Der Chef der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, und ein gefährlicher Teil der Weltlage. Foto: dpa

Zum 54. Mal tagt die Münchner Sicherheitskonferenz und bietet neben den öffentlichen Diskussionen auch zahlreiche Gelegenheiten zu diskreten, zwischenmenschlichen Politiker-Begegnungen hinter den Kulissen.

München - Wenn es etwas Stabiles gibt in einer offenbar immer weniger stabilen Weltordnung, dann ist es die Münchner Sicherheitskonferenz. Zum 54. Mal tritt sie an diesem Wochenende im Hotel Bayerischer Hof zusammen; es treffen sich mehr als 600 Politiker und Vertreter von internationalen Organisationen – auch solche, die einander derzeit anderswo lieber nicht sehen wollen, denn das macht den Charme der Tagung aus: Der Bayerische Hof ist so groß, so verwinkelt und so abgeschirmt vor neugierigen Augen und Ohren, dass sich dort auch Erzgegner mehr oder weniger zufällig, auf jeden Fall unbeobachtet zusammensetzen können.

Viele Probleme in der ganzen Welt

„Im letzten Jahr“, sagt der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger (71) als Leiter der Sicherheitskonferenz, „ist die Welt zu nahe an einen großen zwischenstaatlichen Konflikt gerückt. Die rhetorischen Eskalationen einzelner Entscheidungsträger sind sehr besorgniserregend. Ob auf der Koreanischen Halbinsel, im Golf oder in Osteuropa – wenn in aufgeladenen Situationen jemand eine falsche Entscheidung trifft, könnte das schnell eine gefährliche Kettenreaktion in Gang setzen.“ Besser also, will Ischinger sagen, man trifft sich rechtzeitig zum rein menschlichen Reden miteinander, dann kennt man einander auch – und überlegt sich die eine oder andere Entscheidung lieber ein zweites Mal. 1963 war die „Wehrkunde-Tagung“ nicht zuletzt aus diesem Grunde entstanden. Da hatte die Welt kurz zuvor mit beträchtlichem Schrecken festgestellt, was ihr aus der Kuba-Krise hätte erwachsen können.

Der Gastgeber ist schwach vertreten

Schwach vertreten ist diesmal ausgerechnet die Gastgebernation. Die Bundesregierung schickt umständehalber nur eine „geschäftsführende“ Delegation. Da ist der Nahe Osten als brandgefährliche Weltkrisenregion schon prominenter vertreten. Angekündigt haben sich die Regierungschefs aus Israel und dem Irak, Benjamin Netanjahu und Haider al-Abadi; hinzu kommen die Außenminister Saudi-Arabiens und Irans, Adel al-Dschubeir und Mohammed Dschawad Sarif. Geheimdienste sind mit Spitzenvertretern dabei, genauso die Europäische und die Afrikanische Union, die Nato und die UN, der Internationale Währungsfonds und andere Organisationen. Im Kreis der 75 Außen- und Verteidigungsminister sowie der mehr als zwanzig Staats- und Regierungschefs lässt sich auch die britische Premierministerin Theresa May sehen. Und neben den Begegnungen, die sich auf keinem Programmzettel finden, gibt es eine Menge öffentlicher Gesprächsrunden, die auch live im Internet übertragen werden.

Ein Stadtviertel wird abgeriegelt

Der Bayerische Hof als Tagungsort liegt mitten in der Münchner Innenstadt; das ganze Viertel nordwestlich vom Marienplatz und angrenzend an die Luxus-Einkaufsmeile der Theatinerstraße wird abgeriegelt. 4000 Polizisten sind im Einsatz. Sie sollen auch die beiden schon fast traditionellen Demonstrationszüge regeln, die am Samstagmittag zur „Umzingelung“ des Tagungshotels aufbrechen und „gegen die Nato-Kriegsstrategen“ protestieren wollen. 2000 bis 3000 Demonstranten waren es im vergangenen Jahr. Dieses Mal könnten es laut Einschätzung aus Polizeikreisen deutlich mehr werden. Der Angriff türkischer Truppen auf kurdische Gebiete im Irak könnte mobilisierend wirken, wenn es vorab auch keine Hinweise auf drohende Gewalt gebe. Polizei und Demoorganisatoren haben sich getroffen, um mögliche Konflikte zu begrenzen.

Offiziell, so der Münchner Polizei-Vizepräsident Werner Feiler, seien 4000 Kundgebungsteilnehmer und neben den beiden großen Zügen eine „Vielzahl kleinerer Veranstaltungen“ angekündigt. Neben der Sicherheitskonferenz etwa findet die „Münchner Friedenskonferenz“ statt.