Für die stattliche Wanderratte ist die Begegnung mit dem Graureiher schlecht ausgegangen. Foto: Nabu Neuffen-Beuren/Ulf Mirlieb

Der Tierfotograf Ulf Mirlieb vom Naturschutzbund Neuffen-Beuren hat in Frickenhausen eine seltene und ungewöhnliche Vogelbeobachtung dokumentiert. Mit seiner Kamera hat er festgehalten, wie ein Graureiher eine große Wanderratte verspeist.

Frickenhausen - Der Graureiher wird im Volksmund auch als Fischreiher bezeichnet. Was seine kulinarischen Vorlieben allerdings nur unzureichend beschreibt. Denn der Ardea cinerea – so sein lateinischer Name – lässt sich zudem gerne mal Frösche oder Mäuse schmecken. Auch einen Maulwurf für Zwischendurch verschmäht er nicht. Dass sogar ausgewachsene Wanderratten auf seinem Speiseplan stehen, ist hingegen außergewöhnlich. Doch der Frickenhausener Ulf Mirlieb hat im vergangenen April eine solch opulente Reihermahlzeit beobachtet und mit seiner Kamera festgehalten.

Seltene Beobachtung

Laut Helmut Reichenecker, dem Vorsitzenden des Naturschutzbundes (Nabu) Neuffen-Beuren, gibt es in Baden-Württemberg nur wenige dokumentierte Beobachtungen, wie sich Reiher an größere Beutetiere wagen. Deshalb habe er die Aufnahmen des Nabu-Mitglieds und begeisterten Hobby-Naturfotografen Ulf Mirlieb an die „Ornithologischen Schnellmitteilungen für Baden-Württemberg“ gesandt, wo sie auch veröffentlicht worden sind.

Ulf Mirlieb erinnert sich noch genau, wie es zu den seltenen Schnappschüssen gekommen ist. Weit musste er sich nicht von zu Hause fortbewegen. Denn von seinem direkt an die Steinach in Frickenhausen angrenzenden Garten aus habe er den Stelzenvogel bei der Jagd beobachtet. Unbekannt war ihm der gefiederte Geselle nicht, „er hatte schon öfter ein Auge auf meine Goldfische im Teich geworfen“.

Ein Fisch „rutscht leichter runter“

An jenem Nachmittag müsse sein Hunger wohl weitaus größer gewesen sein. Denn der Reiher schnappte sich eine ausgewachsene, gut 25 Zentimeter lange und rund 350 Gramm schwere Wanderratte und verschlang sie binnen drei Minuten en bloc. Er sei ungewöhnlich dicht an den Vogel herangekommen, erzählt Ulf Mirlieb, „normalerweise sind die schnell weg, wenn sie gestört werden“. Doch dieser habe seinen kapitalen Fang unbedingt in Ruhe verspeisen wollen, vermutet der Tierfotograf.

So sei ihm die ungewöhnliche Bilderserie geglückt. Zuvor müsse der Reiher seine Beute wohl getötet haben, denn ansonsten hätte er eine sich wehrende Ratte wohl kaum verschlingen können – „ein Fisch rutscht wesentlich leichter runter“.

Geht es dem Reiher gut, kann er bis zu 25 Jahre alt werden

Vorkommen
Graureiher kommen in ganz Europa, aber auch in Eurasien und Afrika vor. Der Stelzvogel geht hauptsächlich an Seen, Flüssen, Teichen und im Salzwasser auf Beutejagd. Er wird bis zu einem Meter groß und kann bis zu 25 Jahre alt werden.

Beobachtungen
In Baden-Württemberg wurde 2003 beobachtet, wie ein Reiher ein Mauswiesel erbeutet hat. Aus dem Jahr 1994 ist die erfolgreiche Jagd auf eine rund 20 Zentimeter große Wanderratte dokumentiert. Drei Jahre später wurde die Erbeutung einer Bisamratte festgehalten. Ansonsten gibt es nur wenige Beobachtungen solcher Art.

Feinde
Auch der Graureiher hat Feinde. Dazu zählen neben extremen Wetterverhältnissen Parasiten, der Seeadler, der Fuchs und der Mensch.