Die Säulen sind ein effektives Mittel für mehr Sicherheit. Foto: dpa

Im Kreis Böblingen sind ein gutes Dutzend neue Blitzer geplant, die meisten davon in Sindelfingen. Unsere Karte zeigt, wo die Säulen stehen sollen.

Sindelfingen - Bei Autofahrern mögen sie unbeliebt sein, in den Rathäusern kommen die grauen Blitzsäulen bestens an. Im Kreis Böblingen sollen 14 neue stationäre Anlagen aufgestellt werden, um Raser und Rotlichtsünder auszubremsen. Wenn es nach dem Wunsch von Bürgermeistern und Gemeinderäten gegangen wäre, hätten es noch ein paar mehr sein können. Im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags sind die ersten drei stationären Überwachungssäulen einstimmig abgesegnet worden. In Sindelfingen stehen gleich elf Standorte zur Debatte. „Nur in wenigen gesellschaftlichen Bereichen ist normabweichendes Verhalten so verbreitet wie im Straßenverkehr“, lautete die Begründung in der Vorlage des Ordnungsamts.

Zwei Jahre hat sich die Daimler-Stadt für die Entscheidung Zeit gelassen. Nacheinander hatten 2015 die CDU Rotlichtblitzer gefordert und die Grünen Geschwindigkeitsmessanlagen beantragt. „Wir wünschen uns das schon lange“, sagte der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer damals. Die Verwaltung war im Jahr 2004 mit dem gleichen Ansinnen gescheitert: In die Stadt, wo der Mercedes vom Band rollt, passen keine Blitzer, lautete lange der Tenor. Nun sollen nach und nach zunächst an acht Kreuzungen und Straßen solche Stelen aufgestellt werden, darunter die Rennstrecke Flugfeldallee. „Das ist ein großer Schritt“, sagt der grüne Stadtrat Helmut Hofmann, „wir haben auch gestaunt.“

Drei auf einen Streich

Im Verkehrsdezernat des Landratsamtes hat ebenfalls ein Umdenken stattgefunden. Nachdem im Kreis Böblingen bisher nur mit mobilen Anlagen kontrolliert worden ist, ist die stationäre Verkehrsüberwachung erstmals vor zwei Jahren ins Gespräch gekommen – im verkehrsgeplagten Renningen. Im vergangenen Februar wurde dann ein erster Blitzer angekündigt, nun werden gleich drei auf einen Streich aufgestellt. In Renningen auf der Bundesstraße 295 am Kindelberg sollen zwei Messsäulen Autofahrer und vor allem Motorradfahrer dazu bewegen, vom Gas zu gehen. In Rutesheim auf der Pforzheimer Straße bei einem Pflegeheim werden Raser künftig geblitzt. Und in der Innenstadt von Weil der Stadt ist eine kombinierte Anlage für Tempo- und Rotlichtüberwachung vorgesehen.

Die Keplerstadt hat zwar drei Anlagen beantragt und nur eine bekommen, der Bürgermeister ist trotzdem zufrieden: „Damit können wir leben“, sagte Thilo Schreiber im Ausschuss. Ihm ist wichtig, dass die Geräte „schnell auf die Spur“ gebracht werden. Außerdem steht ein zweites in Aussicht: Für den Ortsteil Hausen hat Thilo Schreiber ein Überwachungssystem gefordert, das das Durchfahrtsverbot für Lastwagen ins Visier nimmt, die die Staus auf den Autobahnen umfahren. „Es ist ein Dilemma“, berichtete er, die langen Fahrzeuge würden ständig an der Brücke über die Würm hängen bleiben. Die Technik dafür wurde bei zwei Testläufen gefunden, dem Radargerät fehlt aber noch die Zulassung. Sobald sie vorliegt, soll die Installation erfolgen.

Landratsamt hofft auf Lerneffekt

Leer ausgegangen in dieser Runde ist Holzgerlingen. „Wir haben viele Anfragen aus den Kommunen bekommen“, hieß es aus dem Landratsamt, als das Thema stationäre Kontrollen erstmals auf den Tisch kam. Die Behörde übernimmt seit den 1990er Jahren im Kreis die mobilen Geschwindigkeitsmessungen für die überörtlichen und örtlichen Straßen – mit Ausnahme der Kreisstädte Leonberg, Herrenberg, Sindelfingen und Böblingen sowie der Autobahnen. Vom Strategiewechsel von der mobilen, eher versteckten auf die stationäre und damit sichtbare Kontrolle erhofft sich das Landratsamt einen Lerneffekt: Nach wie vor sei zu schnelles Fahren die Hauptursache für tödliche Unfälle, steht in der Vorlage für den Kreistag. Erfahrungen anderer Kreise würden zeigen, dass sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand eine große Wirkung erzielen lasse: Eine graue Stele für die Geschwindigkeitskontrolle kostet 80.000 Euro, fürs Rotlicht 120.000 Euro.

„Es ist gut, einfach mal anzufangen“

„Wir würden mit zwei Säulen anfangen, und die sind dann beide scharf“, erklärt Günther Biermann, der Leiter des Sindelfinger Ordnungs- und Standesamtes. An der Kreuzung zwischen Neckar- und Böblinger Straße soll bereits in diesem Jahr sowohl die Ampel als auch das Tempolimit überwacht werden. An der Leonberger Straße bei der Fußgängerampel an der Sommerhofenschule ist die zweite Anlage mit Doppelfunktion vorgesehen. Über die anderen Standortvorschläge gab es im Ausschuss Meinungsverschiedenheiten. „Jeder hat natürlich seine spezielle Stelle, wo man messen sollte“, sagt der Amtsleiter. Diskutiert wurde außerdem, ob es in Ordnung ist, die mobilen Kontrollen zurückzufahren. Und ein Einwand lautete, dass in der Stadt keine geschwindigkeitsbedingten Unfallhäufungen vorlägen, was Günther Biermann bestätigt. Gegen die Blitzer hat im Ausschuss trotzdem kein Stadtrat gestimmt.

Wenn der Gemeinderat grünes Licht gibt, würden jedes Jahr weitere Säulen folgen, in 2018 etwa am Ortseingang Leonberger Straße, am Calwer Bogen und an der Kreuzung zwischen Hanns-Martin-Schleyer- und Riedmühlestraße. Bewohner der Mahdentalstraße haben sich auch schon über nächtliche Raser beschwert. „Es ist gut, einfach mal anzufangen“, findet der grüne Stadtrat Helmut Hofmann, „und die Blitzer nicht erst dort aufzustellen, wo es bereits geknallt hat.“

Besondere Gefahrenstellen

Voraussetzungen: Die Standorte für stationäre Überwachungsanlagen können nicht willkürlich gewählt werden. Dabei muss es sich um besondere, etwa unübersichtliche Gefahrenstellen handeln oder von der Polizei als Unfallschwerpunkt benannte Stellen. Eine bestimmte Verkehrsmenge ist ebenfalls Voraussetzung und dass sich die Situation mit anderen Maßnahmen wie mobile Kontrollen nicht entschärfen ließ. Auch Lärmschutz ist ein Grund.

Verteilung: Böblingen hat die Zahl der stationären Radarfallen dieses Jahr auf elf erhöht. Sie blitzen sowohl Tempo- als auch Rotlichtsünder. Damit zieht Böblingen mit Herrenberg gleich, dem langjährigen Radar-Rekordhalter. Leonberg hat sechs stationäre Anlagen – ausschließlich an Ampeln. Zusätzlich haben die Städte und der Kreis mobile Blitzer.