Georg Enssle leitet das Landwirtschaftsamt des Landkreises. Foto: privat

Georg Enssle, der Leiter des Landwirtschaftsamtes, spricht darüber, warum die Direktvermarktung für viele Betriebe wichtig ist – und, welche Chancen sie durch Automaten bekommen.

Rems-Murr-Kreis - Mehr als 90 Direktvermarkter gibt es im Rems-Murr-Kreis: Vom Apfel über Fleisch bis zum Wein kann der Verbraucher alles direkt beim Hersteller kaufen. Die einen betreiben den klassischen Hofladen, andere setzen auf Selbstbedienung. Egal, welche Form die landwirtschaftlichen Betriebe wählen – für viele ist die Direktvermarktung ein wichtiges zweites Standbein, sagt Georg Enssle. Er ist der Leiter des Landwirtschaftsamtes im Rems-Murr-Kreis.

Herr Enssle, im Rems-Murr-Kreis gibt es immer mehr Betriebe, die mit Automaten arbeiten. Lösen diese die guten alten Ständle ab?
Diese Ständle gibt es im Remstal nach wie vor sehr häufig. Es sind vor allem kleinere Betriebe, die diese Form der Direktvermarktung pflegen. Aber nicht alle Produkte sind für einen Verkauf über das Ständle geeignet. Mit Beeren oder Äpfeln geht das ganz gut, aber nicht bei Produkten, die gekühlt werden müssen. Mit einem Regiomat kann die Produktvielfalt erhöht werden und der Betrieb spart – genau wie beim Ständle – Personalkosten. Stark im Kommen sind hier im Kreis die Milchautomaten. Ich denke, dass es mittlerweile etwa 15 Stück gibt. Viele schätzen die Rohmilch, die mehr Inhaltsstoffe enthält. Frischer kann man die Milch nicht bekommen.
Gibt es denn Erfahrungen, wie die 24-Stunden-Automaten von den Kunden angenommen werden?
Ja, das Interesse der Verbraucher ist groß. Gerade an stärker frequentierten Straßen werden die Automaten wirklich gut angenommen. Und uns wird von den Landwirten berichtet, dass dort tatsächlich um 22, 23 oder 24 Uhr eingekauft wird. Wer Samstagnacht Hunger hat und noch etwas kochen möchte, findet dort alles, was für ein Essen nötig ist – und das wird genutzt. Auch wer im Schichtdienst arbeitet, kann dort zeitlich flexibel einkaufen. Vermutlich spielt dann noch eine Rolle, dass es die private Lagerhaltung in vielen Haushalten nicht mehr gibt.
Kann ich als Verbraucher ohne Bedenken beim Regiomat einkaufen?
Ich gehe davon aus, dass die Erzeuger in der Regel frische Produkte verkaufen. Geachtet werden muss natürlich darauf, dass die Kühltemperatur stimmt. Auf Wurstdosen oder Eiern steht sowieso ein Haltbarkeitsdatum, und danach kann man als Verbraucher immer schauen.
Warum sollte man als Verbraucher die Direktvermarktung unterstützen?
Für viele landwirtschaftliche Betriebe ist das ein wichtiges zweites Standbein. Hier gibt es, anders als etwa in Mecklenburg-Vorpommern, keine riesigen landwirtschaftlichen Flächen, alles ist kleinteiliger. Die Betriebe können ihre Wertschöpfung also nicht über die Struktur erhöhen, sondern nur über die Direktvermarktung. Dadurch kann das Einkommen für eine Familie ausreichen. Wer will, dass es die Landwirtschaft langfristig gibt, der sollte Direktvermarkter unterstützen. Und dann trägt die Direktvermarktung auch zum Klimaschutz bei. Es ist doch nicht sinnvoll, dass Äpfel, die hier wachsen, erst nach Kressbronn an den Bodensee transportiert werden, dort sortiert und dann zum Verkauf wieder hierhergebracht werden. Und schließlich ist die Qualität unserer regionalen Produkte einfach gut.

Das Gespräch führte Isabelle Butschek.Einen Überblick über alle Direktvermarkter gibt es unter www.natur-von-hier.de