Die Schimpansin Sina ist jetzt im Ruhestand – und für den Schwaben-Park beginnt ein neuer Abschnitt. Foto: Gottfried Stoppel

Als Tierpark fing in den Siebzigern alles an – heute sind von rund 400 Tieren im Schwabenpark nur noch wenige übrig. Sina, der einstige Star der Schimpansenshow, ist neulich in den Ruhestand gegangen.

Kaisersbach - Sina lässt es gemütlich angehen. Nachdem sie gegen halb neun mit den anderen Schimpansen aus dem Gehege geklettert ist, macht sie es sich erst einmal gemütlich, während ihre Artgenossen Leitern und Gitter hochklettern und die Besucher neugierig in Augenschein nehmen. Die Ruhe hat sich Sina mehr als verdient: Lange Jahre war sie Protagonistin der Schimpansen-Show des Schwaben-Parks. Jetzt ist sie als letzte im Ruhestand – und die Affenshow im Schwaben-Park eingestellt. Für immer.

Anfang der 1970er-Jahre hatte alles damit begonnen, dass Sieghard Hudelmaier sich ein Löwenbaby kaufte. „Das konnte man damals noch einfach so – bei Händlern, die auch Zoos versorgten“, erinnert sich sein Sohn Thomas Hudelmaier, Er und sein Bruder Guido Hudelmaier sind heute die Chefs des Schwaben-Parks. Ihr Vater, ein Geflügelzüchter, wollte mehr als Göckele. Er träumte von einem Tierpark mit exotischen Tieren mitten in der schwäbischen Provinz in Kaisersbach). Damals ein Novum und ein Wagnis – doch der Plan ging auf. Im Jahr 1972 eröffnete der „Safari Park“, ein Familienbetrieb. Eigentlich war geplant, die Besucher – ganz wie bei einer Safari – mit Fahrzeugen zwischen Löwen und Tigern herumzufahren, doch die Behörden legten ihr Veto ein.

Schuhplattler-tanzende Affen sind schon länger nicht mehr im Programm

Also blieb es schließlich beim Fußmarsch zwischen den Gehegen, die Hudelmaiers schafften dafür nach und nach andere Fahrgeschäfte an. 1985 wurde der Park, um dem Rechnung zu tragen, in Schwaben-Park (offizielle Schreibweise Schwaben Park) umbenannt.

Die Tiere waren 40 Jahre lang das Aushängeschild des Parks – und ein zentrales Element im Leben der Hudelmaiers. „Unser erster Schimpanse Judy lebte in einem Zimmer direkt neben dem meines Opas – er hat ihn immer durch eine Art Ofenrohr gefüttert“, erinnert sich der heutige Schwabenpark-Chef Hudelmaier. Damals war er zwölf. Judy ist im vergangenen Jahr gestorben, und der Park ersetzt keine der gestorbenen Tiere mehr, um ihre Zahl zu reduzieren.

Die täglichen Shows mit den tierischen Protagonisten dienten lange Zeit vor allem der Unterhaltung. Angezogene Affen tanzten Schuhplattler, fuhren Dreirad, aßen Bananenstücke mit der Gabel vom Teller, „lasen“ mit Brille auf der Nase in einem Buch, zogen einen Schlafanzug an und putzten sich die Zähne. Das Publikum klatschte – doch Tierschützer protestierten. Im Jahr 2008 etwa bemängelte die Organisation Peta, die Shows seien „entwürdigend“, die Tiere würden als Kassenmagnet missbraucht und die Kunststücke seien „Art-untypisch“.

Zauberer und Youtube-Star Miley statt der Affenshow

Die Organisation Animalequality hatte fünf Jahre später 10 000 Unterschriften gegen die Tierhaltung im Schwaben-Park gesammelt. Ein Aktivist platzierte heimlich eine Überwachungskamera – und wurde erwischt, als er sie wieder abholen wollte. Die Hudelmaiers hielten seinerzeit dagegen, die Tiere seien glücklich, gesund und würden zu nichts gezwungen. Die Shows würden ihnen sogar Spaß machen. Im Gehege, das Anfang der 90er gebaut wurde, hätten die Affen mehr Platz als in der Wilhelma, meint Hudelmaier heute. Die Tiere dürften jeden Tag nach draußen, wenn sie wollten.

Ein Gutachten im Auftrag der Landes-tierschutzbeauftragten hatte das im Jahr 2012 zwar in vielen Punkten bestätigt, sah aber in vielen Punkten Verbesserungsbedarf – etwa der Affenshow. Vermenschlichende Elemente sollten gestrichen, die Show bis 2022 ganz eingestellt werden. Tatsächlich lösten die Primaten bald darauf andere Aufgaben: Sie absolvierten Geschicklichkeitsspiele, sortierten farbige Bälle richtig ein – zuletzt erkannte Sina auf einem Touchscreen sogar Zahlen von Eins bis Sieben, merkte sich deren Position und tippte sie ab. Intelligenzdemonstration statt Affenzirkus. Nun ist auch dieses Kapitel vorbei: Ein Zauberer mit Familienprogramm soll von nun an für den Showfaktor sorgen. Zur 45-Jahr-Feier des Schwaben-Parks kam neulich auch der Kinder-Youtube-Star „Miley“.

Zur Abkühlung schlecken die Schimpansen im Schwaben-Park Eis

Auch abseits des Showprogramms, bei der Haltung der nunmehr 37 Schimpansen – neben einigen Papageien, einem Tiger, Goldfischen und Enten die einzigen verbleibenden Tiere – hatte sich im Lauf der Zeit einiges geändert. Hudelmaier erklärt, damit sich die Schimpansen arttypisch beschäftigen könnten, seien in den Gehegen Stocherbüchsen verteilt, aus denen sich die intelligenten Tiere mit Stöckchen Honig angeln können, und Bälle, in denen Nüsse und andere Leckereien versteckt seien. Jetzt, an den heißen Tagen, hantieren auch einige mit einem Kanister – darin versteckt: Eis, zur Abkühlung.

Mit Sinas frühzeitigem Ruhestand hat der Park nun die Forderung nach dem Ende der Show vorzeitig erfüllt. Dem Park könnte das am Ende sogar nützen: Im Internet ist diese Nachricht positiv aufgenommen worden. Viele Nutzer ließen auf der Facebook-Seite unserer Redaktion durchblicken, dass sie den Vergnügungspark wegen der Show bislang gemieden hätten – und ihren Boykott nun beenden würden.