Das AKW Mühleberg ist am Freitag vom Netz genommen worden. Foto: dpa/Anthony Anex

Nach 47 Betriebsjahren ist in der Schweiz erstmals ein Atomkraftwerk vom Netz genommen worden. Im Kernkraftwerk Mühleberg schaltete ein Mitarbeiter die Anlage am Freitagmittag endgültig aus.

Bern - Das Schweizer Kernkraftwerk Mühleberg rund 115 Kilometer südwestlich der Grenze zu Baden-Württemberg ist stillgelegt worden. Es ist die erste der fünf Schweizer Atomanlagen, die endgültig vom Netz gegangen ist. Die Abschaltung wurde am Freitag live im Fernsehen gezeigt: Ein Mitarbeiter schob per Knopfdruck Steuerstäbe zwischen die Brennelemente, was die Kettenreaktion sofort unterbrach. Druck und Temperatur im Reaktor bauen sich dadurch rasch ab.

Die Schweiz hatte nach dem Unglück im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 2011 beschlossen, keine neuen Atomkraftwerke mehr zu bauen. Alte Anlagen dürfen unter hohen Sicherheitsauflagen aber am Netz bleiben.

Vier Reaktorblöcke bleiben vorerst in Betrieb, drei davon nahe der deutschen Grenze bei Waldshut-Tiengen: Beznau I und II aus den Jahren 1969 und 1971 sowie Leibstadt (1984). Die vierte Anlage in Gösgen stammt aus dem Jahr 1979. Beznau gehört zu den ältesten noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerk der Welt.

Im Januar sollen Rückbauarbeiten beginnen

Die Betreibergesellschaft des Reaktors Mühleberg kam vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass sich der Betrieb nach 47 Jahren angesichts notwendiger Nachrüstungen nicht mehr rentieren würde. „Der Reaktor ist abgestellt“, verkündete Betriebsleiter Roland Bönzli im Schweizer Fernsehen SRF. „Jetzt wird nur noch aufgeräumt.“ Kraftwerksleiter Martin Saxer verspürte „eine gewisse Wehmut“, wie er sagte. Am 6. Januar sollen die Rückbauarbeiten beginnen.

Der Rückbau in Mühleberg dauert nach den Plänen der Betreibergesellschaft BKW bis 2034. Zunächst kommen die radioaktiven Brennelemente zum Abklingen in ein Becken. Bis 2024 sollen alle in das Zwischenlager nach Würenlingen etwa 15 Kilometer südlich von Waldshut-Tiengen gebracht werden. Für ein Atomendlager sind drei Schweizer Standorte im Gespräch. Eine Entscheidung wird nicht vor 2030 erwartet.

Von der Gesamtmasse des Kernkraftwerks von 200 000 Tonnen sind nach Angaben von BKW acht Prozent radioaktiv verunreinigt. Der Großteil könne gereinigt und als Bauschutt deponiert werden. Etwa 4000 Tonnen müssten speziell entsorgt werden. Der Betreiber hat für den Rückbau gut 1,4 Milliarden Franken (knapp 1,3 Mrd Euro) bereitgestellt.

Nach Angaben der Atomenergiebehörde IAEA sind weltweit gut 450 Atomkraftwerke in Betrieb und mehr als 50 im Bau.