Auf zehn Quadratmetern verkauft Armin Deisl alles, was seine Kunden täglich so brauchen. 2500 Produkte umfasst sein Sortiment. Einen kleinen Schwatz gibt es gratis dazu. Foto: factum/

Weil Läden in einigen Stadtteilen fehlen, hält das Mobi-Deisl in Sindelfingen. Der mobile Laden bietet ein Sortiment mit 2500 Produkten – und all das, wofür früher die Tante-Emma-Läden standen.

Sindelfingen - Bereits um kurz nach 10 Uhr kommen die ersten Kunden, alles Rentner jenseits der 80. Da ist es noch fast eine Dreiviertelstunde bis zur Ladenöffnung. Doch das Wetter ist schön. Und die Leute wollen ja nicht nur einkaufen. Auch ein kleines Schwätzchen mit den Nachbarn ist nett. Dafür stehen vor dem Mobi-Deisl Stühle bereit. Denn die allermeisten Einkäufer sind betagt.

Ulla Jahnke ist 86, noch immer fit. Jeden Donnerstag steht sie hier in der Watzmannstraße im Sindelfinger Stadtteil Eichholz und wartet. Denn das ist die einzige Möglichkeit, direkt vor der Haustür einzukaufen. Für anderthalb Stunden kommt das Mobi-Deisl vorbei, ein rollender Tante-Emma-Laden.

Hinter der winzigen Ladentheke direkt hinter dem Fahrerraum steht nicht Tante Emma, sondern Armin Deisl, Geschäftsführer, Verkäufer und Fahrer in Personalunion. An diesem Donnerstag verspätet er sich. Stau am Morgen. So kam er schon zu spät bei seiner ersten Station in Stadtteil Hinterweil an.

Zwei Kunden passen in den Laden

Um kurz vor 11 Uhr rollt der Transporter mit der Aufschrift Mobi in der Watzmannstraße ein. Gut gelaunt öffnet Deisl die Tür seines rollenden Ladens, platziert einen kleinen Trittschemel davor und beginnt, die Obst- und Gemüsekisten vor dem Fahrzeug aufzubauen. Galant bittet er seine Kunden hinein. Nur jeweils zwei bis drei Personen können gleichzeitig einkaufen, sonst ist es zu eng.

Zehn Quadratmeter groß ist der Laden – und hat doch alles, was man braucht. „Was ich nicht hab, brauchen Sie nicht“, scherzt Deisl mit den Kunden. Fügt dann aber an: „Sie können alles für nächste Woche bei mir bestellen.“ Doch es fehlt an nichts. „Wo ist der Fleischsalat?“, fragt eine Kundin. „Hinten links in der Mitte im Kühlregal“, antwortet Deisl. Er weiß ohne nachzudenken, wo sich jedes seiner 2500 Produkte befindet. Wert legt er auf regionale Waren. „Die Gurken und Radieschen kommen von der Reichenau, Fleisch und Wurst von einem Metzger aus Bad Waldsee.“ Auch Brot und Kuchen hat Armin Deisl im Angebot – von einem Bäcker in Oberschwaben.

Ein Arbeitstag von 4 bis 21 Uhr

Fast drei Stunden Fahrt liegen hinter dem Händler, dessen Arbeitstag um 4 Uhr in Bad Saulgau beginnt und um 21 Uhr endet. Frühmorgens werden die Waren angeliefert. Wenn Deisl alles eingeräumt und die Bestellungen für den nächsten Tag erledigt hat, setzt er sich gegen 6.45 Uhr hinters Steuer. Je nach Verkehr trifft er zwischen 9 und 9.30 Uhr in Sindelfingen ein. Fünf Verkaufsstationen fährt er bis 16 Uhr an. Von Montag bis Samstag macht Deisl solche Touren – überall dort, wo die Nahversorgung mit Lebensmitteln schwierig ist: auf der Schwäbischen Alb, in kleinen Dörfern rund um den Bodensee – und in den Sindelfinger Stadtteilen.

Seit Oktober gibt es in Sindelfingen diesen Service – zurzeit in der Versuchsphase. Initiiert hat das Projekt die Wirtschaftsförderung der Stadt. Zwei Jahre brauchte sie, um Deisl davon zu überzeugen, die Stadtteile anzufahren. Dort sind Läden Mangelware. Vor allem für die Senioren ist das ein Problem. Sie machen den Großteil von Deisls Kundschaft aus. Voll des Lobs ist Deisl über die Stadt: „Die engagieren sich, gehen auf meine Bedingungen ein. Deshalb bin ich hier.“ Zu den Bedingungen zählt ein Fahrtkostenzuschuss, den der Kleinunternehmer während des Projektphase bekommt.

Ehrenamtliche helfen den Senioren

Ulla Jahnke ist froh über das Mobi-Deisl. Zwar könnte sie mit dem Bus zum Supermarkt fahren. „Doch das ist mühsam mit der schweren Tasche.“ Im Eichholz hat sie Helfer. Ehrenamtliche hieven die Einkaufstasche aus dem Laden und stellen sie bei Bedarf in den Korb des Rollators, mit dem etliche Kunden zum Einkaufen kommen. Für Armin Deisl macht das den Charme seines Jobs aus. „Es geht hier nicht nur ums Einkaufen. Es ist etwas Soziales, wenn sich die Leute hier treffen.“

70 bis 90 Kunden hat Deisl an einem Tag in Sindelfingen. Das Eichholz ist der beste Standort. Nach anderthalb Stunden räumt der Händler die Obstkisten wieder ein. Drei Kilometer sind es bis zur nächsten Station im Eschenried. Auch dort warten schon wieder Leute.