Alles auf einer Ebene: links das Tonstudio, rechts die Küche und in der Mitte Antonio Bras mit seinem Kochbuch Foto: factum/Jürgen Bach

Der Sindelfinger Antonio Bras hat ein Kochbuch mit Rezepten aus seinem Heimatland Portugal geschrieben. Gelernt hat er das Handwerk nicht, aber es schon als Kind geliebt.

Sindelfingen - Antonio Bras’ Leidenschaften nehmen schätzungsweise rund 60 Quadratmeter ein. Im Erdgeschoss seines Hauses in Sindelfingen liegen sie genau nebeneinander. Im eigentlichen Wohnzimmer hat er sein Studio eingerichtet mit Synthesizern und viel Computertechnik, Platz für einen Esstisch gibt es noch vor dem Zugang zur Küche, die gefüllt ist mit Töpfen, Utensilien und Kochbüchern. „Kochen ist Musik für mich“, sagt der 55-Jährige. Dass er ein Kochbuch mit Rezepten aus dem Heimatland seiner Familie schreiben konnte, ist in seinem Fall also die perfekte Komposition. „Kochen wie in Portugal“ heißt das jetzt erschienene Werk. Gelernt hat Antonio Bras das Handwerk nicht, aber er hat es schon als Kind geliebt, in der Küche zu stehen.

Mit Texten und Rezepten überzeugt

Eigentlich hatte der Verlag Gräfe und Unzer einen Koch gesucht für seine neue Reihe oder jemand, der zumindest mit dem Thema Essen etwas zu tun hat. Portugiesische Küche hatte das Münchner Unternehmen bislang noch nicht im Programm. Er sei dafür eigentlich prädestiniert, sagte Antonio Bras im Spaß einer Bekannten, die dort als Redakteurin arbeitet. Im Verlag wunderten sie sich, ist Bras doch hauptberuflich als Medienkünstler und Musiker unterwegs und mit einer Grafikagentur beschäftigt. Mit einigen Texten und Rezepten konnte er die Verlagsleute offensichtlich überzeugen.

Ein Schlüsselerlebnis hatte Antonio Bras als Kind bei seinen Pateneltern. Bevor sie auf den Markt gingen, warf die Tante Kartoffeln, portugiesischen Grünkohl und Oliven in einen Tontopf und stellte ihn an die Feuerstelle. Elektrizität gab es damals in dem Dorf im Alentejo noch nicht. „Als wir vom Markt kamen, war da eine fertige Suppe“, erzählt er und strahlt. Zum zwölften Geburtstag schenkte ihm seine Mutter das Kochbuch „Cozinha Tradicional Portuguese“, obwohl sie lieber seine Schwester in der Küche gesehen hätte. Es steckt voller Lesezeichen, die zeigen, wie intensiv er es über die Jahre durchgearbeitet hat. An Rezepte hält sich der 55-Jährige längst nicht mehr. „Wenn man mal herausbekommen hat, was wie zusammenpasst, steht ein Universum offen“, sagt er.

Für sein Kochbuch hat der Autor traditionelle Rezepte mit ein paar Eigenkreationen ergänzt. Den Petiscos widmet er ein Kapitel, die portugiesische Version der Tapas liegt gerade bei jungen Menschen im Trend. Frittierte Maiswürfel mit Kohlrabiblättern schlägt er darin unter anderem vor. Zu seinen Lieblingsrezepten zählen die Kalbskutteln aus Porto, ein Klassiker ist der Lissabonner Fischtopf. Die dicken Bohnen mit Fleisch und Chouriço, der scharfen Wurst, hat er erst kürzlich nachgekocht. Die traditionellen Fleischbällchen modernisierte er in einer vegetarischen Form, die Entenbrust in Zimtsoße ist seine eigene Idee. Sechs Monate hat Antonio Bras an dem Kochbuch gearbeitet, die Puddingtörtchen machten ihm am meisten zu schaffen: Eine Woche musste er dafür experimentieren.

Ein tolles Gefühl

Sieben Jahre alt war Antonio Bras, als sein Vater die Familie nach Deutschland holte. Damals herrschte in Portugal noch eine Diktatur und „die Lage wurde immer heftiger“. Dass er nicht Koch als Beruf wählte, lag an der Musik. Er spielte in Bands, war DJ, kam darüber zur Veranstaltungsorganisation. Bis August 2018 fungierte er als Vorsitzender der IG Kultur in Sindelfingen. „Dass ich mal ein Kochbuch schreibe, hätte ich nie im Leben gedacht“, sagt Antonio Bras. Dass andere Menschen die Rezepte nachkochen, die in seiner Küche entstanden sind, sei ein tolles Gefühl.