Uschi Bayer (li.) und Sarita Karle sind zwei von etlichen Ehrenamtlichen, die derzeit im Akkord Gesichtsmasken herstellen. Foto: z/privat

Gesichtsmasken gehören neben Desinfektionsmittel und Klopapier zu den aktuell am stärksten nachgefragten Dingen. Eine Schneiderei kann bereits keine Aufträge mehr annehmen. Parallel stellen immer mehr Ehrenamtliche auf den Fildern selbst Masken her.

Filder - Lange telefonieren könne sie nicht. Das sagt Birgit Kickelhayn (75) gleich zu Beginn. Viel zu viel gebe es gerade zu tun. Die Inhaberin der Echterdinger Maßschneiderei Biki stellt mit ihrer Tochter nämlich genau das her, was gerade alle haben wollen: Gesichtsmasken. Und weil sogar Ministerpräsident Winfried Kretschmann Anfang der Woche gesagt hatte, dass es in Baden-Württemberg zwar „auf absehbare Zeit“ keine Pflicht zum Tragen von Masken gebe, es aber sinnvoll sei, selbst genähte Masken als Spuckschutz zu nutzen, kommen die Frauen derzeit nicht mehr hinterher mit dem Nähen. Am Dienstag mussten sie vorerst die Annahme von Bestellungen stoppen.

„Bis vor ein paar Tagen haben wir die Masken noch als kostenfreie Zugabe zu Bestellungen beigelegt – als kleines Geschenk, weil man ja derzeit nicht mehr persönlich zu uns kommen kann“, erläutert Birgit Kickelhayn. Nun gibt es dieses Geschenk nicht mehr. Denn seitdem ihre Tochter Vanessa Kickelhayn (46) in dem sozialen Medium Facebook gepostet hat, dass sie und ihre Mutter Gesichtsmasken nähen, können sie sich vor Aufträgen kaum retten. Sogar Firmen hätten inzwischen angefragt, ob sie Masken für ihre gesamte Belegschaft ordern könnten.

Immer mehr setzen nun auf Masken

Die große Nachfrage erklärt sich Kickelhayn auch mit der guten Qualität ihrer Masken. Obwohl ein Exemplar nur fünf Euro koste – was ein Selbstkostenpreis sei, mit dem die Schneiderinnen keinerlei Gewinn machten –, würden sie 100-prozentige Baumwolle verwenden. Außerdem seien alle Masken dreilagig, mit verstellbarem Gummizug, bis zu 60 Grad waschbar und sähen auch noch schön aus: „Wir stellen keine Nullachtfünfzehn-Modelle her, die nach Krankenhaus aussehen. Die Masken sollen eine positivere Stimmung vermitteln.“ So gebe es einfarbige Exemplare in Frühlingsfarben, aber auch gestreifte, gemusterte und geblümte.

Mutter und Tochter Kickelhayn gehören längst nicht zu den einzigen Menschen auf der Filderebene, die seit Kurzem schwerpunktmäßig Gesichtsmasken anfertigen. Auch beispielsweise Susanne Landis von der gleichnamigen Degerlocher Modewerkstatt näht nun aus farbenfrohen Stoffen Masken für Mund und Nase. Und immer mehr Ehrenamtliche setzen sich zu Hause an ihre Nähmaschine.

Eigentlich näht sie für Frühchen und Sternenkinder

Eine der Ersten, die damit angefangen hat, war Sarita Karle. Das ist etwas Besonderes, weil die 41-Jährige nicht nur zwei größere Kinder zu Hause hat, sondern seit zehn Wochen auch noch ein Neugeborenes. Trotzdem produziert Sarita Karle in jeder freien Minute Masken für Hebammen, Pflegepersonal sowie Mitarbeiter in Arztpraxen und Supermärkten. „Ich nähe bereits seit neun Jahren für Frühchen und Sternenkinder“, berichtet die Frau aus Neuhausen auf den Fildern. „Und weil ich das Genähte an diverse Kliniken abgebe, kennen mich viele Hebammen.“

Vor drei Wochen kam dann eine Hebamme zu ihr und hat ihr berichtet, wie riesig der Maskenmangel in Krankenhäusern inzwischen sei. „Weil ich das alleine niemals stemmen könnte, habe ich zuerst meine langjährige Helferin Uschi Bayer akquiriert“, berichtet Sarita Karle. Gemeinsam haben die beiden über Bekannte und diverse Vereine an die 30 Frauen zusammengetrommelt, die nun ehrenamtlich entweder zu Hause Stoffe zuschneiden und nähen oder unterwegs sind und von Privatleuten Stoffreste einsammeln sowie die fertigen Masken verteilen. Das Schöne daran: „Plötzlich sind Frauen zwischen Mitte 20 und 75 miteinander in Kontakt, die sich sonst nie kennengelernt hätten“, sagt Sarita Karle. Teilweise würden sogar Kinder oder Enkelkinder mithelfen – etwa beim Bügeln.

Täglich fünf bis acht Stunden an der Nähmaschine

Inzwischen haben die Ehrenamtlichen sogar Sponsoren gefunden: „Für jede Maske braucht es 1,80 Meter Schrägband. Dafür haben wir nun Spenden bekommen“, berichtet Uschi Bayer. Obwohl die 56-Jährige berufstätig ist, sitzt sie aktuell täglich bis zu acht Stunden an der Nähmaschine. Pro Maske brauchen die Frauen zwischen zehn und 15 Minuten. „Aber das ist das, was wir momentan tun können: diejenigen, die an vorderster Front arbeiten, so gut es geht, zu unterstützen“, meint Bayer.

Stoffreste, Schrägband sowie Schutzutensilien gesucht:

Ehrenamtliche: Wer das Team rund um Sarita Karle und Uschi Bayer unterstützen will, kann sich telefonisch bei Uschi Bayer unter der Nummer 0152/31 07 01 96 und per Mail an uschi.bayer@gmx.de melden. Außerdem sind die Ehrenamtlichen zwingend auf Stoffreste sowie Schrägband angewiesen.

Diakoniestation: Auch die Diakoniestation Möhringen bittet um Spenden. Benötigt werden vor allem Masken, Schutzkittel und Desinfektionstücher. Die Diakoniestation ist unter 0711/71 10 08 sowie unterinfo@diakoniestation-moehringen.de da.