Beate Bulle-Schmid (links) leitet den Verein, Stefanie Meixner die Geschäfte. Foto: Zweygarth

Der Schwäbische Frauenverein bildet Erzieherinnen aus und ist der Träger einer Kindertagesstätte.

Stuttgart-Mitte - Es ist in unzähligen Auflagen erschienen und steht neben dem Wok-Kochbuch und den Pasta-Rezepten auch heute noch im Küchenregal von jungen Menschen. Luise Haarers Standardwerk „Kochen nach Grundrezepten“, das erstmals 1932 erschienen ist und so etwas wie das deutsche Nationalkochbuch wurde. Entstanden ist es dank Haarers Ausbildung beim Schwäbischen Frauenverein zur Hauswirtschaftslehrerin. Die Autorin heiratete nie, sondern stand auf eigenen Füßen und wurde Leiterin der hauswirtschaftlichen Berufsschule Esslingen.

Damit ist sie eine der prominenten Vertreterinnen des 1873 gegründeten Vereins, der aus der bürgerlichen Frauenbewegung hervorgegangen ist. Schon ein Jahr zuvor hatte ein Stuttgarter Damenkränzchen überlegt, wie man dem „weiblichen Geschlecht“ zu einem würdigeren Dasein verhelfen und der „allerorts herrschenden Not“ entgegensteuern könne. Ziel des späteren Vereins war es, Ausbildungsstätten für Frauen zu schaffen.Schon drei Monate nach der Vereinsgründung wurde im Januar 1874 eine Töchter-Handelsschule eingerichtet. Dort wurden junge Frauen in kaufmännischen Berufen ausgebildet, einem Bereich, der damals allein den Männern vorbehalten war. Es folgte die Frauenarbeitsschule, in der die Mädchen nicht nur für ihre Tätigkeit als Hausfrau vorbereitet wurden. Die hauswirtschaftlichen Kenntnisse sollten ihnen als Möglichkeit für eine eigene Erwerbstätigkeit dienen. So wurden hier auch Fachlehrerinnen ausgebildet. Den erste Kindergarten gründete der Verein 1875 und schon immer war sein Sitz im Stuttgarter Westen. In seiner Hochphase hatte er mehr als 1000 Mitglieder. Zu den Vorstandfrauen gehörten traditionellerweise auch die Gattinnen der Oberbürgermeister: Vor dem Zweiten Weltkrieg Emma Lautenschlager und von 1978 an über 20 Jahre lang Lieselotte Rommel.

Vereinsfrauen haben lange für Gebäudeerweiterung gekämpft

„Der Verein war immer sehr fortschrittlich eingestellt und zukunftsorientiert, obwohl er von bürgerlichen Frauen getragen wurde“, sagt seine aktuelle Vorsitzende Beate Bulle-Schmid, die für die CDU im Gemeinderat sitzt. Während des Zweiten Weltkriegs änderte sich die Richtung, denn die Einrichtungen wurden auf die nationalsozialistische Ideologie getrimmt. Die Partei versuchte, den Verein zu zerschlagen. 1944 fiel sein Gebäude in der Silberburgstraße 22 einem Bombenangriff zum Opfer, doch 1945 orientiert sich der Verein neu.

Heute ist er mit seinem Kompetenzzentrum eine Institution in der beruflichen Bildung und in der Kinderbetreuung. 400 Auszubildende – lediglich zehn Prozent sind Männer – machen hier eine Ausbildung zur Kinderpflegerin, Erzieherin, Inklusionsfachkraft oder lassen sich als Betreuerinnen für Schülerhorte berufsbegleitend oder in Vollzeit qualifizieren. Für 27 Lehrkräfte ist der Schwäbische Frauenverein als Träger der Einrichtung Arbeitgeber. „Wir arbeiten wie ein Unternehmen“, sagt die Geschäftsführerin Stefanie Meixner. „Unsere Einrichtungen finanzieren wir über Landeszuschüsse. Die Schülerinnen zahlen Schulgeld, die Kindertagesstätte trägt sich durch die Gebühren und wir bieten auch Fortbildungen für Erzieherinnen an. Wir versuchen, stetig das Image des Berufs aufzupolieren, denn mit einem Anfangsgehalt von 2200 Euro ist die Tätigkeit auch nicht so schlecht bezahlt wie oft dargestellt“, sagt die Geschäftsführerin.Der Verein und seine Vorsitzende übernehmen strategische Aufgaben. Für die Erweiterung der Gebäude haben die Vereinsfrauen lange gekämpft. „Fünf Jahre sind wir uns die Hacken dafür abgelaufen. Allein 16 städtische Ämter waren daran beteiligt“, berichtet Bulle-Schmid. 2007 wurde der Anbau in Betrieb genommen. Die Parkplätze sind unter die Erde gewandert und haben so Platz geschaffen für eine großen Außenspielfläche für die 130 Hortkinder zwischen Null und drei Jahren, die in fünf Gruppen hier betreut werden.

Mit den sinkenden Mitgliederzahlen haben sich die Vereinsvorsitzende und die Geschäftsführerin abgefunden. „Es ist schwierig und zeitaufwendig, den Verein zu bewerben“, sagt Meixner und Bulle-Schmidt betont, „dass die Leute sich nicht mehr fest binden wollen, sondern sich nur noch projektgebunden engagieren, ist einfach der gesellschaftliche Wandel.“ Aber viele Familien mit kleinen Kindern schätzen die Arbeit des Vereins und treten ein, berichtet sie. Mit der Einschulung kommt komme dann meist die Austrittserklärung. „Die Vielfalt ist heute einfach riesig.“

Schwäbischer Frauenverein

Anschrift Silberburgstraße 23, 70176 Stuttgart Telefon 0711/22755-0xx Mail info@schulzentrum-silberburg.de Homepage www.schulzentrum-silberburg.de Vorsitzende Beate Bulle-Schmid Gründungsjahr 1873 Mitgliederzahl 110 Besonderheit Der Verein ist Träger des Kompetenzzentrums, der unabhängigen Ausbildungsstätte für Erzieherberufe und der Kindertagesstätte in der Silberburgstraße.

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