Eine Kneipen-Institution in Stuttgart-Bad Cannstatt: die Schwemme. Foto: Schmidt

Die Gaststätte Schwemme in Bad Cannstatt ist eine Institution für Kneipengänger, die es gern etwas rustikaler mögen. Im Internet sorgen die Besucher für beste Unterhaltung.

Stuttgart - Eckkneipen gehören einer aussterbenden Gattung an. Wer heute nicht wenigstens 50 Gin-Sorten im Sortiment hat und bunte Cocktails mixt, sondern Bier aus Flaschen nebst einem Klaren ausschenkt, der zieht kaum mehr ein breites Publikum an. Immer mehr dieser verlängerten Wohnzimmer in den Stadtteilen sind vom Aussterben bedroht oder längst geschlossen.

Besucher brauchen ein dickes Fell

Nicht so die Schwemme in Bad Cannstatt. Seit 40 Jahren ist diese doch arg rustikale Kneipe eine Institution in der Stadt. Die Kneipe ist eigentlich immer geöffnet. Von 6 Uhr in der Früh bis 3 Uhr nachts finden sich dort all jene zusammen, die es in puncto Interieur und Kulinarik nicht so genau nehmen. Betritt man die Spelunke, sollte man ein dickes Fell haben. Die Kneipe ist, höflich formuliert, in die Jahre gekommen. Bei VfB-Heimspielen wird sie dennoch regelrecht von Besuchermassen überschwemmt. Seit Längerem machen sich die Gäste zudem einen Spaß daraus, die Lokalität im Internet mit fünf Sternen bei Google zu bewerten und Rezensionen zu schreiben, die man sonst nur bei der Sternegastronomie findet. Beispiele gefällig? „Beste Qualität, gerade das Kobe kann ich empfehlen!“, schreibt einer. „Das neue 5-Gänge-Fisch-Menü mit Weinbegleitung ist sehr zu empfehlen!“, meint ein anderer und postet gleich noch ein Bild des Hauptgangs dazu, den er ganz sicher nicht in der Kneipe kredenzt bekommen hat.

Kurzum: Die Spaßvögel überbieten sich darin, völlig überzogene und natürlich nicht im Mindesten ernst gemeinte Bewertungen bei der Suchmaschine einzutragen. Das führt zu den kuriosesten Begebenheiten. So berichten Augenzeugen davon, dass es in der Schwemme regelmäßig zu Anrufen mit Reservierungsanfragen kommt. Die Betreiber waren leider nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, haben sich aber offenbar längst daran gewöhnt. Lachend notiert man das Anliegen und gibt den anwesenden Gästen einen Schnaps aus. Auch online melden sich Menschen, die offenbar auf die fingierten Bewertungen reingefallen sind. „Unfreundlich. Angerufen wegen einer Reservierung, mir wurde gesagt, dass sie keine Ahnung hätte, und hat aufgelegt. Unverschämt!“, beschwert sich eine Nutzerin.

Neueröffnung nach Renovierung

Die letzten Wochen hatte die Schwemme vorübergehend geschlossen. Wegen umfangreicher Renovierungsarbeiten. „Einige längst überfällige Schönheitsreparaturen sind nötig“, erklärte man auf der Facebook-Seite. Am 30. März wurde wiedereröffnet. Um 6 Uhr morgens. Die ersten Bilder von Besuchern wurden auf der Facebook-Seite um 6.39 Uhr gepostet. Und beim Heimspiel des VfB gegen den HSV waren sie sowieso alle wieder da. Bis hinaus auf die Straße standen die treuen Gäste an.