In einer Stuttgarter Kita sollen Kinder misshandelt worden sein. Die Stadt hat Anzeige erstattet. Foto: dpa/Uli Deck

In einer Stuttgarter Kita sollen Kinder schwer misshandelt worden sein. Die Stadt bestätigt „mutmaßliche Vorgänge“ und hat bereits reagiert.

Stuttgart - In einer städtischen Kindertagesstätte (Kita) in Sillenbuch sollen Kinder massiv gedemütigt und misshandelt worden sein. Zustände fast wie im Mittelalter werden in einem anonymen Brief, der unserer Redaktion vorliegt, beschrieben. Die Stadt hat bereits reagiert.

In dem Brief wird ausgeführt, dass die Eltern vor einigen Tagen an einem Elternabend über die Vorgänge informiert worden seien. Was geschildert wird, ist haarsträubend. Kinder seien gezwungen worden, den Toilettenboden abzulecken. Auch hätten Kinder die Kaffeelöffel zweier Mitarbeiter ablecken müssen. Schläge soll es auch gegeben haben. So schreibt die Person, die den Brief mit „gewissenhafter Bürger von Stuttgart“ signiert hat, Kinder seien mit einem Kissen ins Gesicht geschlagen worden, wenn sie ihr Mittagessen nicht aufgegessen hätten. Der letzte aufgeführte Vorwurf: „Die Kinder wurden aufgefordert, Zungenküsse zu machen.“

Stadt bestätigt „mutmaßliche Vorgänge“

Grundsätzlich lässt die Stadt und lassen Zeitungsredaktionen bei anonymen Briefen größte Vorsicht walten. Ob die schweren Vorwürfe in der Art und Weise zutreffen, wie sie der anonyme Briefschreiber auflistet, ist unklar. Aber ein Sprecher der Stadt sagt: „Wir bestätigen, dass es in der Kita mutmaßlich Vorgänge gegeben hat, die unvereinbar sind mit dem Kindeswohl.“ Bei den Beschuldigten soll es sich nach bislang unbestätigten Meldungen um eine Gruppenleiterin und einen weiteren Mitarbeiter der Sillenbucher Kita handeln.

Als das Jugendamt von den mutmaßlichen Vorgängen Kenntnis erlangt habe, habe es umgehend gehandelt, teilt die Stadt mit. Die Beschuldigten seien sofort ihrer Aufgaben entbunden worden, die Anschuldigungen seien überprüft worden.

„Als sich der Verdacht erhärtet hat und der Grund zur Annahme bestand, dass das Kindeswohl gefährdet war, wurden gegenüber den Beschuldigten unverzüglich die notwendigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen zur fristlosen Kündigung eingeleitet“, sagt der Pressesprecher der Stadt. Man habe darüber hinaus Strafanzeige gestellt. „Der Vorgang liegt noch bei der Polizei, er ist noch nicht bei uns eingegangen“, teilt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft mit.

Ähnlicher Fall im Westen

Das Jugendamt, so die Stadt, setze in seinen 180 Einrichtungen der Kindertagesbetreuung alles daran, dass die Erzieherinnen und Erzieher achtsam und zugewandt mit den ihnen anvertrauten Kindern umgingen. In den städtischen Tageseinrichtungen gebe es klare Qualitätsstandards zur Wahrung von Distanz und Nähe und zum Umgang mit Grenzverletzungen. Diese seien verbindlich und handlungsleitend für die tägliche Arbeit, betont die Stadt.

Ein ähnlicher, aber weit weniger gravierender Fall – so sich die aktuellen Vorwürfe als wahr erweisen sollten –, soll sich im vergangenen Jahr ereignet haben. Im März 2018 hatten Eltern Anzeige gegen eine Erzieherin und die Leiterin einer nichtstädtischen Kita im Stuttgarter Westen erstattet. Den Beschuldigten wurde die Misshandlungen von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Es soll zu demütigenden Bestrafungen einzelner Kinder gekommen sein.