Am ersten Advent wird in 1208 Gemeinden der württembergischen Landeskirche ein neuer Kirchengemeinderat gewählt. Foto: /dpa

Am Freitag endet die Bewerbungsfrist für die evangelische Kirchengemeinderatswahl. Einige Gemeinden tun sich sehr schwer damit, genügend Kandidaten zu finden. Gründe dafür gibt es viele – allgemein steht ein Generationenumbruch in den Leitungsgremien an.

Schorndorf - Keinen Geburtstagsbesuch hat Carmen-Caterina Eßlinger ausgelassen. Seit einem halben Jahr wirbt die Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Schorndorf-Weiler bei jeder Gelegenheit für die Kirchengemeinderatswahl, hält Ausschau nach potenziellen Bewerbern: „Ich wollte auch außerhalb des üblichen Dunstkreises Kandidaten finden“, erzählt sie.

Doch die meisten winkten gab – vor allem aus Zeitgründen. Manche sagten zu, sprangen aber wieder ab und so bot sich eine Woche vor dem Bewerbungsschluss an diesem Freitag ein dramatisches Bild: Gerade einmal zwei Kandidaten standen auf der Liste, neun müssen es in Weiler sein. Zwei Tage vor Fristende sieht es nun schon etwas besser aus – „ich hoffe, dass wir die neun noch voll bekommen“, sagt Eßlinger.

In 1208 Gemeinden der württembergischen Landeskirche wird gewählt

Die Gemeinde ist nicht die einzige, bei der unsicher ist, ob überhaupt eine Wahl stattfinden kann. Aus dem Kirchenbezirk Waiblingen meldet Dekan Timmo Hertneck, dass bei zwei Gemeinden die Komplettzahl noch nicht erreicht ist. Juliane Baur, Dekanin des Kirchenbezirks Schorndorf, berichtet von Welzheim und Rudersberg, dass die Suche mühevoll ist. „In Rudersberg ist der Pfarrer in den Ruhestand gegangen. Die Stelle wurde zweimal ausgeschrieben, aber es hat sich niemand beworben“, erzählt Baur, die in dieser Unklarheit den Hauptgrund sieht.

Manchmal seien es dagegen strukturelle Änderungen, die es schwierig machten, neue Kirchengemeinderäte zu finden: „Etwa, wenn Gemeinden fusioniert wurden“, erzählt Christian Schuler, der landeskirchliche Wahlleiter. Und das sind einige: Vor sechs Jahren wurde in 1316 Gemeinden gewählt, dieses Mal in 1208 Gemeinden.

Generationenumbruch in den Kirchengemeinderäten und der Landessynode

Christian Schuler erzählt, dass dieses Mal vor allem 2000-Seelen-Gemeinden Probleme bei der Bewerbersuche haben. „Ich habe das Gefühl, dass wir gerade einen Generationenumbruch erleben“, sagt Schuler. Ähnlich empfindet es Carmen-Caterina Eßlinger: „In Weiler wurde es versäumt, mehr 40- bis 60-Jährige einzubinden, die jetzt bereit wären, im Kirchengemeinderat mitzuarbeiten.“

Manchen ist die Verantwortung zu groß, manchen die Amtsperiode von sechs Jahren zu lang. „Allerdings halte ich die Länge für sinnvoll, weil es doch dauert, bis man sich eingearbeitet hat“, sagt Carmen-Caterina Eßlinger und Christian Schuler ergänzt: „So eine Wahl bedeutet einen immensen Aufwand, es entstehen viele Kosten.“ So würden im Vorfeld etwa 1,8 Millionen Menschen angeschrieben. „Ich empfinde es auch nicht als Makel, wenn man sein Amt im Laufe der Zeit abgibt, weil sich die persönlichen Umstände ändern“, sagt er.

Schuler berichtet, dass aber längst nicht alle in der Klemme stecken: „Es gibt Gemeinden, bei denen es mehr Kandidaten als Sitze gibt“, erzählt er. Gemeinden mit vielen aktiven Gruppen und Kreisen hätten meist keine Probleme. Dekanin Juliane Baur erzählt, dass in den ländlichen Gemeinden die Verbundenheit zur Kirche oft stärker sei: „Da gehört es sich noch.“

Wenn keine Wahl stattfindet, wird eine ortskirchliche Verwaltung eingesetzt

Was passiert nun, wenn mangels Kandidaten keine Wahl stattfinden kann? „Dann wird eine ortskirchliche Verwaltung eingesetzt, die innerhalb von zwei Jahre eine Wahl organisieren soll“, erläutert Schuler. Das Gremium werde von oben eingesetzt, bestehe aus Gemeindemitgliedern und Mitarbeitern des Dekanats. Drei württembergische Gemeinden hat dieses Verfahren in der letzten Amtsperiode getroffen. Pfarrerin Carmen-Caterina Eßlinger hofft, dass ihre Gemeinde in Weiler es aus eigenen Kräften hinbekommt: „Gemeinschaft lebt davon, dass man gemeinsam dran arbeitet.“

Für alle Gemeinden, die genug Kandidaten für ihre Leitung finden, wünscht sich der Waiblinger Dekan Timmo Hertneck, dass die Mitglieder trotzdem zur Wahl gehen: „Es gibt den Kandidaten einen echten Schub, wenn sie gewählt und bestätigt werden.“