Der Faurndauer Bahnhof war Teil der Strecke der Hohenstaufenbahn, die Göppingen und Schwäbisch Gmünd verband. Foto: Kreisarchiv

Die Bahn und das Filstal: Wir blicken zurück, wie das neue Buch „Von Zeiten und Zügen“ – sowie ins Hier und Jetzt. Im siebten Teil geht es um die Verbindungsbahn Göppingen-Schwäbisch Gmünd.

Kreis Göppingen - Wer das Haus in der Salamanderstraße 36 in Göppingen-Faurndau betritt, fühlt sich wie in einer Parallelwelt. Über zwei Stockwerke hinweg ziehen Massen an Dekorationsartikeln die Blicke der Besucher auf sich. Im hinteren Gebäudeteil lassen freigelegte Balken erahnen, wie alt das Bauwerk ist. Friseursessel im Retrostyle passen zum antiken Boden, und alte Bahnhofsuhren erinnern an die eigentliche Funktion der Räumlichkeiten. Denn der Friseursalon, den Stephan Lukacs vor zehn Jahren eröffnet hat, befindet sich im alten Faurndauer Nordbahnhof.

„Meine Frau hat mir vor 13 Jahren gesagt, dass der alte Bahnhof zu verkaufen ist“, sagt der 48-Jährige. Weil Lukacs ohnehin seinen damaligen Arbeitgeber verlassen wollte, hat er entschieden, sich selbstständig zu machen, und zugeschlagen. Drei Jahre habe der Umbau gedauert. Das Dach sei zum Teil offen gewesen, eine Heizung habe es nicht gegeben. Jetzt schmücken Schilder mit unterschiedlichen Aufschriften das Gebäude: „Faurndau-Nord“ steht auf den einen, „Lukacs Der Friseur“ auf den anderen.

Die Strecke trät den Spitznamen „Josefle“

Der Faurndauer Bahnhof war Teil der Strecke der Hohenstaufenbahn, die Göppingen und Schwäbisch Gmünd verband. Die Züge, die auf der 27,2 Kilometer langen Strecke verkehrten, machten außerdem in Rechberghausen, Adelberg-Börtlingen, Birenbach, Wäschenbeuren, Maitis-Hohenstaufen, Lenglingen, Reitprechts, Metlangen-Hohenrechberg und Straßdorf halt. Während die Strecke zwischen Schwäbisch Gmünd und Wäschenbeuren im Jahr 1911 eröffnet wurde, nahm der Schienenverkehr auf der Strecke zwischen Wäschenbeuren und Göppingen erst ein Jahr später seinen Betrieb auf.

Die neue Eisenbahn war so stark frequentiert, dass die Bahn mit bis zu 17 Waggons fuhr. Trotzdem wurde der Personenverkehr im Jahr 1984 eingestellt. Ein wesentlicher Grund hierfür war eine Raumordnungsplanung, die Baugebiete fernab vom Bahnhof vorsah, und Schulneubauten, die ohne Rücksicht auf die Erreichbarkeit mit der Eisenbahn errichtet wurden. Von 1986 an wurde auch der Güterverkehr eingestellt und erfolgte der Rückbau der Gleise. Heute dient die Trasse zwischen Faurndau und Schwäbisch Gmünd als Radweg, der – wie damals die Bahnstrecke – Josefle genannt wird. Der ehemalige Bahnhof Faurndau ist der Ausgangspunkt des Josefle-Radwegs.

Lukacs wollte alles erhalten, was ging

Neben Haarschnitten bietet Stephan Lukacs in dem alten Gebäude auch Dekoartikel, Kleinmöbel, Tischlampen und Figuren für Haus und Garten an. Dem Friseurmeister war es bei der Sanierung des alten Bahnhofsgebäudes wichtig, alles zu erhalten, was erhalten werden konnte. „Oder durch alte oder auf alt gemachte Sachen zu ergänzen, falls das nicht ging“, sagt er. Viele seiner Stammkunden seien zwar mit ihm gekommen, als er sich selbstständig gemacht habe, es komme zudem aber immer wieder Kundschaft, die das Gebäude von früher kenne oder sich einfach für den Bahnhof interessiere.