Himmelsgucker sollten den Freitag (27. Juli) rot im Terminkalender markieren: Dann ist am Abendhimmel über Deutschland die längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts zu sehen. Foto: dpa

Die längste totale Mondfinsternis des Jahrhunderts und dazu noch ein extrem heller Planet Mars in Mondnähe – der Freitagabend verspricht ein seltenes Schauspiel am hochsommerlichen Himmel.

Stuttgart - Astronomischer Sommernachtstraum: Gleich zwei besondere Konstellationen erhellen den Nachthimmel am 27. Juli in Deutschland. Und das in einer lauen Freitagnacht mitten im Hochsommer. Der Mond taucht in den Erdschatten ein, es ist die längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts. Der Mars ist der Erde gleichzeitig so nah wie selten. Fragen und Antworten zum bevorstehenden astronomischen Topereignis:

Warum ist die Mondfinsternis nicht pechschwarz?

Auch während der totalen Mondfinsternis am 27. Juli ist der Mond deutlich sichtbar und leuchtet gespenstisch rot statt des üblichen blassen Silbertons. Der Grund: die Geometrie der Mondfinsternis. Eine totale Mondfinsternis entsteht, wenn Sonne, Erde und Mond in einer Reihe liegen, die Erde das Licht der Sonne also abhält und der Mond sich im Schatten der Erde befindet. Die Sicht auf den Erdtrabanten ist daher nicht verdeckt, er bekommt nur kein direktes Sonnenlicht mehr. Deshalb fehlt der sonst so helle silbrige Schein.

Warum leuchtet der Mond rot?

An der roten Farbe ist die Erde schuld. Genauer gesagt: die Erdatmosphäre. Der rote Schimmer rührt von langwelligem Licht, das von der Erdatmosphäre in den Schattenkegel gestreut wird. Die Lufthülle des Blauen Planeten bricht das Sonnenlicht. Dabei streut vor allem der rote Anteil des Lichts in den Erdschatten hinein, was wiederum den Mond rötlich schimmern lässt.

Was hat die Luft mit der Helligkeit des Mondes zu tun?

Wie viel Licht auf den verdunkelten und im Schatten der Erde sich befindenden Mond fallen kann, hängt von der Zusammensetzung der Erdatmosphäre zusammen. Enthält sie viel Wasser und Schwebeteilchen, kann nur wenig Licht durchdringen. Dann ist die totale Mondfinsternis wirklich sehr finster. Der Erdtrabant ist matt bräunlich und kaum noch erkennbar. Ist die Atmosphäre dagegen klar und sauber, leuchtet der verdunkelte Mond heller rot.

Warum tritt eine Mondfinsternis nicht jedes Mal bei Vollmond auf?

Das ist auf die leichte Neigung der Mondbahn gegen die Ekliptik – also die Ebene der Erdbahn – zurückzuführen. Wegen dieser Neigung von rund fünf Grad wandert der Mond auf seiner Bahn um die Erde meist ober- oder unterhalb des Erdschattens vorbei. Nur wenn der Vollmond exakt in einem der beiden Schnittpunkte von Mondbahn- und Erdbahnebene steht, wird er vom Erdschatten erfasst. Diese Schnittpunkte heißen auch Drachenpunkte. In Anlehnung an die chinesische Mythologie: Beim Anblick einer Finsternis glaubten die Menschen im alten China, dass ein Himmelsdrache das Gestirn verschlingt.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Mondfinsternis und Weltuntergang?

Faktisch keinen. Dennoch kursieren im Internet die wildesten Gerüchte. Im US-Bundesstaat Utah zum Beispiel, wo rund 60 Prozent der Einwohner Mitglieder der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ sind (besser bekannt als Mormonen) bereiten sich die Gläubigen bei einer totalen Mondfinsternis immer auf das Schlimmste vor. Die Menschen verbarrikadieren sich in ihren Häusern mit Notfallpaketen und Lebensmittelvorräten. Alle sieben Jahre, so mormonische Prophezeiungen, sollen weltverändernde Ereignisse eintreten: 2001 die Terroranschläge in den USA, 2008 die globale Finanzkrise, 2015 der „Doomsday“. Jetzt ist der letzte (nicht eingetretene) „Weltuntergang“ zwar erst drei Jahre her – aber man weiß ja nie.

Warum dauert die Mondfinsternis länger als die meisten?

Zur ungewöhnlichen Gesamtlänge der totalen Verfinsterung von 103 Minuten trägt die aktuelle Position des Erdtrabanten auf seiner elliptischen Bahn bei. Denn die Finsternis ereignet sich zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Mond im erdfernsten Abschnitt seiner Bahn um die Erde befindet. Gut 406.000 Kilometer ist der Mond am Freitag von unserem blauen Planeten entfernt – zum Vergleich: Die durchschnittliche Entfernung zwischen beiden Himmelskörpern beträgt „nur“ knapp 385.000 Kilometer. In Erdferne aber bewegt sich der Mond etwas langsamer auf seiner Bahn als in Erdnähe. Deshalb dauert auch die Finsternis etwas länger.

Warum ist der Mars derzeit so hell?

Unser äußerer Nachbarplanet befindet sich zur Zeit auf einer Linie mit Sonne und Erde, wobei die Erde von oben betrachtet zwischen Sonne und Mars steht. Astronomen sagen dazu, der Mars befindet sich in Opposition zur Sonne. Und diesmal steht der Mars bei seiner Opposition besonders nah an der Erde – der Abstand beider Himmelskörper schrumpft auf 57,6 Millionen Kilometer. Angesichts einer Durchschnittsentfernung von 228 Millionen Kilometern kommt der Rote Planet also der Erde sehr nah - sogar so nah wie seit 15 Jahren nicht mehr. Entsprechend hell leuchtet der von der Sonne angestrahlte Planet am Nachthimmel.

Ist der Rote Planet der Erde momentan besonders nah?

Ja. Der rötliche Mars steht der Erde gegenüber und ist dabei unserem Planeten so nahe wie selten. Deshalb ist er auch besonders hell und vergleichsweise groß zu sehen. Zu dieser speziellen Konstellation komme es im Durchschnitt nur alle 15 Jahre, zuletzt 2003, betonen die Astronomen. Am 27. Juli habe der Mars mit etwa 58 Millionen Kilometern einen minimalen Abstand von der Erde.

Kann Alexander Gerst die Finsternis an Bord der ISS beobachten?

Ja, und zwar wenn der deutsche Astronaut und die anderen Crewmitglieder auf der Internationalen Raumstation ISS über die Nachtseite der Erde fliegen. Dann wird Gerst die Finsternis ganz unabhängig vom irdischen Wetter und ungestört von atmosphärischen Störungen eine Dreiviertelstunde lang sehen können. Laut Deutschen Raumfahrtzentrum DLR wird die ISS während der Finsternis übrigens für knapp zehn Minuten am Abendhimmel über Deutschland zu sehen sein. Kurz nach der Mitte der totalen Mondfinsternis gegen 22.30 Uhr geht die ISS demnach nahe der hell leuchtenden Venus im Westen auf und zieht um 22.34 Uhr am Polarstern – also am Himmelsnordpol – vorbei.