Der Börsensaal der Frankfurter Börse ist gespickt voll mit Monitoren. Foto: dpa

Nullzinsen machen die Vorsorge für alle Eventualitäten nicht einfach. Wir zeigen in unserer Serie, welche finanziellen Aspekte in welcher Lebenslage zu berücksichtigen sind. In diesem Teil unserer Serie: Vorsorge mit Wertpapieren.

Frankfurt - Altersvorsorge mit Wertpapieren – das hieß für viele Deutsche über Jahrzehnte: Bundesschatzbriefe kaufen. Diese Schuldtitel des deutschen Staates erfreuten sich bei Generationen von Privatanlegern großer Beliebtheit. Als Werbeträger für die Papiere setzte die Finanzagentur des Bundes eine sprechende Schildkröte namens Günther Schild ein.

Doch Ende 2012 wurde Günther Schild in den Ruhestand geschickt. Anstelle von Bundesschatzbriefen gibt es jetzt ausschließlich börsengehandelte Bundeswertpapiere, auch für Privatanleger. Und selbst Günther Schild würde heute wohl niemandem mehr empfehlen, sein Geld allein auf diese Karte zu setzen. Denn die Eurokrise und die lockere Geldpolitik haben die Zinsen in den Keller gedrückt.

Deutlich höhere Renditen waren in den vergangenen Jahren am Aktienmarkt zu erzielen. Seit 2012 stieg der deutsche Aktienindex Dax jährlich um durchschnittlich zehn Prozent. Allerdings: Wer 2007 in den Dax einstieg und Ende 2012 verkaufte, machte jährlich 1,2 Prozent Verlust. Grund waren die weltweite Finanzkrise und das Schuldendrama in der Eurozone.

Wer auf Aktien setzt, sollte Geduld haben

Diese Krisen und der Kurssturz der Technologie-Aktien am Neuen Markt 2001 stecken vielen Deutschen tief in den Knochen. Dabei lehrt die Geschichte: Wer über viele Jahre in einen breiten Aktien-Mix investiert, geht wenig Risiken ein. Für die 30 im Dax gelisteten Konzerne zeigt das Rendite-Dreieck des deutschen Aktieninstituts (DAI): Wer hier 15 Jahre oder länger investiert blieb, kam immer mit einem Gewinn heraus – unabhängig vom Ein- und Ausstiegszeitpunkt.

„Für die Altersvorsorge sind Aktien grundsätzlich immer geeignet, sofern man Zeit hat“, sagt der Kapitalmarktexperte Christian Röhl, Gründer der Finanzmedien- und Investmentboutique Dividendenadel. „Wenn jemand 58 ist, sich um seine Altersvorsorge nicht gekümmert hat und das bis zum 65. Geburtstag nachholen will, sind Aktien natürlich riskant. Aber für alle unter 50 sind sie zu empfehlen.“

Das gelte keineswegs nur für Vermögende, betont Dirk Ulbricht, Direktor des gemeinnützigen Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg. Zwar müsse ganz vorne die Absicherung existenzieller Risiken stehen: „Das absolute Minimum sind eine Haftpflichtversicherung und Ersparnisse in Höhe von zwei Nettogehältern als Reserve.“ Doch für die Altersvorsorge seien Aktien ideal: „Normalverdiener sollten die Finger von Banksparplänen lassen – sie kosten einfach zu viel Rendite.“

Eine Streuung ist essenziell

Essenziell ist allerdings eine Streuung der Investitionen über einen möglichst breiten Korb von Unternehmenstiteln. So lassen sich Verluste mit einzelnen Papieren ausgleichen. Ulbricht empfiehlt den Kauf eines „breit aufgestellten, börsennotierten Indexfonds (ETF), der beispielsweise den MSCI World abbildet“. Im Aktienindex MSCI World sind mehr als 1600 Unternehmen aus 23 Industriestaaten vertreten. ETF, die diesen Index abbilden, folgen einfach seiner Wertentwicklung. Das unterscheidet die Indexfonds von klassischen, aktiv gemanagten Investmentfonds, bei denen ein Fondsmanager gezielt einen Aktienmix für seine Kunden zusammenstellt.

Weil diese Arbeit Geld kostet, fallen bei aktiv gemanagten Fonds höhere Gebühren an als für ETF. Allerdings erzielen nur wenige Fondsmanager dauerhaft Gewinne, die über den Wachstumsraten der Vergleichsindizes liegen. Ulbricht hält ETF deshalb für die bessere Wahl. Nur müssten Anleger darauf achten, dass die emittierende Bank den Fonds „auch tatsächlich mit den fraglichen Aktien unterlegt und den Index nicht auf anderem Wege nachbildet, etwa über Derivate. Denn da besteht die Gefahr eines Verlusts, wenn die Anbieterin pleitegeht.“

Aktiv gemanagte Fonds haben Vorteile

Nach Ansicht des Kapitalmarktexperten Röhl haben auch aktiv gemanagte Fonds ihre Vorteile: „Gerade wenn es einmal nicht so gut läuft, ist es für viele Anleger einfacher, bei der Stange zu bleiben, wenn hinter dem Fonds ein Mensch steht, der die Ursachen für die Probleme erklären kann.“ Vorübergehende Verluste auszuhalten sei für einige Menschen auch leichter, wenn sie selbst ihre Aktien und die dahinterstehenden Unternehmen auswählten. Dafür benötige man aber mehr Geld als für Fondsanteile, gibt Röhl zu bedenken. Zwar ermöglichen einige Direktbanken ihren Kunden, mit Beiträgen ab 25 Euro pro Monat Bruchteile von Aktien zu erwerben – so dass sie für die Beteiligung an mehreren Großkonzernen nicht direkt einen Tausender auf den Tisch legen müssen. „Aber schon bei einer Verteilung des Geldes auf zehn Aktien international aufgestellter Unternehmen aus verschiedenen Branchen werden dann 250 Euro im Monat fällig“, rechnet Röhl vor. „Mit Investitionen in Fonds dagegen kann ich für 25 Euro im Monat ein ganzes Portfolio von mehr als 1000 Aktien erwerben.“

Erben haben Vorteile

Noch besser als solche Sparpläne sei, gleich einen Batzen Geld in die Hand zu nehmen, sagt IFF-Direktor Ulbricht: „Wer auf einen Schlag eine große Summe investieren kann – etwa nach einer Erbschaft –, sollte die Anlage nicht auf mehrere Zeitpunkte verteilen. Denn je länger das Geld wachsen kann, desto besser. Die meisten Menschen haben diese Möglichkeit aber nicht, sondern müssen monatlich Geld zurücklegen. In dem Fall gilt: einen Dauerauftrag einrichten und am besten gar nicht mehr weiter darüber nachdenken.“

Die Stiftung Warentest empfiehlt, Aktienfonds zur Sicherheit mit einem Indexfonds auf Euro-Staatsanleihen zu kombinieren. Wenn der Ruhestand näher rückt, sollte der Aktienanteil dann reduziert werden, um Verluste zu vermeiden. Kapitalmarktexperte Röhl rät allerdings davon ab, alle Aktien auf einen Schlag zu verkaufen. „Wer über einen langen Zeitraum regelmäßig gekauft hat, bekommt auch eine ganze Menge an Dividenden. Häufig werden Anleger feststellen: Sie müssen gar nicht mehr so viel Angst davor haben, dass ihr Vermögen vorübergehend mal weniger wert ist.“