Auch der Beruf spielt bei der Beitragskalkulation eine Rolle. Foto: 56079525

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte jeder im arbeitsfähigen Alter haben. Sinnvoll ist ein Vertragsabschluss noch während der Berufsausbildung. Und es gilt, einige Details in den Versicherungsbedingungen zu beachten.

Stuttgart -

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte jeder im arbeitsfähigen Alter haben. Sinnvoll ist ein Vertragsabschluss noch während der Berufsausbildung. Und es gilt, einige Details in den Versicherungsbedingungen zu beachten.

Das Risiko, irgendwann im Laufe des Berufslebens seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können, wird massiv unterschätzt. Tatsächlich ist es ein Schicksal, das viele Menschen trifft: „Statistisch gesehen wird derzeit jeder vierte Arbeitnehmer vor dem Erreichen des Rentenalters berufsunfähig“, erklärt Simon Frost, Experte beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Rechtzeitige Vorsorge in Form einer Berufsunfähigkeitsversicherung sei daher unerlässlich. Denn wenn das Einkommen wegfällt, reicht die staatliche Erwerbsminderungsrente vorne und hinten nicht – der bisherige Lebensstandard lässt sich damit nicht halten. Sie liegt nämlich oft noch unter einem Drittel des letzten regulären Monatsgehalts. So bezogen 2015 knapp 1,8 Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Im Durchschnitt bekamen sie 731 Euro im Monat.

Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung lässt sich dieses finanzielle Risiko absichern: Im Fall der Fälle erhält man dann eine monatliche Rente bis zum vereinbarten Ablauftermin. Doch bei der Suche nach dem für sie passenden Angebot haben Verbraucher die Qual der Wahl. Schließlich bietet so ziemlich jeder Versicherer auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung an. Die Verträge sind zwar durch den Konkurrenzdruck in den vergangenen Jahren immer kundenfreundlicher geworden. Dennoch gilt es, einige Fallstricke und Missverständnisse zu beachten.

Ein früher Abschluss ist sinnvoll

Zunächst einmal ist es sinnvoll, eine Berufsunfähigkeitsversicherung so früh wie möglich abzuschließen. Der Grund: „Wenn Sie jung sind, haben Sie meist wenig gesundheitliche Probleme“, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Und das macht die Beiträge deutlich günstiger als bei Abschlüssen in späteren Jahren. Nicht erst zum Berufsstart, sondern schon im Studium oder während der Berufsausbildung sollte man eine solche Police abschließen. Diese gilt dann anschließend nämlich auch, wenn man in einem risikobehafteten Beruf arbeitet, den Versicherer nur ungern absichern.

Wichtig zu wissen: Berufsunfähigkeitsversicherungen sind zunächst einmal reine Risikoversicherungen. Das Geld wird nicht wie etwa bei einer Kapitallebensversicherung angespart – kommt es nicht zur Berufsunfähigkeit, ist es weg. Doch einige Versicherer bieten auch Kombi-Produkte an. „Die Kombination mit einer Risikolebensversicherung kann gut sein“, erklärt Beate-Kathrin Bextermöller von der Stiftung Warentest. „Es gibt Anbieter, die diese Kombination günstiger kalkulieren als den selbstständigen Berufsunfähigkeitsschutz.“ Von der Kombination mit einer Kapitallebensversicherung raten Verbraucherschützer hingegen ab. Diese mache das Gesamtprodukt nämlich recht unflexibel – und vor allem teuer. Versichern und Sparen sollte man daher grundsätzlich voneinander trennen.

Im Versicherungsvertrag sollte zudem der Verzicht auf die sogenannte abstrakte Verweisung festgehalten werden, rät BdV-Expertin Boss: „Ohne diesen Verzicht vonseiten der Versicherungsgesellschaft bekommt man die Berufsunfähigkeitsrente erst, wenn man neben dem eigenen Beruf auch keine vergleichbare Tätigkeit mehr ausüben kann.“ Ob der Versicherte dann tatsächlich eine Anstellung in dem Verweisungsberuf findet, ist dabei unerheblich – das Risiko, arbeitslos zu werden, liegt dann beim Versicherten, warnt die Verbraucherschützerin.

Gesundheitsfragen ehrlich beantworten

Wichtig ist außerdem der sogenannte Prognosezeitraum: Er sollte auf sechs Monate verkürzt sein – und nicht, wie vor allem in älteren Verträgen üblich, drei Jahre betragen. Gemeint ist damit die Dauer der Berufsunfähigkeit, die der behandelnde Arzt prognostiziert. Da ein Arzt schlechter die kommenden drei Jahre als die nächsten sechs Monate einschätzen kann, ist es umso leichter, seine Berufsunfähigkeitsrente ausgezahlt zu bekommen, je geringer der Prognosezeitraum ist. „Für gute Versicherungsbedingungen gilt: Kann nicht sofort festgestellt werden, ob der Versicherte berufsunfähig ist oder nicht, wartet der Versicherer sechs Monate mit der Rentenzahlung. Wird weitere Berufsunfähigkeit attestiert, zahlt er rückwirkend ab Beginn der Berufsunfähigkeit“, erklärt Stiftung-Warentest-Expertin Bextermöller.

Wie teuer eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist, hängt unter anderem von der monatlichen Rentenhöhe ab. „Als Faustformel gilt: Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente sollte rund 75 bis 80 Prozent des Nettoeinkommens betragen“, sagt GDV-Experte Frost. Das allerdings kann bei bestimmten Berufen schnell mehr als 100 Euro im Monat kosten. Denn auch der Beruf spielt bei der Beitragskalkulation eine Rolle, ebenso wie das Einstiegsalter, gesundheitliche Risiken und Hobbys.

Wichtig ist, die Gesundheitsfragen bei der Antragstellung ehrlich zu beantworten. Denn wenn später herauskommt, dass der Versicherte Vorerkrankungen verschwiegen hat, obwohl er danach gefragt wurde, kann das dazu führen, dass Leistungen im Ernstfall gekürzt oder sogar vollständig gestrichen werden.

Aber auch bei Vorerkrankungen müssen Verbraucher nicht unbedingt auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung verzichten. Wenn das Gesundheitsrisiko besonders hoch ist, können im Vertrag bestimmte Ausschlusskriterien vereinbart werden, heißt es beim GDV. Ein Beispiel: Wer etwa einen angeborenen Herzfehler hat, kann eine Police abschließen, bei der Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Grund für die Berufsunfähigkeit ausgeschlossen sind.