Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete ist wieder auf freiem Fuß. Ihr derzeitiger Aufenthaltsort in Italien wird geheim gehalten. Foto: AFP

Carola Rackete ist zwar wieder auf freiem Fuß – aber noch nicht von allen Vorwürfen freigesprochen. Für Italiens Innenminister Salvini ist die Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin eine Schande. Daher will er nun die Justiz reformieren.

Rom/Agrigent - Carola Rackete ist wieder frei – und an einem „sicheren Ort“, wie Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer am Mittwoch erklärte. Die 31-jährige Kapitänin der Sea Watch 3, die am Dienstagabend von einer Richterin aus dem zuvor verhängten Hausarrest entlassen wurde, befinde sich aber noch immer in Italien. Sie war am Samstag festgenommen worden, nachdem sie die Sea Watch 3 mit 40 geretteten Migranten an Bord ohne Erlaubnis der italienischen Behörden am Hafen von Lampedusa angelegt und dabei ein Boot der italienischen Finanzpolizei gerammt hat. Die Vorwürfe „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und „Widerstand gegen ein Kriegsschiff“, wegen derer Rackete unter Hausarrest gestellt worden war, sind damit vom Tisch. Das juristische Nachspiel der Rettungsaktion der Sea Watch 3 ist aber noch nicht zu Ende.

Nicht nur in Deutschland, auch in Italien schlägt Rackete derweil viel Solidarität entgegen. Vor dem Haus in Agrigent, in dem sie unter Arrest stand, versammelten sich am Dienstagabend Menschen, die Blumen brachten und ein Plakat hochhielten. „Standing by your side, Carola“, war darauf zu lesen: Wir stehen an deiner Seite. Der 31-Jährigen schlägt aber auch Hass entgegen, weshalb ihr Aufenthaltsort erst einmal geheim bleiben soll, wie Sea Watch erklärte.

Salvini wettert gegen Richterin

„Ich schäme mich für diese Richter“, sagte Italiens Innenminister Matteo Salvini in einem Live-Video auf seiner Facebook-Seite. „Wer Politik machen will, soll bei den Wahlen kandidieren“, so Salvini wütend und kündigte an: „Wir werdend diese Justiz verändern.“ Zu viele Richter seien politisch beeinflusst. Der Koalitionspartner, Fünf-Sterne-Chef Luigi di Maio, äußerte sich etwas diplomatischer. Über die Haftentlassung Racketes sei er „überrascht“, schrieb der Vizepremier über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Lega-Chef Salvini, der Rackete die letzten Tage als „Kriminelle“ und „Piratin“ bezeichnet hatte, musste nach ihrer Freilassung noch eine weitere Schlappe einstecken. Er wollte die Deutsche eigentlich direkt nach ihrer Freilassung aus Italien ausweisen lassen, weil sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit Italiens darstelle. Doch dieser Wunsch wird sich vorerst nicht erfüllen: In einem weiteren Ermittlungsverfahren wird Rackete Begünstigung illegaler Einwanderung vorgeworfen. In diesem Fall wird sie am kommenden Dienstag erneut in Agrigent vernommen werden.

Am Mittwoch fand vor Abgeordneten in Rom eine Anhörung privater Hilfsorganisationen zum neuen Sicherheitsgesetz von Innenminister Salvini statt. Die deutsche Organisation Sea Watch war von dem Termin auf Druck der rechten Lega wieder ausgeladen worden.