Die Spieler des TVB tanzen und feiern den Punktgewinn. Foto: Baumann

Handball-Bundesligist TVB Stuttgart hat gegen den amtierenden Meister SG Flensburg 23:23 gespielt – doch es war sogar noch mehr drin.

Stuttagrt - Beim Warmlaufen in der Porsche-Arena vertröstete Flensburgs Kapitän Lasse Svan die jugendlichen Autogrammjäger noch mit den Worten: „Nach dem Spiel.“ Doch nach den 60 Minuten war ihm irgendwie die Lust vergangen auf Verewigungen auf schönen Trikots, der Däne verkroch sich lieber rasch in die Kabine. Denn der deutsche Meister SG Flensburg-Handewitt kam beim TVB Stuttgart nicht über ein 23:23 (11:12) hinaus, nachdem der TVB vor drei Jahren noch 28:46 verloren hatte. Jetzt musste selbst der Gäste-Trainer Maik Machulla zugeben: „Der Punkt ist sehr verdient.“

Es hätten bei einer zwischenzeitlichen Drei-Tore-Führung, zwei Lattentreffern und zwei unglücklichen Aktionen, als die Schiedsrichter bei einem möglichen Konter der Stuttgart im Weg standen, durchaus auch deren zwei werden können – und damit eine Sensation. Doch auch so sprach Stuttgarts bester Werfer Patrick Zieker (6/1) von einem „Punktgewinn“, den Adam Lönn letztendlich erst fünf Sekunden vor Schluss mit einem Distanzwurf sicherstellte und die 5860 Zuschauer in der fast ausverkauften Halle damit endgültig in Ekstase versetzten. Den einen oder anderen Adrenalin-Kick hatt es schon zuvor gegeben, zum Beispiel bei einem Kempa-Treffer von Zieker auf Sascha Pfattheicher. So schön kann Handball sein – auch beim TVB.

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Den Stuttgartern ist in ihrem nun fünften Bundesligajahr endlich der erste Punktgewinn gegen ein Top-Vier-Team gelungen (dazu zählen noch Kiel, die Rhein-Neckar Löwen sowie Magdeburg), was sicher auch damit zusammenhing, dass die Mannschaft nach dem radikalen Umbruch im Sommer mit sechs Neuen am zehnten Spieltag erstmals komplett antreten konnte. „Dadurch haben wir schon mal ein ganz anderes Niveau im Training“, sagt Trainer Jürgen Schweikardt, der sich mit seinem (Zweijahres-)Plan vorerst einmal bestätigt fühlen darf. Er hat mehr Alternativen auf den Halbpositionen mit Lönn/Dominik Weiß (links) und David Schmidt/Robert Markotic (rechts), und auf der Mittelposition deutete der Ungar Rudolf Faluvegi bei seinem Heimdebüt schon mal an, dass er über ein geschultes Auge und einen ordentlichen Wurf verfügt, was den TVB weiterbringen kann – auch wenn dem 25-Jährigen noch nicht alles gelang. Kein Wunder, er hatte im letzten halben Jahr keine Spielpraxis und wurde in den letzten 20 Minuten dann kräftemäßig geschont, wobei auch Dominik Weiß nach starkem Beginn seiner Verletzungspause etwas Tribut zollen musste.

Maik Machulla hatte schon vorher gelobt: „Die Stuttgarter haben die Mannschaft sehr schlau zusammengestellt und viele junge hungrige Spieler verpflichtet Es werden neue Reize gesetzt.“ So ein Umbruch geht aber nicht von heute auf morgen, auch wenn Zeit im Profisport ein seltenes Gut ist. Aber die Defensive bot eine starke Leistung mit Samuel Röthlisberger und Lönn/Weiß im Innenblock für Manuel Späth, der mit 34 Jahren mehr Ruhepausen bekommt. Dass zu alledem nach wie vor eine starke Torwartleistung für Überraschungen nötig ist, hat der Samstagabend unterstrichen. Denn „Jogi“ Bitter (16 Paraden) hat das Duell mit seinen 36 Jahren gegen das Duo Buric/Bergerud klar gewonnen, zum Leidwesen Machullas. „Eine ganz starke Leistung.“

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Hoffentlich nicht die letzte in der Saison. Denn die nächste Aufgaben stehen bevor. Schon am Donnerstag (19 Uhr) beim HBW Balingen-Weilsttten, dem Aufsteiger, der mit Heimsiegen gegen die Top-Teams aus Melsungen und Berlin bereits für Furore gesorgt hat. „Sie haben derzeit sicher mit die breiteste Brust in der Liga“, sagt Zieker, „deshalb tun wir gut daran mit etwas Demut anzutreten und nicht zu denken, dass es von allein so weitergeht.“

Doch zumindest hat der TVB gegen Flensburg bewiesen, dass er auch mal nahezu über 60 Minuten konstant seine Leistung abrufen kann, nachdem zuvor in den Spielen wie in Leipzig oder Magdeburg – trotz Führung- immer mal eine Schwächephase aufgetreten war. Das macht Mut. „Natürlich gibt der Punkt Selbstvertrauen“, sagt Schweikardt – ein Selbstläufer wird Balingen deshalb aber sicher nicht. Schon gar nicht für die Spieler, die die gefürchtete Hölle Süd noch nicht persönlich kennen – und davon gibt es einige im Kader.