Drei Sportlerinnen gleiten dahin auf den sanften Wellen des Neckars: In Weiß unsere Mitarbeiterin Sandra Dambacher-Schopf, neben Trainerin Karla Beck. Foto: factum/Andreas Weise

Beim SUP-Yoga wird die Gymnastik-Matte gegen ein schwankendes Paddelboard ausgetauscht. Der Ursprung der Sportart liegt im Megatrend Stand Up Paddeling. Wir haben die Wellness-Körperertüchtigung bei Remseck ausprobiert.

Ludwigsburg/Remseck - Warmer Wind weht um die Nase. Beim Verharren in der „Kobra“, dem „Krieger“ oder im „Herabschauenden Hund“ zieht der Remsecker Neckarstrand wie in Zeitlupe vorbei. Die sanfte Strömung sorgt dafür, dass die Paddelboards in Bewegung bleiben. Der Blick nach oben wird dabei nicht wie sonst bei Yoga-Exerzitien durch eine Kursraumdecke beschränkt, sondern geht unendlich weit in den Himmel. Es ist ein fast rebellischer Ausbruch, hin zu neuen Freiheiten.

Der Nachteil: Schummeln wie auf festem Boden geht nicht. „Wer die Spannung verliert, kann ins Wasser fallen“, sagt die Fitness- und Yogatrainerin Karla Beck, die seit Kurzem Kurse in Ludwigsburg und Remseck anbietet. Der positive Umkehreffekt: Durch den Ansporn, die Spannung jederzeit zu halten, werden die Muskeln am ganzen Körper noch intensiver trainiert.

Bis zu zehn Teilnehmer schließen die Bretter zu einer Insel zusammen

Diese Form des Yogas ist anspruchsvoll, anstrengend und entspannend zugleich. Für Neulinge, die sich fragen: „Wie ging noch mal der Krieger eins?“, ist dieser Wassersport noch nichts. Wer SUP-Yoga ausprobieren möchte, sollte mit der indischen Körperphilosophie bereits vertraut sein. „Wenn man die Begriffe nicht kennt, muss man zu viel nachdenken und kann sich nicht so gut auf sein Gleichgewicht konzentrieren“, erklärt die Trainerin.

Beim ersten Mal empfiehlt sie Unsicheren eine Einzelstunde. Wer sich dann fit auf dem Board fühlt, kann am Gruppenkurs teilnehmen, bei dem bis zu zehn Teilnehmer ihre Bretter an einer dafür entwickelten Insel zusammenschließen.

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Da heute nur zwei Teilnehmerinnen dabei sind, reicht es aber, die Boards nur mit den Paddeln zu verknoten, um zusammenzubleiben. Das ist aber auch eine Kunst: Die richtige Steuerung und das Andocken aneinander erweisen sich schließlich als wesentlich schwieriger als der kleine Sonnengruß auf dem Brett. Wer die fließenden Bewegungen an Land gewohnt ist, hat kaum Schwierigkeiten, auf dem Wasser in Fluss zu kommen – auch wenn die eine oder andere Pose zunächst nur schief gelingt. Die breite, rutschfeste Fläche des Boards gibt mehr Stabilität als erwartet. Heute fällt niemand vom Brett.

Der Trendsport SUP ist in der breiten Masse angekommen

Auch zu Beginn des Kurses wird keiner ins kalte Wasser geworfen. Mit viel Geduld erklärt Karla Beck erst einmal, wie das Aufstehen funktioniert: „Das Paddel vorne auf das Board legen und darauf mit beiden Händen abstützen“, sagt sie. „Dann in eine Kniebeuge gehen und ganz langsam hochdrücken.“ Unter den gebeugten Knien beginnt das Board etwas zu wackeln. Dann gilt: Nur nicht nervös werden, in aller Ruhe ausbalancieren und Knie durchstrecken. Schon nach wenigen Malen Aufstehen gewöhnt sich der Körper an den leicht wackligen Untergrund auf dem SUP-Board. SUP steht dabei übrigens für „Stand Up Paddeling“ – also Stehpaddeln. Es handelt sich dabei um ein leichtes, weiches, aufblasbares Brett, das in den USA speziell für das Stehpaddeln entwickelt wurde. Wer es beim Fall ins Wasser streift tut sich nicht weh. Die Ungefährlichkeit und das leichte Erlernen des Stehens darauf haben Stand Up Paddeling inzwischen zu einem Megatrend gemacht.

„Dafür muss man nicht besonders sportlich sein und braucht keine Vorerfahrung“, sagt Anna Bröll, die Geschäftsführerin von den Zugvögeln. Der Kanu- und Kajakverleiher bietet inzwischen auch Stehpaddel-Kurse für Senioren über 50 Jahre und für Kindergeburtstage an, die in Hoheneck beim Uferstüble beginnen. „Das ist das Zeichen dafür, dass der Trendsport in der breiten Masse angekommen ist“, sagt Anna Bröll.

Vor sechs Jahren, als sie die ersten beiden Boards angeschafft hat, wurden diese noch kritisch angeschaut. „Damals haben nur ein paar Verrückte den Sport in Deutschland betrieben“, sagt sie. Im Urlaub in der Dominikanischen Republik hat sie zuvor das Stehpaddeln entdeckt, ausprobiert und lieben gelernt. Aus den zwei Boards sind inzwischen 50 geworden. Darunter breitere Bretter für Anfänger, schnittigere für Fortgeschrittene und kleinere für Kinder. „Vergangenes Jahr ist die Nachfrage explodiert“, sagt sie. „Vermutlich wegen des heißen Wetters und weil die Leute den neuen Wassersport auf dem Neckar wahrnehmen und auch ausprobieren möchten.“

Kurse gibt es das ganze Jahr über

Inzwischen gibt es an den Wochenenden zwei bis drei Kurse pro Tag mit vom Bundesverband Kanu ausgebildeten Leitern. Fortgeschrittene können mit Voranmeldung Boards leihen und auf den angegebenen Routen der Zugvögel von A nach B paddeln. „Die Touren dauern zwei bis drei Stunden“, sagt Anna Bröll. „Danach ist ein ordentlicher Muskelkater garantiert.“ Der Trainingseffekt beim Stehpaddeln sei nicht zu unterschätzen. Als Andenken an die leichten Kniebeugen beim Paddeln bleibe oft ein Ziehen in den Oberschenkeln und im Po zurück. Anders als erwartet gibt es nicht nur Kurse im Sommer, sondern das ganze Jahr über. „Ich bin auch schon im Januar mit Neoprenanzug gepaddelt“, sagt Anna Böll. Dann weht der Wind eben etwas kälter um die Nase.