Nutzern eine extrem zielgruppengenaue Ansprache von US-Wählern erreichte.

Wie der Ex-Mitarbeiter Christopher Wylie von Cambridge Analytica nun der „New York Times“ verriet, bekam das Unternehmen die Daten unter anderem über eine App namens „This is your digital life“. Die Anwendung hatte der Forscher Aleksandr Kogan von der University of Cambridge entwickelt – unter dem Vorwand, diese für psychologische Forschung zu verwenden. Kogan extrahierte mithilfe der App nach Zustimmung der 270 000 Nutzer aus deren Facebook-Profilen Informationen über den Wohnort und deren Likes. Doch zusätzlich wurden auch die Aktivitäten der Freunde der Nutzer ausgewertet und die Daten weiterverkauft: Insgesamt hat Kogan laut „New York Times“ 50 Millionen Nutzerprofile an Cambridge Analytica verkauft, die er offiziell zu Forschungszwecken erstellt hatte.

Facebook hatte Ersterem zugestimmt, aber nicht der Weitergabe der Daten an ein kommerzielles Unternehmen. Ähnlich ging es den 270 000 App-Nutzern. Das alles verstößt gegen die Regeln und wohl teils gegen Gesetze. Aber wie Wylie gegenüber der „New York Times“ über das Unternehmens sagte: „Regeln sind ihnen egal. Für sie ist es ein Krieg – und alles ist fair.“

Leider wurde vergessen, die Nutzer zu informieren

Facebook selbst wusste wohl bereits Ende 2015 nach einem Bericht des „Guardian“ von dem Vorgehen, nachdem Wylie und einige andere Kollegen Cambridge Analytica bereits Anfang 2015 verlassen hatten. Facebook änderte seine Programmierschnittstelle, sodass es für Dritte nicht mehr so einfach war, entsprechende Daten zu extrahieren, und forderte das Unternehmen im August 2016 anwaltlich auf, die Daten zu löschen. Facebook „vergaß“ nur leider, seine Nutzer zu informieren.

Doch obwohl Cambridge Analytica behauptete, die Daten gelöscht zu haben, sagte ein Informant der „Times“, er habe Hunderte an Gigabyte von diesen unverschlüsselt auf den Servern der Firma gesehen. Nun wurde der Druck auf Facebook offenbar zu groß, so dass das Unternehmen am Wochenende jede weitere Zusammenarbeit ausschloss. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Daten nun draußen sind.

Doch jenseits der Verfehlungen zweier Unternehmen zeigt der Vorfall auch eine gewisse Systematik: Selbst wenn Nutzer denken, sie haben den Überblick über das, was mit ihren Daten geschieht, ist das nicht immer der Fall. Das Vertrauen der Nutzer gegenüber Facebook ist schon in vielen Fällen erschüttert worden. Schließlich hat das Unternehmen nicht nur zugelassen, dass Millionen von Nutzerdaten von externen Unternehmen ausgewertet wurden, es hat die Nutzer offenbar auch nicht richtig informiert, was mit ihren Daten geschieht.

Auch Google sammelt Daten ohne Wissen der Nutzer

Ein ganz anderer und doch ähnlicher Fall kam kürzlich in Bezug auf Android-Telefone und den Daten, die sie an Google schicken, an die Öffentlichkeit. Wie eine Recherche des Technikblogs Quartz im November zeigte, sammelten Android-Smartphones selbst dann Standortdaten, wenn die Nutzer GPS ausgeschaltet hatten. Sobald das Telefon mit dem Internet verbunden war, schickte es die gesammelten Bewegungsmuster an Google – ohne Wissen der Nutzer. Selbst Geräte ohne SIM-Karten zeigen diese Aktivität, sobald sie sich mit einem WLAN verbinden konnten.

Damit konfrontiert versprach der Konzern, diese Datensammlung zu unterlassen, zumindest in der Form, in der Nutzer sie nicht selbst abstellen können – was bis dahin nicht vorgesehen war. Schließlich sind diese Daten wertvoll für Googles personalisierte Anzeigen: Wenn das Unternehmen die Bewegungsmuster der Nutzer kennt, kann es daraus schließen, in welchen Geschäften sie einkaufen, welchen Hobbys sie nachgehen und vieles mehr, und ihnen passende Werbung zusenden.

In einem zwar reißerischen, aber nach Einschätzung von Insidern korrekt recherchierten Beitrag zeigte der amerikanische Moderator Tucker Carlson im Februar allerdings auf „Fox News“, dass Android- Smartphones bis heute selbst im Flugmodus, bei abgeschaltetem GPS und ohne SIM-Karte nicht nur Standortdaten an den Konzern schicken, sondern auch die mutmaßliche Fortbewegungsart (gehen, Auto fahren, Rad fahren) sowie die besuchten Orte. Google reagierte auf den Beitrag lediglich mit der Erwähnung, Nutzer könnten den Standortverlauf ausschalten. Selbstverständlich ist er aber in den Grundeinstellungen zunächst eingeschaltet.

Was Daten alles verraten – und was nicht

Trump

Gerüchte, dass Donald Trump nur deshalb die US-Wahl gewonnen hat, weil Cambridge Analytica psychologisches Targeting auf der Grundlage von Facebook-Daten anwendete, lassen sich nicht beweisen. Die Technik ist weniger exakt als behauptet.

Studien

Dennoch zeigen Studien, dass die Auswertung von Facebook-Daten wie Likes, geteilte Inhalte, Freundeskreis und Ähnliches einiges über die Nutzer verraten – von der sexuellen Orientierung über psychische Krankheiten bis zur politischen Einstellung.

Google

Standortdaten der unzähligen Android-Smartphones, die ohne das Wissen der Nutzer und auch trotz ausgeschalteten GPS-Sensors an Google geschickt werden, verraten nicht nur die Gewohnheiten eines Nutzers, sondern sind auch die Grundlage für die Stau-Erkennung von Google Maps und die Angaben in der Google-Suche, ob ein Restaurant oder ein Club aktuell gut besucht ist.

Ausschalten

Standort-Daten und -Verlauf auf dem Smartphone lassen ausschalten – allerdings genügt es nicht, nur GPS auszuschalten. Sondern: unter „Einstellungen“, „Standort“, „Standortverlauf“ deaktivieren. Da es viele verschiedene Android-Versionen gibt, ist das nicht für alle möglich. Und selbst dann muss man darauf vertrauen, dass das Gerät tatsächlich keine Daten an Google schickt